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Schermbeck: Jan Schmidt spricht allen Amateursportlern aus der Seele
„Spieler verlangen astronomische Gelder“

Schermbeck: Jan Schmidt spricht allen Amateursportlern aus der Seele
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Die Zeit in Schermbeck hat sich Jan Schmidt ganz anders vorgestellt. Denn nach nur einem halben Jahr beim SVS streicht der 26-Jährige bereits wieder die Segel. Grund: Der Abwehrrecke kann den Sport nicht mehr mit seinem Berufsleben vereinbaren.

Wie hoch der Aufwand für die Amateursportler in den Zeiten der Wirtschaftskrise ist, kann man am Beispiel Schmidts deutlich erkennen. Er wohnt in Castrop, arbeitet als kaufmännischer Assistent bei der Firma „AGL“ in Datteln und muss dann mindestens fünf Mal pro Woche nach Schermbeck. „Das sind rund 1.700 Kilometer im Monat“, runzelt Schmidt die Stirn, denn die Fahrten muss er schließlich mit seinem privaten PKW abreißen. Ganz zu schweigen vom zeitlichen Engagement, denn um 7.30 Uhr wird im Büro gestempelt, um 22 Uhr kommt er endlich zu seiner Frau Julia, mit der er seit fast zwei Jahren verheiratet ist, nach Hause. „Dann schaut man noch eine halbe Stunde Fernsehen und geht ins Bett“, erklärt Schmidt stellvertretend für alle Amateure den enormen Einsatz der „Hobby-Fußballer“.

Und gedankt wird es kaum, denn wenn sonntags dann endlich das Spiel angepfiffen wird, auf das man eine Woche lang hingearbeitet hat, verirren sich nur noch ein paar Männchen im Stadion. „Ich wollte die NRW-Liga unbedingt auszuprobieren, aber diese Klasse ist nicht sehr interessant, weil die Resonanz der Zuschauer ausbleibt“, muss nicht nur Schmidt, der seine Laufbahn in Dülmen begann, feststellen, dass die Fans mittlerweile nur noch in die großen Arenen strömen und die Basis vergessen. „Man fährt beispielsweise nach Aachen, ist Stunden unterwegs, und dann muss man die Besucher auch noch mit dem Fernglas suchen. Das macht keinen Spaß“, stellt Schmidt desillusioniert fest.

Doch die negative Entwicklung schlägt sich nicht nur auf das Gemüt der Akteure nieder, auch die Vereine kranken. „Um eine Mannschaft zu finanzieren, werden die Eintrittspreise derart hoch gesetzt, dass erst recht niemand mehr kommt“, sieht Schmidt, dass sich die Katze versucht, in den Schwanz zu beißen. Doch wie man diesen Trend überhaupt stoppen kann, ist für den Ex-Erkenschwicker ein Buch mit sieben Siegeln. „Anscheinend soll er ja auch nicht aufgehalten, sondern weiter vorangetrieben werden“, blickt er skeptisch auf die neuen Bundesliga-Anstoßzeiten am heiligen Amateur-Sonntag und spinnt das Rad weiter: „Wenn die Fans dann lieber zu den Profis gehen, oder sich Premiere anschauen, würde ich als Unternehmer doch auch keine Bandenwerbung mehr bei den Kleinen schalten. Denn was bringt es mir, wenn nur noch 80 Augen darauf schauen?“

Und aus diesen Gründen malt er für die Amateure auch ein düsteres Bild und spricht damit allen Beteiligten aus der angekratzten Seele: „Wenn sich nichts ändert, wird es den Amateurfußball in dieser Form bald nicht mehr geben. Und dann stehen die Großen plötzlich dumm da.“

Einen Lösungsansatz hat Schmidt aber parat: „Ein großer Schritt wäre, die Beletage anders zu planen. Außerdem verlangen die Spieler Gelder, die astronomisch sind. Da muss ein Umdenken stattfinden, denn die Euros, die man früher bekommen hat, wird es in Zukunft nicht mehr geben.“ Der Aufwand muss natürlich entschädigt werden und ein paar Euros müssen zum Monatsende auch hängen bleiben, aber „es muss alles im Rahmen bleiben“, erntet Schmidt mit diesen Aussagen viel Lob bei den Funktionären.

Verständlich, dass man sich bei solchen Rahmenbedingungen seine Gedanken macht. Und deshalb stuft der ehemalige Hasseler den Sport lieber zurück, denn der Job hat im Schatten der Rezession absolute Priorität. „Der sportliche Reiz muss aber gegeben sein, doch ich denke, dass die Landesliga mir diesen bieten würde.“

Angebote hat er bereits auf dem Tisch liegen. Neben dem Bezirksliga-Krösus SV Zweckel hat auch BG Schwerin die Fühler nach ihm ausgetreckt. „Aber von denen bin ich sehr enttäuscht, denn der Wechsel hat sich zerschlagen“, hat Schmidt auch Kontakt zu seinem Ex-Klub vom „Stimberg“. Denn dort zockt nach wie vor sein Kumpel Thomas Falkowski. „Der Verein hat sich komplett neu strukturiert und ich würde ihm auf jeden Fall noch einmal eine Chance geben“, kann sich Schmidt eine Rückkehr zu den Schwarz-Roten durchaus vorstellen. „Für mich soll allerdings endlich mal wieder der Spaß in den Vordergrund rücken.“

Ob das angesichts der aktuell herrschenden Krise machbar sein wird, ist allerdings fraglich.

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