"Die Überschuldung des Vereins wuchs auf 6,7 Millionen Euro in der letzten Spielzeit. Hinzukommen die Tilgungskosten für das Stadioncenter von rund 800 000 Euro im Jahr. Der Verein hat insgesamt 6,9 Millionen Euro Darlehen. Das heißt im Umkehrschluss: Alles im Verein ist auf Kante genäht.“ Mit diesen Ausführungen hatte Wilken Engelbracht, seinerseits kaufmännischer Vorstand des VfL Bochum, die Mitglieder im vergangenen Jahr regelrecht aufgeschreckt.
In diesem Jahr kam alles ganz anders, und die Anhänger verließen mit einem positiveren Gefühl das Hörsaalzentrum der Ruhr-Universität Bochum. Sportlich befindet sich der VfL auf einem gutem Weg. "Wir haben ein neues Konzept: Die Verzahnung von Profis und Nachwuchs wird noch enger. Die offensive, Ballbesitz-orientierte Spielphilosophie wird vereinheitlicht. Top-Talente aus der U17 und U19 trainieren bei den Profis; werden von ihren Trainern angeleitet, die gleichzeitig Co-Trainer der 1. Mannschaft sind. Dieses Konzept ist in Deutschland einzigartig." Das mittelfristige Ziel ist klar: der Aufstieg in Liga eins, das sagen sowohl Villis als auch Hochstätter und Engelbracht. Kurz gesagt: Die Tabellen der Zweitliga-Mannschaft, der U19 und der U17 stimmen den gemeinen VfL-Anhänger also positiv.
Dennoch: Der Blick auf die Finanzen ist und bleibt nicht rosig. Die Negativspirale scheint allerdings gestoppt. So verbuchte der VfL in der vergangenen Spielzeit 2014/15 Erträge von 27,6 Millionen Euro – ein Zuwachs von rund 500.000 Euro. Auch der Lizenzspieleretat stieg von 7,4 auf 7,7 Millionen. In der aktuellen Spielzeit ist die Erhöhung um eine weitere Million auf insgesamt 8,7 Millionen Euro vorgesehen. "Die Entwicklung des Spieleretats ist eine ganz wichtige Kurve. Wir wollten weg davon, dass in die Mannschaftskasse gegriffen wird. In diesem Jahr werden wir es schaffen, ungefähr auf den Wert der Saison 2012/2013 zurückzukommen. Damit ist der VfL im oberen Mittelfeld der 2. Liga. Die Top 3 haben ungefähr 16, 17 Millionen zur Verfügung."
Positiv in diesem Zusammenhang ist, dass trotz Mehrausgaben für den Kader die Schuldenlast des Vereins gesunken ist. Von 6,2 Millionen im Sommer 2014 konnten die Nettofinanzschulden auf 5,8 Millionen Euro reduziert werden. In dieser Spielzeit sollen wiederum 500.000 Euro abgebaut werden. "Wir haben mit zwei Millionen einen leicht besseren Jahresabschluss erreicht als gedacht. Die schlechte Nachricht: Von den Erlösen wurden in den vergangenen Jahren Gelder vorgezogen; dazu kommt die Betriebsprüfung (Anm.d.Red.: Kosten 1 Mio.). Also sind von den 2 Millionen Überschuss fast nichts auf dem Konto."
Auch in diesem Segment hat Engelbracht Verbesserungen angekündigt: "Das Gute: Im nächsten Jahr sollen es auch wieder knapp zwei Millionen sein. Bei einem Sieg gegen Lautern im Pokal wird der Wert höher sein. Der wichtige Punkt: Der Überschuss wird fruchtbarer für uns sein. Daraus sind nur 800.000 Euro vorgegriffen und somit liegt nachher mehr in der Kasse." Für das Jahr 2016/17 sollen keine Sponsorengelder mehr vorgezogen werden, um die Liquidität zu sichern. Brisant: Für den Fall, dass Ex-Trainer Peter Neururer vor dem Arbeitsgericht den Streit um mögliche Prämien gewinnt, hat der VfL laut Engelbracht schon Rückstellungen in der Bilanz geschaffen.
Zentraler Bestandteil der zukünftigen Ausrichtung soll eine breitangelegte Mitgliederoffensive sein. "Das Ziel ist es die 10.000er-Marke knacken. Diese Zahl ist für eine Stadt wie Bochum machbar. Das Potenzial ist da. Es geht dabei auch um Geld. Wir wollen die Mitgliedsbeiträge senken. Kein Verzicht auf Geld, denn lieber mehr, die weniger zahlen." Und wenn die 10.000er Marke wirklich geknackt wird, dann dürfen sich die VfLer auf ein echtes Highlight freuen. "Wir haben Herbert Grönemeyer gefragt, ob er dann vor der Kurve vor einem Spiel singt. Er hat zugesagt."