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Jürgen Klopp
Warum Hummels ein Vorbild für ihn ist

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Jürgen Klopp, FC Liverpool, Jürgen Klopp, FC Liverpool
Jürgen Klopp, FC Liverpool, Jürgen Klopp, FC Liverpool Foto: Firo
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Beim Besuch in der Stadt der Beatles spricht der frühere Trainer vom BVB, Jürgen Klopp, über seinen neuen Klub, die Hysterie und das Kälteempfinden der Engländer.

Seit vier Monaten ist Jürgen Klopp Trainer des englischen Fußball-Erstligisten FC Liverpool. Dort soll er an erfolgreiche Zeiten des Klubs anknüpfen. Aber noch ist das alles nicht so einfach.

Klopp über...

... den FC Liverpool: Das ist ein ganz, ganz großer Klub, der große, große Erfolg gefeiert hat. Das einzige Problem ist, dass die ganz großen Erfolge schon ein bisschen zurückliegen. Und wenn die Gegenwart der Geschichte nicht gerecht wird, dann entsteht eine gewisse Unruhe. Das Problem haben viele Vereine im Weltfußball. Ich finde, dass alle Leute ganz gut damit umgehen, trotzdem gibt es Gründe, warum der Erfolg im Vergleich zu besseren Jahren ausgeblieben ist. Wir sind gerade dabei, dass wieder in die richtige Bahn zu lenken.

... Erfolgsdruck: Wir haben mit den beiden Klubs aus Manchester eine Nachbarschaft, in der nicht gekleckert wird. Es ist also nicht so, dass man automatisch mit zwei, drei richtigen Entscheidungen an allen vorbeizieht. Deshalb braucht man nach wie vor hier Geduld. Seit ich hier bin habe ich das Gefühl, dass alle heiß und hungrig sind auf Erfolg, aber durchaus auch bereit sind, die notwendige Zeit zu investieren, die man braucht. Es ist ein spezieller Verein, ein spezieller Ort, das spürt man in jedem Moment, in dem man dort ist. Dementsprechend fühlen wir uns pudelwohl. Es ist eine Herausforderung und ein Abenteuer.

... den Gegner in der Europa League, den FC Augsburg: Ich mag den Klub und habe großen Respekt vor der Arbeit von Markus Weinzierl. Aber ich habe bei der Auslosung nicht da gesessen und gedacht: hoffentlich kriegen wir eine deutsche Mannschaft zugelost. Ich bin erst vier Monate weg und habe noch nicht das Gefühl, dass ich zurück müsste, um den FC Liverpool vorzustellen. Aber, klar, ich freue mich nach Deutschland zu kommen. Der Rest ist normale Arbeit, außer dass ich ein paar Leute vielleicht besser verstehen kann als hier normalerweise (lacht).

... die einschüchternde Tradition des FC Liverpool: Ich muss mich nicht täglich kneifen, dass ich hier Trainer bin. Das hängt nicht mit mangelndem Respekt zusammen, sondern damit, dass Trainer keine Träumer sein dürfen, weil die Realität dich sofort einholt. Es gab Momente, zugegeben, als der Anruf kam und wir uns entschieden haben, das zu machen, da ist uns schon aufgefallen, dass das die Fortsetzung eines überraschend schönen Berufslebens bislang ist. Dann kommst du hier an, gehst um 8 Uhr ins Büro und um 21 Uhr wieder nach Hause und hast gar keine Zeit, über solche Dinge nachzudenken. Ich kann mir ja nicht täglich die Schultern deswegen wundklopfen. Wir haben hier einen Haufen zu tun - in so einem Umfeld aber umso lieber.

... die Legendes des Klubs, die in der Stadt allgegenwärtig sind: Ich wohne ja mittlerweile in dem Haus, das Steven Gerrard gebaut hat. Ein Zimmer bei uns im Haus ist das ehemalige Trophäenzimmer von Steven Gerrard, glücklicherweise hat er sie alle mitgenommen. Hab ihn ein paar mal getroffen, er ist ein großartiger Spieler und großartiger Mensch. Das ist das schöne: Du kannst in Liverpool nichts werden als Spieler, wenn du kein anständiger Mensch bist. Das ist hier ganz wichtig. Fußball ist wahnsinnig wichtig, aber die Fans wollen dich als Gesamtpaket. Entweder du bist es von vornherein oder du wirst dazu gemacht: demütig gegenüber dem, was du hier erleben darfst. Und wenn man sieht, wer sich alles so meldet, wenn wir Spiele gewinnen, dann siehst du: Die Verbundenheit endet nicht mit Ablauf des Vertrages. Dafür sind hauptsächlich die Leute in der Stadt verantwortlich, weil sie jedem das Gefühl vermitteln, dass er unglaublich respektiert wird. Als Trainer bist du nicht so wichtig, sondern dafür da, den Leuten so viel Vergnügen wie möglich zu bereiten.

