Eintragungen zur Niederlage in Würzburg füllten viel Raum im Netz. Und ausnahmslos bezogen die Bochumer verbale Prügel. Doch sich von solchen Stimmungen und Strömungen leiten zu lassen – davon ist man an der Castroper Straße weit entfernt. Aufsichtsrat und Vorstand machen seit zweieinhalb Jahren einen guten Job. Der VfL ist vom Rande der Bedeutungslosigkeit kontinuierlich sportlich nach vorne marschiert. Und als erfreulicher Nebeneffekt hat sich der Klub durch geschickte Verkaufspolitik vom Rande des Ruins in die Nähe der schwarzen Zahlen gebracht.
Dass diese Entwicklung von vielen VfL-Fans mit großem Wohlwollen anerkannt wird, beweisen Zahlen. So hat der VfL in der abgelaufenen Spielzeit den höchsten Zuschauerschnitt aller Zweitliga-Jahre erzielt. Innerhalb eines knappen Jahres hat sich die Mitgliederzahl von circa 5500 auf über 8700 erhöht. Außerdem hat der VfL nicht nur durch die Vermarktung des Stadionnamens durch die Akquise zahlreicher Premiumpartner auch im Marketingbereich für Bochumer Verhältnisse Rekordzahlen erzielt. Doch im Fußball ist dies schnell vergessen. Das Tagesgeschäft zählt – und so ist eine Niederlage in Würzburg unverzeihlich. Schnell wird dann die Akte Terodde-Verkauf wieder aufgeschlagen und als Wurzel allen Übels hochgekocht.
Dabei verrät schon ein Blick in die Historie, dass der VfL Bochum traditionsgemäß seit dem Aufstieg Anfang der 70er Jahre gezwungen war, aus wirtschaftlichen Gründen seinen Torjäger zu verscherbeln, um die Lizenz zu retten. Die Namen Hans Walitza, Jochen Abel, Peter Madsen, Thomas Christiansen oder Vahid Hashemian waren noch prominenter als der Name Terodde. Verantwortungsbewusstes Handeln, um die Existenz des Vereins zu sichern, war in der Vergangenheit – und sollte auch in Zukunft im Fußball oberste Priorität haben.
Und wer will es letztlich einem 28-jährigen Familienvater verdenken, wenn er in Stuttgart in einem Jahr verdienen kann, was er in Bochum in vier Jahren bekommt? Und wenn man die Verantwortlichen des VfL verdammt, dann sollte man vielleicht einen Blick in die Nachbarstädte riskieren, wo Diamanten wie Ilkay Gündogan, Mats Hummels, Leroy Sané oder Henrikh Mkhitaryan aus wirtschaftlichen Gründen verhökert wurden.