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1.FC Mülheim: Nach dem Aufstieg furchtlos in die Bezirksliga
Löwen brüllen wieder

1.FC Mülheim: Nach dem Aufstieg furchtlos in die Bezirksliga
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Einst begeisterte der 1. FC Mülheim Zehntausende. 2007 besuchten kaum mehr als 100 Zuschauer die Spiele der „Styrumer Löwen“. 1976 kamen Bayer Leverkusen, Alemannia Aachen und Borussia Dortmund zu Zweitligaspielen nach Mülheim. 31 Jahre später hießen die FC-Gegner Tuspo Huckingen II, VfL Wedau und GSG Duisburg. Doch die Löwen brüllen wieder – wenn auch zunächst „nur“ in der Bezirksliga. Wer die Homepage des FC anklickt und nach 1980 geboren ist, wird sich erst einmal wundern: „Willkommen auf der offiziellen Homepage des erfolgreichsten Mülheimer Fußballvereins“ steht dort. Der FC? Erfolgreich? Ja, das ist richtig!

Von 1974 bis 1976 dauerte das Styrumer Intermezzo in der 2. Bundesliga Nord. Einige Spiele der Löwen sind legendär und werden an allen Stammtischen der Stadt zu später Stunde gern ausgepackt. Am 8. Februar 1975 kam Eintracht Frankfurt in der dritten DFB-Pokal-Runde nach Mülheim. Mit den Weltmeistern Grabowski und Hölzenbein. 3:0 siegte die Eintracht.

Die Truppe des 1.FC Mülheim.

Oder eben die Heimspiele gegen Leverkusen, Aachen und Dortmund. Wer alte Styrumer Zweitliga-Recken wie Ernst Bachmann (heute Sportlicher Leiter beim Bezirksligisten Union Mülheim) oder Herbert Stoffmehl (heute Trainer des A-Kreisligisten RSV Mülheim) um Anekdoten bittet, erhält ganz bestimmt eine lustige Antwort.

Doch während aus Dortmund, Leverkusen und Aachen respektable Erstliga-Größen wurden, verschwand der Mülheimer Traditionsverein in der Bedeutungslosigkeit. In der Saison 1975/76 wurde dem FC die Lizenz verweigert. Danach zogen vor allem die Lokalderbys gegen den VfB Speldorf zwar immer wieder Tausende ins Ruhrstadion, doch es ging weiter und weiter abwärts. Die Mitgliederzahl sank stetig, die Sponsorenunterstützung blieb aus. Anfang der 90er zog der FC vom großen Ruhrstadion zur heimischen Ascheplatzanlage an der Moritzstraße. Nebenan kaufen die Styrumer im Marktcenter bei Tengelmann ein und nebenan spielt Blau-Weiß Mülheim in der Bundesliga der Sportkegler. 1998 folgte der Fall in die Bezirksliga und 2001 schließlich in die Kreisliga A. Der FC in der Fußballprovinz.

Auch Manfred und Detlef Weides kennen so einige Geschichten über „ihren“ FC. In den schwersten Stunden der Löwen in den 90ern übernahmen sie das Ruder – Manfred als 1. Vorsitzender, Detlef als Geschäftsführer. Manfred Weides hat das größte private Sportarchiv Mülheims in seiner Wohnung. Detlef Weides sorgt für den kompletten Club. Kein Tag vergeht, an dem er nicht mit dem dicken Schlüssel in der Hand über den Platz an der Moritzstraße spaziert. Er ist der Architekt des klitzekleinen Aufschwungs des 1. FC Mülheim.

Im Sommer 2004 musste beim FC wieder einmal eine Entscheidung getroffen werden. Die Sponsorenzahl ging weiter nach unten, für Einsatz- und Siegprämien war kein Geld mehr in der Kasse. Der Mülheimer Stadtteil Styrum gilt seit Jahrzehnten als der Arbeiter-Stadtteil mit einem hohen Migrationsanteil. „Unsere alten Sponsoren gibt es nicht mehr. Sie haben ihre Läden und Firmen geschlossen. Viele Geschäfte“, sagt Detlef Weides, „sind heute fest in türkischer Hand. Da kommen wir nicht dran.“ Drei Bandenwerbungen – das ist die komplette Ausbeute. Der Rest – wenn er sich engagiert – unterstützt lieber den Stadtteil-Rivalen Galatasaray Mülheim.

