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Darum geht Marcel Reif zum Doppelpass

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Sport1: Darum geht Marcel Reif zum Doppelpass
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Marcel Reif verstärkt in der neuen Bundesliga-Saison das Experten-Team in der beliebten Sport1-Talksendung „Doppelpass“ am Sonntagmorgen.

Wie der Bundesliga-Trainer Armin Veh wird der ehemalige Sky-Kommentator zehnmal im Jahr bei Moderator Thomas Helmer aktuelle Fußballthemen bewerten. Reif ist für seine spitzen Kommentare bekannt, wie er in unserem Interview erneut beweist.

Lieber Herr Reif, warum gehen Sie zum Doppelpass? Weil Sport1 gefragt hat und weil ich Lust habe. Mit Kommentieren bin ich durch. Aber über Fußball qatschen: Ja, dazu habe ich Lust.

Mein erster Gedanke war: Ist die Bühne am Sonntagmorgen nicht zu klein? Diese Hybris habe ich mir nie erlaubt. Das Gute am Doppelpass ist die Mischung aus Stammtisch und Fachgespräch. Damit erreichst du das gesamte Publikum.

Aber Marcel Reif war doch nie jemand für den Stammtisch. Nein. Aber wenn ich gesagt hätte, für die vom Stammtisch kommentiere ich gar nicht, hätte ich in meiner Karriere einen Fehler gemacht. Davor habe ich mich immer gehütet. Das ist nicht fair den Leuten gegenüber. Ich habe den Doppelpass selbst immer geguckt. Manchmal ging er mir auf den Keks, manchmal fand ich’s gut. Wie im richtigen Leben. Wie beim Fußball. Darauf habe ich Lust. Bin auch gespannt, wie das ankommt.

Könnte das Adrenalin eines Live-Spiels fehlen? Das habe ich mich gefragt, ja. Aber das kann ich erst beantworten, wenn ein paar Sendungen gelaufen sind. Ich mache zehn in der Saison.

Gibt es neue Aspekte, die man einbringen kann? Schwierig zu sagen. Ich bin nicht die Rettung für alles, was möglicherweise beim Doppelpass noch fehlt. So viel Verantwortung mag ich gar nicht übernehmen. Ich habe die beim Doppelpass gefragt: Ihr wisst schon, wie ich bin? Da haben sie geantwortet: Klar, sonst hätten wir dich nicht gefragt. Darum ist es andersherum: Kann ich bleiben, wie ich bin, dann tut das beiden Seiten gut.

Zuckt der erfahrene Fernsehmann, wenn Thomas Helmer als ehemaliger Fußballprofi durch die Sendung führt? Er ist ein ehemaliger Profi, und dafür macht er es prima, finde ich. Und er wird immer besser. Es ist ja ein Beruf, den man stetig lernt. Dazu holt man sich ja einen Experten wie mich und Armin Veh neben Thomas Strunz - damit wir ihn unterstützen.

Analyst, Trainer, Spielerberater - eine interessante Kombination beim Doppelpass. Eben. Das fand ich auch.

Hat man denn genug zum Bereden, wenn die Bayern wieder die Eintönigkeit in die Liga bringen? Wenn man von der Nummer 1 spricht, ist das noch nicht einmal mehr eintönig. Die Meisterschaft von Bayern ist verfestigt. Eintönigkeit klingt ja so, als ob es morgen besser wird. Wird es aber nicht.

Was werden dann die drei spannendsten Themen in der neuen Saison? Ich sage seit geraumer Zeit, weil ich das Geheule über die Bayern nicht mehr hören kann: Die werden Meister, wenn sie wollen - und wohl auch, wenn sie nicht wollen. Das werden nächstes Jahr die besten Bayern aller Zeiten. Als Gegner in der Bundesliga musst du dir deine eigene Meisterschaft suchen. Es gibt ein paar. Zum Beispiel Platz zwei bis vier. Das ist existenziell wichtig. Wer Meister wird, das ist nur wichtig für die Fans und fürs Briefpapier. Entscheidend ist, dass du in die Champions League kommst. Die nächste Meisterschaft ist die Europa League Qualifikation. Dann kommt viel heiße Luft in der Liga; aber da gibt es viele, die froh sind, wenn sie die erreichen. Und dann Abstiegskampf. Das ist doch spannend. Also, Themen haben wir genug.

