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Schnusenberg wird S04-Präsident mit einem hohen Maß an Achtung für Vorgänger Rehberg
"Ich will nicht, dass der Eindruck entsteht, dass ich in andere Bereiche eingreife"

Schnusenberg wird S04-Präsident  mit einem hohen Maß an Achtung für Vorgänger Rehberg
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Aus dem ehemaligen Büro von Rudi Assauer blickt er auf das Vereinsgelände mit der schmucken Arena und den perfekten Trainingsanlagen, dessen Finanzierung er in den vergangenen zehn Jahren als Hüter der Zahlen maßgeblich mitverantwortet hat. Am kommenden Montag schließt sich auch für ihn ein Kreis, wenn Josef Schnusenberg Gerd Rehberg als Präsident des FC Schalke 04 ablöst. Wenige Monate, nachdem der frühere Bürgermeister der Stadt Gelsenkirchen den Vorsitz der Königsblauen übernommen hatte, trat der Wirtschaftsfachmann seinen Dienst auf Schalke an.

Damals stand er vor einem Scherbenhaufen, in wenigen Tagen ist er der erste Mann im zweitgrößten Sportverein Deutschlands, der einen Jahresumsatz von 115 Millionen Euro verwaltet und beim derzeitigen Stand von 129,5 Millionen Euro Verbindlichkeiten keine Magenschmerzen bekommt. Im Gespräch mit RevierSport erzählt der 66-jährige Diplom-Fachwirt und selbständige Steuerberater aus Rheda-Wiedenbrück, wie er sein baldiges Amt auszuüben denkt.

Herr Schnusenberg, wie emotional wird dieser Moment für Sie sein, wenn Sie am kommenden Montag vor 1.000 bis 2.000 Mitgliedern zum Schalker Präsidenten ernannt werden?

Emotionalität ist etwas, das mir eigentlich abgeht, aber das ist schon ein besonderer Moment, wenn man zum 1. Vorsitzenden von Schalke 04 gekürt wird. Da bin ich stolz drauf, ich mache das gerne. Ich bin ein gläubiger Mensch und wenn mir der liebe Gott solch eine Aufgabe gibt, dann traut er mir auch zu, sie zu erledigen. Was werden Sie anders machen als Gerd Rehberg?

Foto: firo

Er hat es verstanden, intern die Integrationsfigur zu sein und wenn es nötig war, uns zusammenzuschweißen. Außerdem hat er den Verein nach außen hin mit einer hohen Akzeptanz sehr gut repräsentiert. Da muss ich erst einmal hinkommen. Mit der Gelassenheit, mit der er das Amt ausgeübt hat, ist Gerd Rehberg sicher ein Vorbild. Er ist in einer Zeit Präsident geworden, als hier alles drunter und drüber ging. Das allein verdient schon ein hohes Maß an Achtung. Er hatte aber im Vorstand auch Mitstreiter, die in ihrem Bereich eigenständig gearbeitet haben. Da brauchte es seines Eingriffs nicht, um korrigierend zu wirken. Dank meines Amtes als Verantwortlicher über Finanzen und Steuern, das ich bisher schon hatte und weiter ausführen werde, hatte ich schon eine relativ starke Position innerhalb des Vereins und konnte auch viel bewirken. Ich will aber nicht, dass der Eindruck entsteht, dass ich in andere Bereiche eingreife. Herr Rehberg gilt als Mann des Volkes, Sie eher als einer vom Schreibtisch!

Dann kennen sie mich aber nicht gut. Da müssten Sie sich nur mal in meiner Heimat Rheda umhören, da würde man über eine solche Aussage schmunzeln. Ein Tagesordnungspunkt auf der Jahreshauptversammlung ist die Wahl von zwei neu zu wählenden Aufsichtsrats-Mitgliedern. Was passiert denn, wenn Clemens Tönnies von den Mitgliedern in seinem Amt nicht bestätigt wird?

Dann muss ich mit einem andern auskommen. So einfach ist das nicht!

Es wäre doch eine Riesen-Überraschung, wenn er nicht widergewählt würde, schließlich hat er immer ein hohes Abstimmungsergebnis erhalten. Für mich ist das eine völlig hypothetische Überlegung, dass er nicht gewählt wird. Und im Übrigen: Ich bedaure, dass ich nicht gewählt werde, ich würde mich gerne dem Votum der Mitglieder stellen.

Haben Sie es am 12. Dezember 1994, als Sie dem Schalker Vorstand beitraten, für möglich gehalten, welche Entwicklung der Verein unter Ihrer Mitführung erfahren wird? Nein, anfangs überhaupt nicht. Erst nach dem UEFA-Cup-Sieg 1997 wurde einem bewusst, was Schalke mit seinem Potenzial erreichen kann. Da haben wir gesagt: So, jetzt packen wir das an.

Josef Schnusenburg (links) beim besuch des Kooperationspartners aus St. Petersburg (Foto: firo).

Der Bau der Arena war finanziell lange ein Risiko, inzwischen ist die Abbezahlung fast schon absehbar. Wie oft hatten Sie Magenschmerzen, dass sich der Verein womöglich finanziell übernommen hat?

Niemals! Aber wenn man in der Wirtschaft solch eine Investition tätigt und nicht viel falsch macht, kommt irgendwann automatisch der Return on Investment. Im Fußball verhält sich das anders. Da ist immer das Risiko dabei, ob einer daneben oder rein schießt. Und mit einer Mannschaft kann man keinen Deckungsbeitrag vorausberechnen. Wenn wir aber die letzten zehn Jahre Revue passieren lassen, dann ist das mit dem UEFA-Cup-Sieg, zwei DFB-Pokalsiegen und drei Vizemeisterschaften nicht so schlecht. Dass wir es in diesem Jahr wieder nicht das ganz große Ziel erreicht haben, ist ein Wermutstropfen, aber das muss man abschütteln und nach vorne blicken können. Dennoch gilt Schalke nach der erneut verpassten Schale als Loser, und das nicht nur bei den Nachbarn aus dem Revier!