Kein Geld mehr beim FC. Was tun? In dieser Lage entschied Weides, die komplette A-Jugend von Galatasaray zur Moritzstraße zu locken. Junge Spieler, die fast alle in Styrum wohnen. Mit wenigen erfahrenen Zugängen und Spielern aus der eigenen Jugend entwickelte sich eine Mannschaft, die hintereinander überraschend die Plätze acht (Saison 2004/2005) und vier (2005/2006) erreichte.

Doch nicht alle Löwen konnten sich mit dem neuen Weg identifizieren. Nur noch 50 passive Mitglieder unterstützen den Klub, der vor drei Jahrzehnten Zehntausende begeisterte. „Ausländer-Verein“ war ein Urteil, das Detlef Weides nicht nur einmal hörte. Vor der Saison galt der FC bei allen A-Kreisligisten als Mitfavorit. Zurecht. Der FC spielte unter Führung von Trainer Paco Lopez viele Gegner an die Wand. Diszipliniert, technisch stark, extrem torgefährlich: Mit dieser Mischung gelang dem jungen Styrumer Team der Aufstieg bereits am drittletzten Spieltag.

Symptomatisch das letzte Ergebnis: 5:0 gegen die GSG Duisburg. Entscheidende Einzelspieler: Torjäger Burim Berisha, der als A-Jugendlicher Verbandsliga-Erfahrung in Speldorf sammelte, erzielte 21 Tore. Noch wichtiger war Kamel Bdioui, der als zweikampfstarker Spielmacher im defensiven Mittelfeld die Fäden zog. Zum Kader gehören Spieler aus Deutschland, Albanien, Tunesien und der Türkei. Trainer Lopez ist Spanier. Eine Multikulti-Truppe, die zum Verein und zum Stadtteil passt. Weides: „Der Aufstieg ist für mich keine Genugtuung. Aber eine Bestätigung dafür, dass der Weg, den wir gegangen sind, richtig war.“

Doch wie geht es weiter? Detlef Weides plant, kennt aber die Schwierigkeiten. Auch durch den Aufstieg wird die Mitgliederanzahl nicht steigen. Mit einer größeren Anzahl an Sponsoren rechnet er auch nicht. „In unserer Situation ist in der Bezirksliga Feierabend.“ Nicht geldgierig, jung, Bezug zum Stadtteil – das ist das gewünschte Spielerprofil des FC. Einer holte sich gar bei der Aufstiegsfeier einen Anpfiff von Weides ab.

„Er kam zu mir und wollte Geld haben. Da habe ich ihm sofort gesagt: Das kannst du vergessen.“ Trainer Lopez hat keine Angst vor der Bezirksliga. „Viele von uns spielen zum ersten Mal in dieser Liga. Deshalb sind sie besonders motiviert. Sie lernen neue Gegner kennen und sind die Außenseiter. Diese Rolle wird uns liegen.“ Aber Lopez weiß: „Das zweite Jahr wird viel schwieriger.“

In der Mülheimer Fußballszene wird der FC wieder beachtet. Nur Oberligist VfB Speldorf und wahrscheinlich der künftige Landesligist TSV Heimaterde stehen über den Löwen. Stadtteil-Rivale Galatasaray steigt vermutlich in die Bezirksliga ab. Außerdem in der Liga: Union Mülheim, Mülheim 07 und Tuspo Saarn. Etwas andere Lokalderbys, etwas mehr Zuschauer als zu Kreisliga-Zeiten. Doch Borussia Dortmund, Bayer Leverkusen und Alemannia Aachen werden wohl nie wieder gegen die Styrumer spielen. Das bleiben einfach nur schöne Erinnerungen.

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