Und das reicht? Vorsicht! Die Bundesliga ist qualitativ und mit Abstand die beste Liga in Europa. Aber mit großem Abstand. Wenn ich im Winter die Premier League schaue, zum Beispiel Stoke gegen Everton: Für so ein Gekicke musst du bei uns in der Liga lange suchen. Dass die Liverpooler die Dortmunder in der Europa League geschlagen haben, verstehe ich bis heute nicht. Das hatte mit ernsthaftem Fußball nichts zu tun. Das war romantisch, aber nicht mehr. Leicester City Meister — das ist hübsch, aber Irrsinn. Und in Spanien gibt es vielleicht sechs interessante Spiele insgesamt in der Saison, in Italien gar keins, weil Juventus noch dominanter spielt als bei uns die Bayern. Jedes Mittelfeldduell ist in Deutschland hochklassiger als sonst irgendwo. Das lasse ich mir nicht ausreden.

Schafft Schalke die Wende zum Guten? Das beantworte ich erst im März… Schalke macht doch immer diesen Spagat zwischen dem sentimentalen Herz-Schmerz-Genre und Profifußball. Beides müssen SIE einmal auf einen Nenner bringen. Das durften schon viele versuchen. Als Andre Breitenreiter kam, hieß es: Er ist die ideale Lösung. Und dann ging wieder etwas schief. Wenn sie eine Struktur reinkriegen - von ganz oben bis zum Zeugwart -, würde das helfen. Danach sieht es im Moment aus. Aber auch nicht mehr.

Schalke ist schon ein kurioser Verein. Das habe ich so noch nirgendwo erlebt. Jedesmal, wenn ich dorthin fahre, denke ich: Die anderen sind ja auch bekloppt. Aber Schalke? So wie hier - im positiven Sinne wie im Sinne von Sich-das-Leben-selbst-schwermachen - ist das einzigartig. Da sind alle mit so viel Herz dabei, dass das Denken nicht immer so leicht fällt.

Was kann Christian Heidel da machen? Du musst Schalke abkühlen. Entschleunigen. Ohne dass du samstags, wenn die Spieler einlaufen, den Wahnsinn bremst. Das ist die Kunst. Das machen die Münchner kühler und erfolgreicher. Auch in Dortmund haben sie es hingekriegt. Schalke sucht diesen Schlüssel noch. Jedes Jahr faszinierend, was da passiert.

Der BVB erlebt den größten Umbruch seit dem Verkauf von Spielern für 120 Millionen Euro. Die mussten sie verkaufen; die waren nicht zu halten. Aber das ist, was Hans-Joachim Watzke gut macht: Er sagt nicht, wir halten Mkhitaryan und Hummels, koste es, was es wolle. Sondern: Für das Geld dürfen sie gehen. Ökonomisch ganz kühl mit klarem Verstand. Die nehmen die Fans mit - und das funktioniert.

War es richtig, Schürrle zu holen? Trainer Tuchel muss in ihm etwas sehen, was wir alle noch nicht in ihm gesehen haben. Wenn er da auch noch recht hat, wird er ein ganz Großer.

Zwischen 105 und 120 Millionen Euro kostet Pogba. Das werde ich nie kapieren. Bei Maradona in Neapel habe ich die riesigen Summen noch verstanden. Da stand auf Plakaten: Lieber hungern mit Maradona als hungern ohne Maradona. Aber Pogba? Meine Frau ist Krebsärztin. Wenn ich sehe, was sie für Menschen leistet und was sie dafür kriegt — das alles passt nicht zusammen. Sorry, nicht meine Welt. Das ist Monopoly.

Wird es die alte Form der TV-Kommentierung noch lange geben? Ich weiß nicht, ob sich die Menschen in Zukunft noch vor der Kiste versammeln. Ich glaube immer noch, dass dieses Live-Erlebnis wichtig ist. Auch um sich zu ärgern. Ein Kommentator kann Mehrwert und Informationen liefern oder den Watschenmann geben. Mindestens noch ein, zwei Jahre wird es TV geben - bitte lasst mir den Glauben.

Twittern Sie? Nein.

Aber was ein Shitstorm ist, ist schon bekannt…? Der geht mir da vorbei, wo er hingehört.

Die Shitstorms gegen Reif werden nicht weniger, wenn Sie beim Doppelpass sind. Wenn mich jemand anspricht oder anruft, werde ich immer reagieren. Aber das ist auch meine Mindestanforderung an Kommunikation. Dagegen Shitstorm: Das ist eine anonyme Masse, die eine Pseudo-Wucht erzeugt. Das finde ich in Deutschland ganz besonders fehl am Platz. Zwei Leute habe ich mir geschnappt. Die gingen meiner Ansicht nach zu weit, und die habe ich gekriegt, mit Polizei, Schmerzensgeld und allem. Die haben sich nicht mehr gemeldet. Wenn du einzelne aus der Masse herausholst, fangen sie an zu winseln. Nicht meine Welt. Lasse ich nicht an mich heran. Ich kann es mir leisten.

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