Die Gefahr besteht natürlich. Wir alle haben die Bilder noch gut im Kopf, wie sehr gerade die Fans das Nichterreichen der Meisterschaft getroffen hat. Aber auf der anderen Seite waren die meisten Reaktionen auch sehr positiv, sowohl in der Arena direkt nach dem Abpfiff gegen Bielefeld und auch in der Stadt nach dem Public Viewing. Vor der Saison hätten wir doch alle unterschrieben, wenn uns jemand Platz zwei angeboten hätte. Mit der Häme anderer müssen wir leben, doch deren Missgunst trifft uns nicht.

Ist für Sie als S04-Finanzminister wegen der Einnahmen in der Champions League das Erreichen von Platz zwei die Hauptsache oder leiden Sie auch unter dem verpassten Titel?

Als Erstes steht immer der sportliche Erfolg, unabhängig davon, was er an Finanzen bringt. Der Einzug in die Champions League mit den garantierten Millionen-Einnahmen ist ein schöner Nebeneffekt, aber wir sind doch Fußballer, da willst du Erster werden. Vor wenigen Jahren haben Sie gesagt, Schalke bräuchte einen Jahresumsatz von 100 Millionen Euro, um mit plusminus null dazustehen. Etwas später haben Sie den Wert auf 110 Millionen angehoben. Doch im Geschäftbericht für das Jahr 2006 steht trotz eines Umsatzes von über 115 Millionen Euro ein Minus. Wie viel Geld braucht der Verein denn nun, um Gewinne einzufahren?

Es kann nicht unser Ziel, trotz Abschreibungen ein negatives Ergebnis zu erzielen, das ist richtig. Daher ist das Ergebnis 2006 nicht enttäuschend, aber nicht das, was ich mir in der Zukunft vorstelle, denn ich möchte auch unter dem letzten Strich positive Zahlen erwirtschaften. Der Break-even steht bei 110, 115 Millionen. Mit dem Umsatz hätten wir eigentlich ein Plus haben müssen, aber da wir 2006 hohe Punktprämien zahlen mussten, ist ein Minus dabei herausgekommen. Kann man jetzt schon absehen, dass das Ergebnis 2007 durch die Einnahmen aus der Champions League positiv sein wird?

Ja!

Wie kann man die Einnahmen denn noch steigern? Im Sponsoring ist es durch die Verträge mit Hauptsponsor Gazpom sowie den großen Co-Sponsoren Veltins und Victoria kaum noch möglich. Auch der neue TV-Vertrag ist durch arena sehr gut.

Foto: firo

Wir sind in allen Bereichen gut aufgestellt, das lässt sich kaum noch verbessern. Auf die Fernsehgelder haben wir keinen Einfluss, aber im Merchandising sind wir wirklich top. Die Eintrittspreise werden wir um ein bzw. zwei Euro erhöhen, weil wir eine Schieflage im Vergleich zu anderen Bundesligisten festgestellt haben. Wo man aber sicher noch etwas erreichen kann, ist eine verstärkte internationale Ausrichtung. Sie meinen denn russischen Markt durch die Partnerschaft mit Zenit? Ja, wir haben die Pflöcke eingeschlagen. Mal sehen, ob man dort Einnahmen generieren kann. Russland ist ein riesiger Markt. Wenn es uns gelingt, Schalke mit Hilfe von Gazprom und Zenit zu einer richtigen Marke zu machen, dann haben wir da einige Möglichkeiten. Unser Merchandising-Leute waren vergangenes Wochenende in St. Petersburg, um die Bedingungen vor Ort auszuloten. Wichtig wäre ein Präsenz im russischen Fernsehen, das müsste man mit der DFL abklären, ist aber eine interessante Überlegung. Braucht man dafür eine russischen Spieler? Das glaube ich nicht. Das Verhältnis zwischen Schalke und Zenit ist schon sehr gut, aber noch ausbaufähig. Die Fans haben erste Freundschaften geschlossen, das ist ein guter Weg.

Zurück zum Tagesgeschehen: Stephen Appiah von Fenerbahce Istanbul wird mit Schalke in Verbindung gebracht. Widerspräche eine Verpflichtung mit einer geschätzten Ablösesumme von zehn Millionen Euro nicht absolut der Schalker Transferpolitik der letzten Jahre?

Das sehen Sie richtig! So weit sind wir noch nicht, dass wir uns diesen Spieler leisten können, zumindest war den derzeitigen Stand der Gespräche betrifft. Natürlich stünde er uns sportlich gut zu Gesicht. Wir haben uns aber auf die Fahne geschrieben, dass wir alles aus dem laufenden Cashflow bestreiten und keine weiteren Kredite aufnehmen.

Wie viel Geld für Neueinkäufe geben Sie denn aus dem Etat frei?

Zwischen vier und fünf Millionen Euro, mehr nicht. Außer für Spielertransfers muss Schalke auch noch einmal auf dem Vereinsgelände investieren. Stichwort: Parkstadion, das zu einem Kleinstadion für die zweite Mannschaft plus weiteren Trainingsfeldern umgebaut werden soll!

Das steht auf der Prioritätenliste nicht oben, Wir werden irgendwann die Haupttribüne abreißen. Aber ich sage Ihnen ganz ehrlich: Bevor ich jetzt und heute zehn oder 20 Millionen ins Parkstadion stecke, kaufe ich lieber Appiah!

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