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Deutschland "brennt" vor Duell mit Türkeis Notelf
"Geil auf das Finale"

EM: Deutschland "brennt" vor Duell mit Türkeis Notelf
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Große Personalnot treibt die türkische Nationalmannschaft zu ungewöhnlichen Mitteln:

Während die halbe Mannschaft zum Zuschauen verdammt ist, muss sich der dritte Torwart als Feldspieler bereithalten. Zu allem Überfluss leidet nun auch noch Elfmeter-Held Rüstü unter fehlender Spielpraxis. Unterdessen will die DFB-Auswahl heute (20.45 Uhr/live im ZDF) in Basel mit Geheimhaltungsstufe eins, der neuen 4-2-3-1-Taktik und viel Herzblut zum sechsten Mal in ihrer Geschichte das Finale einer Europameisterschaft erreichen.

"Ich habe vor dem Viertelfinale 40 Spiele nicht gespielt, natürlich fehlt mir da die Praxis. Das kann ich gegen Deutschland auch mit meiner großen Erfahrung nicht wettmachen", jammert der Rüstü, der beim EM-Halbfinale der türkischen "Rumpfelf" trotz mangelnder Spielpraxis den gesperrten Stammtorhüter Volkan ersetzen muss.

Michael Ballack gibt sich derweil kämpferisch: "Jeder brennt. Wir wollen den letzten Schritt mit Leidenschaft und Aggressivität gehen. Die Chance ist gut. Es liegt jetzt nur noch an uns", sagte der Kapitän am Dienstag vor dem Abflug von Ascona nach Basel und fügte an: "Natürlich schielen wir alle auf den Pott." Assistent Hansi Flick drückte es wesentlich deutlicher aus: "Wir sind alle geil darauf, ins Finale einzuziehen."

Allerdings war Ballack wie schon am Tag zuvor Bundestrainer Joachim Löw sichtlich bemüht, die kollektive Euphorie zu bremsen und der riesigen Erwartungshaltung in Deutschland, das sich wie schon 2006 im fußballerischen Ausnahmezustand befindet, entgegenzuwirken.

"Wir sehen uns nicht in der Favoritenrolle. Das ist ein ganz schwerer und unangenehmer Gegner mit einer großen mentalen Stärke. Man muss sie nicht stark reden, man muss aber immer auf der Hut sein", betonte der 31 Jahre alte Mittelfeldspieler. Deshalb gebe es überhaupt keinen Grund, "den Gegner zu unterschätzen. Die Frage ist völlig fehl am Platz." Der trotz seiner 117 Länderspiele flatterhafte Rüstü ist unterdessen nicht das einzige Problem der Türken. Nach dem Sieg gegen Kroatien im Viertelfinale war aufgrund der täglich immer dramatischer werdenden Personalsituation an normales Training nicht mehr zu denken. Zwar leben die gesunden Spieler noch von der Euphorie, doch in der Heimat scheint die Vorfreude auf das Halbfinale der nackten Angst vor der Blamage gewichen zu sein.

"Die Deutschen durften 1996 einen Spieler nachnominieren. Wir dürfen das nicht, obwohl die halbe Mannschaft fehlt. Die UEFA misst mit zweierlei Maß", echauffierte sich die türkische Zeitung Vatan. Da der "Türken-Maradona" Emre Belözoglu laut Trainer Fatih Terim defintiv ausfällt, stehen dem türkischen Coach gerade noch zwölf gesunde Feldspieler zur Verfügung. Von den Verletzten könnte allein Mittelfeldspieler Tümer rechtzeitig fit werden. Das bedeutet: Wenn Terim mehr als zweimal wechseln will oder muss, kommt Ersatzkeeper Tolga zu einem Einsatz als Stürmer oder Verteidiger. Ein Novum in der EM-Geschichte. "Wenn Not am Mann ist, dann werde ich ihn bringen", meinte Terim.

Weil die "Comeback-Könige" vom Verletzungspech so gebeutelt sind, muss sich die medizinische Abteilung der Türken mittlerweile kritische Fragen gefallen lassen. Auch die Kader-Auswahl von Trainer Terim wird bemängelt. Sicher fehlen werden im Halbfinale die gesperrten Volkan (Rote Karte), Emre Asik, Tuncay und Arda (jeweils zweite Gelbe Karte). Neben Emre Güngör (Muskelfaserriss) und Nihat (Leistenverletzung) fällt auch Servet (Innenbanddehnung im Knie) aus. Ihre Pechsträhne ist mittlerweile auch den Türken nicht mehr geheuer. "Natürlich wollen wir gegen Deutschland gewinnen und ins Finale einziehen. Aber das wird ein sehr hartes und kämpferisches Spiel, so dass wir im Falle eines Final-Einzugs vielleicht nicht mal mehr elf Mann aufstellen können. Das ist schon bitter", sagte Verteidiger Gökhan.

Die türkischen Medien wittern mittlerweile ein Komplott, da die Europäische Fußball-Union (UEFA) in Massimo Busacca einen Schweizer Schiedsrichter für das Halbfinale angesetzt hat. Zum einen hat die Türkei den Co-Gastgeber mit dem 2:1-Sieg in der Gruppenphase aus dem Turnier geworfen. Zum anderen sind die Prügelszenen zwischen Türken und Schweizern in der WM-Qualifikation 2005 unvergessen. Mit Tritten und Schlägen hatten sich damals Spieler und Betreuer gegenseitig in die Katakomben getrieben, wo sich die Keilerei noch fortsetzte. In welcher Aufstellung und in welchem System die DFB-Auswahl spielt, blieb wie immer ein großes Geheimnis. "Wir wollen das offen lassen und nicht zu viel verraten. Das ist ein Halbfinale, da geht es um Kleinigkeiten", sagte der Kapitän und hörte sich wie der Bundestrainer an.

Es deutet aber viel darauf hin, dass Löw die im Viertelfinale gegen Portugal (3:2) bewährte 4-2-3-1-Taktik beibehält. Auch im Abschlusstraining, für das die Sicherheitsmaßnahmen noch einmal verstärkt wurden und das DFB-Team sogar eigens den Trainingsplatz wechselte, ließ der Bundestrainer das "neue" System noch einmal üben.

Eine Trainings-Variante sah wie gegen die Portugiesen Simon Rolfes und Thomas Hitzlsperger als "Doppel-Sechs" vor der Abwehr vor, die zweite den wiedergenesenen Torsten Frings an der Seite von Rolfes. Möglich ist aber auch, dass Frings neben Hitzlsperger im zentralen defensiven Mittelfeld spielt.

Über die Rückkehr von Frings nach seinem Rippenbruch hielten sich die Verantwortlichen allerdings noch bedeckt. "Wir haben wieder eine Option mehr", meinte Flick lapidar. Dennoch spricht viel dafür, dass der 31 Jahre alte Führungsspieler in der Startformation steht. Zumal Frings laut Löw voll einsatzfähig ist und wichtige Fürsprecher im Team hat. "Torsten hat sich zurückgemeldet und ist schmerzfrei. Es ist kein Risiko, wenn er spielt", sagte Ballack, der als Kapitän und "Leader" derzeit der gefragteste deutsche Spieler ist.

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