Es war ein schöner Tag an der amerikanischen Ost-Küste, der Blick von der Hotel-Terrasse aufs Meer war herrlich. Zwei Stunden nahm sich Horst Heldt hier Zeit für sein abschließendes Interview in seinem wahrscheinlich letzten Trainingslager als Manager des FC Schalke 04.
Horst Heldt, Ihr Sohn Paul hatte schon kein leichtes Jahr, weil Sie seinen Lieblingsspieler Julian Draxler verkauft haben. Haben Sie ihm eigentlich schon gesagt, dass Sie wahrscheinlich auch bald nicht mehr hier sind? (lacht laut) Ja, wir haben ihn schon damit konfrontiert, dass ich im Sommer eventuell nicht mehr bei Schalke bin.
Wie hat er reagiert? Für einen Fünfjährigen ist es nicht so einfach, die Zusammenhänge zu verstehen. Er schlägt mir jetzt vor, wo wir demnächst überall wohnen könnten und was ihm gefällt. Das ändert sich aber von Tag zu Tag. Angefangen hat es mit Rom, dann hat er Werder Bremen vorgeschlagen, mittlerweile sind wir bei Hawaii gelandet.
Und wo würden Sie demnächst am liebsten leben und arbeiten? Auf Hawaii zu leben, ist nicht die schlechteste Idee. Da wird allerdings nur wenig Fußball gespielt (lächelt). Und Stand heute kann ich mir nicht vorstellen, eine längere Auszeit zu nehmen. Ernsthafte Gedanken über eine neue Aufgabe habe ich mir aber wirklich bisher noch keine gemacht, weil ich mich jetzt voll und ganz auf meine Aufgabe hier auf Schalke fokussiere.
Es gab aber schon Anfragen von Klubs, bei denen Sie sofort hätten anfangen können? Ich beschäftige mich einfach noch nicht damit. Der Zeitpunkt wird kommen.
Wissen Sie eigentlich inzwischen, warum Sie gehen müssen, obwohl es auf Schalke in dieser Saison wieder besser läuft? (überlegt lange) Es steht noch ein Gespräch aus.
Was vermuten Sie? Ich weiß es nicht. Clemens Tönnies und ich haben vereinbart, dass wir uns irgendwann zusammensetzen und darüber reden werden.
Hinter vorgehaltener Hand werden zwei Gründe genannt. Erstens: Die von Ihnen zusammengestellte Mannschaft sei zu teuer. Ich weiß, dass die Mannschaft im Verhältnis zu anderen Teams nicht zu teuer ist. Der Kader hat die Kosten zudem auch wieder eingespielt, indem wir drei Jahre in der Champions League vertreten waren, was es bis dato hier noch nie gegeben hatte. Wir, das heißt meine Vorstandskollegen und ich in Zusammenarbeit mit dem Aufsichtsrat, haben in den vergangenen sechs Jahren, seit ich hier bin, über 90 Millionen Euro an Finanzverbindlichkeiten abgebaut. Das sind Gelder, von denen zumindest ein Teil sonst in die Mannschaft hätte investiert werden können.
Der zweite Vorwurf: Sie seien nicht entscheidungsfreudig genug. Das wundert mich, wenn dies geäußert wird, und das kann ich auch mit vielen Entscheidungen widerlegen, die ich getroffen habe. Das fängt bei der Nachwuchsabteilung an und hört bei der aktuellen Saison auf. Wer hat denn die Knappenschmiede in den vergangenen Jahren professionalisiert und den Begriff überhaupt erfunden? Wer hat denn den Vertrag mit Leroy Sané verlängert? Und wer hat denn den Vertrag mit Julian Draxler mehrmals verlängert? Am Ende ist ein 40-Millionen-Transfer dabei herausgekommen.
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