... den vollen Terminplan in England: Die vielen Spiele verändern den Job natürlich. denn normalerweise trainiert man als Trainer. Hier ist es so, dass wir nach den Spielen Regeneration machen, einen Tag danach erweiterte Regeneration und dann ist das nächste Spiel. Das ist eine Herausforderung. Dieses Problem haben viele europäische Topklubs, hier ist das Problem, dass ein weiterer Cup-Wettbewerb dazu kommt und Regelungen wie Wiederholungsspiele bei Pokal-Unentschieden.

... die Zusammenarbeit mit den englischen Medien: Wenn ich einen Fehler mache mit meinem Englisch, dann wird nicht immer versucht das richtigzustellen, wenn man hätte wissen können, wie es gemeint war. Sondern der Fehler wird genommen und dazu verwendet, um die Geschichte zu dramatisieren. Das ist unangenehm. So ist das mit dem Wind auch gewesen. Der Wind hat überraschend großen Einfluss. Das ist es sehr oberflächlich thematisiert worden, weil der eine sagt: blöde Ausrede. Der andere sagt: Mein Gott, was kann der Wind schon ausmachen? Spiele hier Fußball in Stoke an einem windigen Tag und sage, dass das keinen Einfluss hat! Dann sage ich: du hast keine Ahnung. Es ist eine Insel und alle wissen, dass es auf der Insel windig ist, aber das interessiert keinen. Das habe ich einmal angesprochen und gut.

... das Kälteempfinden der Engländer: Die Jungs hier sind das gewöhnt. Die Engländer kommen im Oktober bei Windstärke 12 und Regen im T-Shirt zum Training. Und ich stehe da, vier Jacken an, Mütze auf dem Kopf und es zieht trotzdem in allen Ritzen. Man gewöhnt sich scheinbar daran. Die Schulkinder gehen hier auch im Oktober in kurzen Hosen in die Schule. Das würde in Deutschland keine Mutter zulassen, aber krank werden die Leute hier trotzdem nicht.

... den Personenkult um ihn und die Hysterie bei Amtsantritt: Es gibt von Ihnen Trinkflaschen, Strampler, Schnuller und vieles andere mehr. Das interessiert mich nich so sehr. Es hat die meiste Zeit meines Lebens keinen Personenkult um mich gegeben - und das aus gutem Grunde. Als ich hier ankam, könnten wir ja nicht sagen: schickt mal die Presse nach Hause. Also haben wir uns dem gestellt. Aber so ein Hype erhöht natürlich auch die Erwartungen. Es hätte für uns als Trainerteam im Weltfußball einfachere Aufgaben gegeben als diese. Wir hätten irgendwo hingehen können, wo wir von vornherein gewusst hätten, dass wir 60, 70 Prozent der Spiele gewonnen hätten. Die Verhandlungsposition, in der wir waren, war nicht die schlechteste. Aber das stand für uns nicht zur Debatte. Wir wollten den Reiz. Einen großen Verein, das schon, und dazu die Aufgabe, etwas verändern zu müssen und zu können. Am Anfang wird dann so getan als könnte ich mich Handauflegen alles verändern und es dann doch nicht klappt, sind manche Leute verwundert. Natürlich habe ich den großen Hype mitbekommen, weil mir Paparazzi nahezu überall hin gefolgt sind, aber der hat sich zum Glück im Alltag gelegt. Mittlerweile kann ich mit meinem Hund spazieren gehen, ohne dass einer nebenher läuft und mich fotografiert. Ich kann ein relativ normales Leben führen.

... die Unterschiede zu Anfangs-Zeit in Dortmund: Der gravierendste Unterschied ist, dass wir nach Dortmund gekommen sind und eine komplette Vorbereitung mit der Mannschaft hatten. Das können wir nicht mehr einholen. Sechs Wochen Vorbereitung gegenüber drei Tagen Training vor dem Tottenham-Spiel sind ein Unterschied. Wir hatten ein paar Langzeitverletzte und durch den engen Spielplan sind neue Verletzungen hinzu gekommen. Also mussten wir uns Lösungen einfallen lassen, was uns ganz ordentlich gelungen ist. Und jetzt kämpfen wir um jeden Chance, um jeden Sieg. Wir strotzen nicht vor Selbstvertrauen, weil jeder Spieler seine eigene Geschichte hat. Entweder war er verletzt oder er musste zu viele Spiele machen, weil die anderen verletzt waren. Beides ist nicht ideal. In dies Phase Riesensprünge in der Entwicklung zu machen, wäre reines Glück. Es ist nicht so, dass es uns hinterherrennt.

... die Parallelen zum BVB: Beide Vereine haben fantastische Möglichkeiten. Damit meine ich nicht die finanziellen Möglichkeiten, sondern die Strahlkraft. Das finde ich wichtig. Denn es gibt Spieler, die über das Gehalt zu überzeugen sind, zu dir zu wechseln. Aber es gibt auch die anderen. Mats Hummels hat mal gesagt: Ich werde lieber mit Dortmund ein- oder zweimal Meister als mit einem anderen Klub zum 25. Mal. Das hier hinzubekommen und aufzubauen, das ist der ganz, ganz große Reiz. Da sind sich beide Vereine sehr, sehr ähnlich.

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