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EM-Tagebuch: Günther Pohl berichtet aus Schweiz/Österreich
Sonntag, 22. Juni

EM-Tagebuch: Günther Pohl berichtet aus Schweiz/Österreich (Sonntag, 22. Juni)
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Drei Wochen bin ich nun schon in der Schweiz und habe das kleine Land so richtig in mein Herz geschlossen.

Heute morgen sitze ich auf dem 1800 m hohen Cardada und blicke hinunter auf den Lago Maggiore. Die Schweiz ist wunderschön, aber sie ist auch traurig. Gestern noch hat Stefan Roth von der Boulevardzeitung "Blick" laut geträumt: "Ganz Europa, wenn nicht die ganze Welt, hätte der kleinen Schweiz gegen Deutschland die Daumen gedrückt". Egal. Auch wenn die Schweiz unglücklich ausgeschieden ist, die "Marke" gewinnt im Ausland zunehmend an Popularität. Nicht Fußball, Kultur oder Feste prägen nämlich das Bild der Schweiz in der Welt, sondern deren Unternehmen und Produkte. In einer im Frühjahr durchgeführten Studie der Uni St. Gallen, die auf der ganzen Welt stattfand, nennen neun von zehn Befragten Schokolade, Uhren, Käse und Taschenmesser spontan zum Stichwort Schweiz. Als negative Faktoren kommen die unverstandene politische Rolle und die hohen Preise zur Sprache. Doch die Klischees helfen offensichtlich, dass die Wahrnehmung des Landes in der Welt positiv ist.

Aber so einige Dinge haben uns irritiert. Zum Beispiel, dass beim Spiel Deutschland gegen Österreich im Teletext unter den bewegten Bildern bei der Hymne die Textzeile "Deutschland, Deutschland über alles, über alles in der Welt" erschien. Bei dieser peinlichen Panne, für die zwei junge Sportredakteurinnen verantwortlich waren, verschlug es nicht nur den Gehörlosen die Sprache. Das Duo wird zwar nicht entlassen. Aber Nachhilfe-Unterricht in Geschichte ist angesagt. Nachdenklich stimmt auch, dass die zahlreichen in Basel lebenden Türken Angst haben müssen, ihrem Jubel freien Lauf zu lassen. Die Baseler Staatsanwaltschaft bestätigte die Zunahme von Problemen mit der PKK während der EM. Immer wieder sollen Kurden jubelnde türkische Fußballfans bedroht haben. Dabei wurden türkische Fahnen verbrannt. Bleibt zu hoffen, dass sich so etwas in der letzten EM-Woche nicht wiederholt.

P.S. Liebe Schweizer, wenn ich in Ascona meine Zelte abbreche, werde ich mit Schweizer-Käppi und einem Nati-Shirt die Heimreise antreten. Aber eins werde ich nie vergessen: Dass ihr ausgerechnet in der Nacht des Viertelfinal- und Halbfinalspiels in Basel von 20 Uhr abends bis fünf Uhr morgens den St. Gotthardt-Tunnel gesperrt habt und uns damit weit nach Mitternacht über den Pass gejagt habt. Dabei stehen die Fußballtermine doch schon so lange fest.

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