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EM 2016
So denkt Matthäus über Reus und Sané

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Sven Heinze, Lothar Matthäus, Sven Heinze, Lothar Matthäus
Sven Heinze, Lothar Matthäus, Sven Heinze, Lothar Matthäus Foto: firo
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Lothar Matthäus hält Joachim Löw für einen Glücksfall für den deutschen Fußball. Bei der EM in Frankreich rechnet er mit einem Durchstarter aus Schalke. Das große Interview.

So ganz kann Lothar Matthäus Italien auch in Ungarn nicht hinter sich lassen. Das Land, in dem Deutschlands Fußball-Rekordnationalspieler 1990 Weltmeister wurde und ein Jahr später als Star von Inter Mailand zum Weltfußballer aufstieg. Der 55-Jährige lädt in seiner neuen Heimat Budapest zum Gespräch in eine Trattoria ein. Über Fußball reden wir, selbstverständlich, der Sky-Experte ist ja auch während der EM in Frankreich für mehrere Medien als Fachmann unterwegs. Dabei hätten ihn viele auch mal als Trainer einer Mannschaft bei so einem Turnier gesehen.

Herr Matthäus, Sie machen einen sehr entspannten Eindruck. Nach einer langen Fußball-Weltreise: Sind Sie als Mensch endgültig in Budapest angekommen? Budapest ist eine tolle Stadt, es ist eine Wohlfühloase für mich.

Popularität zieht automatisch Kameras an. Haben Sie hier mehr Momente für sich? Es ist wie eine Insel, auf der du deine Ruhe hast. Wo du wie Ottonormalverbraucher mit der Frau, der Familie und Freunden auf der Straße spazieren gehen kannst. Diese Privatsphäre genieße ich sehr. Das ginge in Deutschland oder Italien sicherlich weniger. Die Menschen in Ungarn haben eine andere Mentalität. Sie haben viel mit sich selbst zu tun, deshalb denken sie womöglich auch: Wir wollen in Ruhe gelassen werden, als gestehen wir das auch anderen zu. Ich kann mich nicht erinnern, in Ungarn schräg angequatscht worden zu sein, wie es in Deutschland tagtäglich vorkommt. Hier ist unser Zuhause, hier fühlen wir uns wohl.

Kommt das Ihrer Vorstellung von vollkommenem Lebensglück nahe? Mich zwingt ja niemand, hier zu leben. Das könnte ich auch in München, in Italien, in Dubai oder in Moskau. Aber hier stimmt das Gesamtpaket am besten. Wir haben einen zweijährigen Sohn, da ist es besonders schön, über die Straße gehen zu können, ohne von Paparazzi verfolgt zu werden.

Und beruflich lässt sich von Budapest ja auch alles managen. an hat ja gute Verbindungen nach München, um von dort aus in die ganze Welt zu kommen. Ich reise durch meine Tätigkeiten für Sky sehr viel, sitze quasi immer noch auf gepackten Koffern. Andererseits fühlen wir uns an den Tagen, an denen wir hier sind, so privat, wie ich es in meinem Leben zuvor noch nie empfunden habe.

Es ist wie eine Insel, auf der du deine Ruhe hast. Wo du wie Ottonormalverbraucher mit der Frau, der Familie und Freunden auf der Straße spazieren gehen kannst. Diese Privatsphäre genieße ich sehr

Lothar Matthäus über seine Lebensmittelpunkt Ungarn

Ihre letzte Trainerstation war 2011 in Bulgarien, als TV-Experte sind Sie dagegen ganz dick im Geschäft. Ich denke ja auch gar nicht mehr daran, ins Tagesgeschäft des Trainers einzusteigen. Mir liegt die Lebensqualität, die mir gerade beschert wird: Zeit für die Familie und mich zu haben, nicht mehr dem Druck ausgesetzt zu sein und von morgens bis abends an Fußball zu denken. Ich bin trotzdem nah an allem dabei, ich kenne alles, ich weiß alles – ob es Champions League ist oder sämtliche Ligen. Ich verfolge das allein schon, weil es mich interessiert. Ich habe ja in vielen Ländern gearbeitet.

Was macht einen guten Trainer aus? Nur Titel? Es ist natürlich einfacher, Erfolge mit einer Mannschaft wie Bayern München zu feiern. Das muss man sich erarbeiten, braucht aber vielleicht auch am Anfang der Karriere das Quäntchen Glück. Pep Guardiola hat von Barcelona das Vertrauen bekommen, sicher auch seinen Teil dazu beigetragen, aber auch die Spieler gehabt, um Erfolge zu feiern. Nach so einem Einstieg ist es natürlich einfacher, Topvereine zu trainieren. Da gibt es ganz oben eine Kategorie, aber eben auch eine Kategorie tiefer. In der Bundesliga sind in den letzten Jahren viele neue Leute hinzugekommen. Früher gab es jahrelang 25 Trainer bei 18 Vereinen - man ist mal vom Karussell heruntergefallen und wenig später wieder aufgestiegen.

Ist Joachim Löw automatisch durch den WM-Titel 2014 ein sehr guter Trainer? Dass Joachim Löw das ist, hat er auch schon vorher gezeigt. Er hat mit seinen Klubs Meisterschaften geholt, auch wenn es in Österreich und der Türkei war. Er war dann halt zum richtigen Zeitpunkt da, als Jürgen Klinsmann einen Trainer gesucht hat für die Nationalmannschaft. Aber ohne Klinsmann wäre vielleicht auch niemand beim DFB darauf gekommen, Löw als Bundestrainer einzustellen. Er hat sich für eine andere Schiene als die entschieden, die damals befahren wurde. Ich kenne Jogi seit 35 Jahren, er war ein technisch guter Spieler, und diesen Fußball lässt er auch spielen. Er hat natürlich auch das nötige Glück, dass sich die Arbeit der in den letzten zehn, fünfzehn Jahren angestoßenen Nachwuchsprojekte jetzt auszahlt.

Aber wenn ein Trainer mit 35 das erste Mal Weltmeister wird, hört der ja auch nicht auf. Davon halte ich nichts, man steckt sich halt neue Ziele. Man sollte aufhören, wenn man bereit ist, loszulassen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Jogi Löw noch wie Giovanni Trapattoni mit 75 Jahren auf der Trainerbank sitzt. Aber ich glaube, Löw hat noch einiges vor, hat Spaß mit dieser Mannschaft und kann die Spieler auch immer weiter entwickeln. Solange er Lust hat, gibt’s in Deutschland, gerade weil das Vertrauen der Mannschaft in ihn sehr groß ist, keinen Besseren. Man kann nicht erwarten, dass er die nächsten Turniere alle gewinnt, aber deswegen ist es noch lange kein Rückschritt. Die Konkurrenz anderer Nationalmannschaften ist groß.

Kann Bastian Schweinsteiger die Mannschaft noch einmal wie vor zwei Jahren in Brasilien zum Titel führen? Erstmal muss er dafür wieder richtig fit werden, wenn auch nicht gleich fürs erste Spiel. Joachim Löw hat sich das genau überlegt, weil er eben diese Hoffnung hat, dass Schweinsteiger während des Turniers in eine Form kommt, in der er der Mannschaft helfen kann. Als Persönlichkeit tut er das ohnehin schon. Wenn dann noch einmal die gleiche Geschichte dabei herauskommt wie in Brasilien, kann man Löw und Schweinsteiger nur gratulieren.

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