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Vier Fußball-Verrückte in Madrid
Wenn sich selbst im Urlaub alles nur ums runde Leder dreht

Vier Fußball-Verrückte in Madrid
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Schnell haben wir den Plan verworfen, unseren Winterurlaub nach Marseille zu legen. "Da spielt an dem Wochenende außer Olympique niemand zuhause", war nicht nur für Claudio schnell klar, dass wir uns ein anderes Ziel suchen mussten. Es wurde schließlich nach einiger Internet-Recherche ein verlängertes Wochende in Madrid.

Freitag Schon vor dem Abflug in die spanische Hauptstadt war uns ein wenig mulmig, weil wir ohne Karten die Reise antraten. Wenig Sorgen hatten wir in Sachen Tickets bei Drittligist Rayo Vallecano. Zwar war uns durchaus bewusst, dass der ehemalige "Primera Divisionist" mit Sicherheit noch einen für diese Klasse großen Stamm an Anhängern haben wird, aber dass die Partie gegen den UD Fuerteventura wirklich ausverkauft sein könnte, kam uns nicht in den Sinn. Viel mehr Sorgen machte uns in dieser Hinsicht die Erstliga-Begegnung zwischen Atletico Madrid und dem FC Getafe.

Also endete die erste Metro-Fahrt der Tour auch am Estadio Vicente Calderon, der Heimspielstätte von Atletico. Auch wenn der Fan-Shop auf den ersten Blick zu überzeugen wusste, einen Ticket-Schalter suchten wir vergebens. Auf Nachfrage erklärte uns eine äußerst freundliche Verkäuferin in gebrochenem aber dennoch verständlichem Englisch, dass man erst einen Tag vor der Partie im Vorverkauf tätig werden kann. Wir konnten uns zwar nur schwer damit anfreunden, aber uns blieb nichts anderes übrig, als am Samstag wieder zu kommen, um unsere Herzen zu beruhigen.

Das versuchten wir dann in Vallecano, einem Stadtteil von Madrid. Begeistert wurden wir dort schneller, denn bevor man aus der Metro-Station das Tageslicht entdecken konnte, sah man schon die ersten Eingänge des "Estadio Teresa Rivero". Während wir im Sportgeschäft gegenüber noch weitergeschickt wurden zu Pago, dem Besitzer vom wenige Meter entfernten Pub, konnte dieser uns den Weg zur Geschäftsstelle erklären. Die lag genau auf der anderen Seite des "Campo de Vallecas". Dort half uns ein zuvorkommender Spanier, der für uns herausbekam, dass der Kartenverkauf in der Zeit von 17.30 Uhr bis 19.30 Uhr läuft. Wir hatten also wieder kein Glück, die Stimmung wurde dadurch ein wenig gedrückt.

Aber nur bis wir am "Estadio Santiago Bernabeu" waren. Obwohl "Boiger" richtigerweise anmerkte: "15 Euro für so eine Tour durchs Stadion ist schon ganz schön happig." Mein Kommentar: "Wenn ich schon mal hier bin, nehme ich das auch mit." Gesagt, getan. Man muss nicht viel mehr erwähnen, als das anschließende Fazit des zunächst skeptischen "Boiger": "Man hat ja schon was geboten bekommen."

Samstag

Da unsere beiden ausgesuchten Matches erst am Sonntag angepfiffen werden sollten, mussten wir uns am Tag zuvor auf andere Art und Weise mit dem runden Leder beschäftigen. Ach ja, die Bundesliga spielt doch. Weder im deutschen Lokal "Fass" wurde die Begegnung des VfL Bochum gegen den Karlsruher SC (schließlich wollten wir vier Jungs aus der Grönemeyer-Stadt genau dieses Aufeinandertreffen verfolgen) gezeigt noch waren wir im "Locos por el fútbol" erfolgreich, wo kurioserweise auf allen gefühlten hundert Bildschirmen "Disney Channel" gezeigt wurde. Es blieb uns nichts anderes übrig: Wir hauten uns in unserer Unterkuft vor das Internet und hörten via Webradio die WDR 2-Konferenz. Da man dort von dem einzig wichtigen Spiel nicht genügend Informationen erhaschen konnte, lief nebenbei noch der Liveticker der VfL-Homepage.

