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Deutschland lehnt Stadtrennen ab
"Die Formel 1 ist schon teuer genug"

Formel 1: Deutschland lehnt Stadtrennen ab
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Gegenwind für Bernie Ecclestone in Deutschland: Der Plan vom britischen Formel-1-Boss, mehr Stadtrennen in den Formel-1-Kalender aufzunehmen, stößt hierzulande auf breite Ablehnung. Und dass für einen Grand Prix in irgendeiner Metropole dieser Welt die Traditionsrennstrecken auf dem Nürburgring oder in Hockenheim weichen müssten, sehen die Verantwortlichen in Deutschland sehr gelassen.

Dort sei der Grand-Prix-Sport gewachsen, in Europa habe er seine Wurzeln, deshalb gehörten Rennen auch immer hierher, sagte ADAC-Sportpräsident Hermann Tomczyk dem Sport-Informations-Dienst (sid). Für den mächtigsten Funktionär im deutschen Motorsport steht fest: "Bei uns ist die Formel-1-Tradition zuhause." Dass Ecclestone für ein Stadtrennen sogar den Standort Deutschland schließen könnte, glaubt Tomczyk nicht: "Ich kann mir keinen Grand-Prix-Kalender ohne ein Formel-1-Rennen in Deutschland vorstellen."

Träumt von einem Stadtrennen: Mercedes-Sportchef Norbert Haug. (Foto: firo)

Die Diskussion war aufgekommen, nachdem Ecclestone in einem sid-Interview angekündigt hatte, dass der Große Preis von Frankreich ab 2009 nicht mehr in der Provinz in Magny-Cours, sondern in Paris stattfinden solle und dass weitere Stadtrennen gut für das Fernsehen und gut für die Zuschauer seien. Der Formel-1-Boss will den WM-Kalender von derzeit 18 Rennen auf 20 aufstocken.

Bislang gab es nur zwei Stadtrennen in der Formel 1: Melbourne und Monaco. In diesem Jahr kommen zwei weitere hinzu: Valencia und Singapur als erstes Nachtrennen überhaupt. Die weiteren Kandidaten Indien, Südkorea und Russland scheinen ihrerseits nicht abgeneigt, Ecclestones Wünschen nach einem Stadtrennen zu entsprechen. Die mögliche Konsequenz: Verträge mit Traditionskursen könnten nicht verlängert werden.

Für Hockenheim ist das alles noch Zukunftsmusik. "Erst einmal haben wir ja noch einen Vertrag bis 2010", sagte Hartmut Tesseraux, Pressesprecher der Hockenheimring GmbH, dem sid. Er persönlich könne sich auch nicht vorstellen, dass man lieber in Berlin fahren würde: "Der Aufwand wäre gigantisch, und deshalb wären die Eintrittspreise sicher sehr hoch."

Tatsache ist aber auch, dass Deutschland wegen großer Verluste keine zwei Formel-1-Rennen mehr durchführt, sondern seit einem Jahr abwechselnd auf dem Nürburgring oder in Hockenheim fährt. In dieser Saison ist Hockenheim am 20. Juli Schauplatz des Großen Preises von Deutschland.

Laut Tesseraux sei man aber auf einem guten Weg. Für den Grand Prix im Juli seien bereits mehr als 50.000 Karten verkauft worden: "So gut lief der Vorverkauf seit den neunziger Jahren nicht mehr." Deshalb werde man demnächst sicher mal wieder mit Ecclestone über eine Vertragsverlängerung sprechen, meint der Pressesprecher: "Wir werden alles versuchen, das Rennen hier zu halten, solange es finanzierbar ist." Keinen Grund zur Sorge sieht auch Nürburgring-Geschäftsführer Walter Kafitz, der aber noch länger als ein Jahr auf die Rückkehr der Formel 1 in die Eifel warten muss. Seiner Meinung nach bleiben die neuen Stadtrennen Einzelbeispiele: "Formel-1-Rennen in Städten sind ja noch teurer als auf Rennstrecken, und die Formel 1 ist so schon teuer genug." Ein Formel-1-Gastspiel in Berlin oder Hamburg schließt Kafitz aus: "Ganz abgesehen von den Kosten, wäre es allein schon fast unmöglich, dafür die nötigen Genehmigungen zu bekommen."

Tomczyk hat zu Stadtrennen grundsätzlich eine kritische Einstellung. In den vergangenen Jahren seien erfreulicherweise weltweit neue, permanente Kurse gebaut worden, die den geforderten hohen Sicherheitsstandards entsprechen, sagt der Funktionär: "Diese Infrastruktur sollte die Formel 1 auch nutzen und nicht Strecken, die mit riesigem Kostenaufwand für ein einziges Rennen im Jahr gebaut werden." Norbert Haug freut sich dagegen bereits auf ein Rennen in Paris. Das sei ein großes Vorhaben, aber er hätte gegen einen Silberpfeil-Triumph unter dem Arc de Triomphe sicher nichts einzuwenden, sagte der Mercedes-Sportchef dem sid.

Ein Stadtrennen in Deutschland bezeichnet er als reizvollen Traum, der aber schon aus Kostengründen wohl kaum realisierbar sei. Haug: "Hockenheim und Nürburgring zu ersetzen, kann jedenfalls nicht das Ziel sein. Wenn, dann müsste ein solches Stadtrennen zusätzlich laufen."

Das sieht Tesseraux genauso. "Ich denke, dass die Formel 1 hier in Hockenheim oder auf dem Nürburgring gut aufgehoben ist", sagt der Hockenheim-Pressesprecher. Und voller Stolz verweist er auf den neuen Hockenheimring, der eine moderne Strecke sei und Platz für 120.000 Zuschauer biete.

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