Nach dem verletzungsbedingten Ausfall von Benedikt Höwedes könnte auf Roman Neustädter beim Spiel in Dortmund eine ganz wichtige Aufgabe zukommen. Ausgerechnet auf Neustädter, ist man geneigt zu sagen.
Denn es ist noch nicht allzu lange her, da hätte eine Vielzahl von Fans eine Krise gekriegt, wenn beim Derby Kapitän Höwedes von Neustädter hätte ersetzt werden müssen. Hier die Vereinsikone, da der umstrittene Kicker, der nie so richtig auf Schalke angekommen zu sein schien. Doch mittlerweile hat sich der Wind gedreht. Zwar kann nicht behauptet werden, dass Neustädter der Kämpfernatur Höwedes den Rang abgelaufen hätte – aber der ehemalige Gladbacher hat einen erstaunlichen Wandel vollzogen.
So verblüffte der 27-Jährigen im großen „Eins zu eins“-Interview im Schalker Kreisel mit einigen sehr offenen Aussagen. Manche Menschen würden ihn wohl als arroganten Schnösel wahrnehmen und das läge vielleicht an seinem Laufstil – oder auch anderen nebensächlichen Äußerlichkeiten. Bisher hatte Neustädter offenbar nicht das Bedürfnis, dieses „Missverständnis“ aufzuklären. „Ich war lange Zeit eher introvertiert und habe nicht so viel von mir preisgegeben.“
Das ist mittlerweile anders, Neustädter kommt sogar etwas selbstironisch rüber, wenn es beispielsweise um seine Frisur geht. Doch gleichzeitig zeigt sich der Deutsch-Ukrainer als erfreulich tiefsinniger Typ, der mehr im Kopf hat, als nur den Fußball. Reisen in fremde Länder, vor allem nach Indien, haben ihm den Blick für die Lebenswirklichkeit anderer geöffnet.
Umzug nach Gelsenkirchen als Signal
Offene Türen rannte er aber mit seinem Umzug ein. Er habe sich Gedanken gemacht, wie er sich noch mehr einbringen könne. „Da ist mir in den Kopf gekommen, dass ich nach Gelsenkirchen ziehe, um näher an Schalke und den Schalkern zu sein.“
Auch sportlich ist er mittlerweile unumstritten. Als Höwedes zu Saisonbeginn noch am Sprunggelenk verletzt war und sich Matija Nastasic gleich im ersten Ligaspiel in Bremen die Achillessehne riss, sprang Neustädter in die Bresche und bildete mit Joel Matip in neun Spielen die Innenverteidigung. Ergebnis: Schalke blieb mit dem Gespann Matip/Neustädter fünfmal ohne Gegentor und kassierte in den neun Spielen insgesamt nur acht Treffer. Kein schlechtes Omen für Sonntag.