So richtig zufrieden verließen wir das Hostel also nicht, schließlich gab es nur einen Punkt für unser Team. Das war nach dem ersten Bier im Pub, das irgendwie schnell zu unserer Stammkneipe wurde, vergessen. Das lag wahrscheinlich daran, dass der schlesische Kellner Adam, der zügig herausbekam, dass wir aus Bochum stammen, uns daraufhin direkt auf Tomasz Waldoch ansprach. "Natürlich kennen wir den", merkte Claudio an, ehe ich hinzufügen konnte: "Dann kennst du doch bestimmt auch Henryk Baluszynski, oder?"

Seine Antwort: "Ja klar, aber Waldoch war immer mein Lieblings-Pole in der Bundesliga. Er war zwar später noch beim FC Schalke, aber in Bochum hatte er seine besten Jahre." Es quoll nur so auf Englisch aus ihm heraus: "Vor zwei Wochen hat Marcin Mieciel noch zwei Buden erzielt. Den dritten Treffer für den VfL machte Christoph Dabrowski." Und es war still an unserem Tisch. Diese Ruhe wurde unterbrochen durch "Boigers" Worte: "Das kann doch nicht sein, dass ein Mensch in Madrid so gut über unseren VfL Bescheid weiß." In der Tat hatten wir damit nicht gerechnet, aber der Pole interessiert sich nun mal für seine Landsleute.

Sonntag

Endlich war der Tag gekommen, auf den wir so lange gewartet hatten. Wir können nachmittags das Kreuz beim Länderpunkt Spanien setzen. So heißt es zumindest in der "Groundhopper-Sprache", die uns zwar wahrscheinlich nicht zusteht, wir aber trotzdem benutzen. Die frühe Anstoßzeit in Vallecano von 12 Uhr warf uns also schon zeitig aus dem Bett, obwohl wir noch leicht angeschlagen vom Abend zuvor waren. Da mussten wir durch, eine halbe Stunde vor dem Anpfiff waren wir vor Ort.

Unsere kurze Verwunderung, dass man in der Metro niemanden in Fan-Kleidung sah, wurde spätestens jetzt beruhigt. Rund 5000 Schlachtenbummler hatten den Weg ins Stadion gefunden und wussten vor allem durch Wechselgesänge zu überzeugen. Auch wenn nur ein 300 Mann starker "Mob" hinter dem Tor für durchgehendes "Theater" sorgte, konnte man über die Stimmung keineswegs meckern. Viel mehr darüber, dass man sich nirgendwo mit einem Trikot von Rayo, dem Ex-Club von Gerhard Poschner und Kasey Keller, eindecken konnte.

So fuhren wir nach einem 2:1-Heimsieg ("Flos" unverständlicher Kommentar nach einer Viertelstunde: "Das ist ja Bezirksliga-Niveau."), aber ohne ein Shirt des erfolgreichen Teams zurück in die Innenstadt.

Nach einer kurzen Erholungsphase vom Vorabend ging es weiter zu unserem Highlight an diesem Wochenende: Atletico Madrid gegen Getafe hieß die nächste Station. Ein Rundgang ums Stadion ließen unsere Münder erstmal offen stehen. So etwas hatten wir noch nicht gesehen: Unter der Haupttribüne des "Vicente Calderon" führt eine Schnellstraße hindurch. "Ich liebe solche kuriosen Arenen", stellte Claudio klar. Ich kann ihm da übrigens nur zustimmen. Während uns die Spielstätte überzeugte, konnte die Partie dies nur durch ihre Dramatik und nicht etwa durch Anschaulichkeit. Am Ende standen nur noch neun Akteure auf jeder Seite auf dem Feld, bei Getafe ein Feldspieler im Tor und Atletico als unverdienter 1:0-Sieger fest.

Fazit Von Madrid selber haben wir nicht viel gesehen, aber das war auch vorher schon zu erwarten. Und alles in allem haben wir doch genau das "besichtigt", was wir wollten: So viele Spiele, wie es eben ging. So ist es halt, wenn vier Fußball-Verrückte im Urlaub sind.

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