Julian Weigl lächelt. „Es ist ein tolles Gefühl, einen eigenen Flieger zu haben“, sagt er und erzählt dann noch von einem Ausflug ins Luftfahrtmuseum. Keiner dieser Sätze wird in die Geschichte des Fußballs eingehen, aber das ist an diesem Tag auch nicht gefragt. Es ist Mittwochnachmittag in Dortmund und der BVB stellt einen neuen Partner vor, einen aus der Reisebranche. Und Mittelfeldspieler Weigl ist auserkoren, auch ein paar Sätze dazu beizusteuern – was er ebenso routiniert wie fehlerfrei erledigt.
Auf den 20-Jährigen ist Verlass, was neben den Mitarbeitern der Medienabteilung vor allem die Trainer zu schätzen wissen. Trotz seines jungen Alters und des bubenhaften Gesichts wirkt Weigl auf und neben dem Platz sehr reif und erwachsen. Seine ruhige Art, seine Ballsicherheit und seine präzisen Pässe machen ihn zu einem tragenden Element des Dortmunder Spiels und haben längst über die Stadtgrenzen hinaus Aufmerksamkeit geweckt. Jüngster Beleg: die Nominierung für den vorläufigen Kader zur Europameisterschaft in Frankreich.
Ein kleiner Traum wurde wahr
Weigl war zu Hause, als der Anruf kam. Die Nummer kannte er nicht, den Anrufer erkannte er aber schnell: „Die Stimme kennt man ja von vielen Pressekonferenzen und aus dem Fernsehen“, erzählt er. Natürlich wusste der 20-Jährige, dass die Nominierung anstand und natürlich hatte er insgeheim gehofft, dass Bundestrainer Joachim Löw sich melden würde – und doch war die Freude riesig, als es tatsächlich so kam. „Das war unbeschreiblich“, sagt Weigl. „Ich bin zu Hause schon ein bisschen im Dreieck gesprungen. Das war ein kleiner Traum, mal dabei zu sein.“
Man spürt im Training, dass jeder heiß ist, dass jeder noch einmal alles mobilisieren will
Julian Weigl
Ein großer Traum soll am Samstag in Erfüllung gehen, dann steht Weigl mit Borussia Dortmund im Pokalfinale gegen den FC Bayern München (Samstag, 20 Uhr/ARD und Sky). Und die Vorfreude steigt minütlich. „Man spürt im Training, dass jeder heiß ist, dass jeder noch einmal alles mobilisieren will“, sagt Weigl.
Für den jungen Mittelfeldspieler markiert dieses Endspiel den vorläufigen Höhepunkt einer steilen Entwicklung: Erst vor einem Jahr kam er vom Zweitligisten 1860 München zum großen BVB, wollte erst einmal nicht mehr als dazulernen und ein wenig Spielpraxis sammeln. Doch schon in der Vorbereitung war zu sehen, dass Trainer Thomas Tuchel große Stücke auf den Neuzugang hält. Weigl merkte das spätestens im vorletzten Vorbereitungsspiel gegen den italienischen Meister Juventus Turin. „Da hat der Trainer mit der besten Formation gespielt – und ich war drin“, erinnert sich Weigl. „Da habe ich es vielleicht noch mit einem Lächeln genommen und gedacht, er lässt mich halt mal mitspielen.“
Doch als die Saison begann, ließ der Trainer den jungen Mann immer noch mitspielen und hörte damit nicht mehr auf. Weigl bestritt fast alle Spiele und kann darauf hoffen, dass die Saison nach dem Pokalfinale mit der EM-Teilnahme eine geradezu märchenhafte Verlängerung erfährt.
„Aber jetzt liegt der Fokus erst einmal auf Samstag“, sagt Weigl, der genauso Zuversicht ausstrahlt wie sein Chef. „Ich habe das Gefühl, dass wir mal wieder dran sind“, sagt Geschäftsführer Joachim Watzke – schränkt aber ein: „Ich weiß auch, dass wir nicht gegen Barfuß Kairo spielen.“