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Zwischen den Polen
Die spanische Inquisition

Zwischen den Polen: Die spanische Inquisition
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Fußball ist eigentlich ein einfaches Spiel. 22 Männer jagen 90 Minuten lang einem Ball nach, und am Ende verlieren (fast immer) meine Mannschaften.

Nun kann ich es zugeben. Polen gegen Deutschland in Kiew war wohl doch zu utopisch, ein Versuch, den polnischen Pessimismus zu durchbrechen. Im Stillen habe ich trotzdem noch kurz vor der EM überlegt, mit welcher Soße ich mir, in einem solchen Falle, den frischen (Bio-)Besen zubereiten könnte. Kulinarisch gesehen sind wir mehr eine Suppennation, also vielleicht doch lieber eine Besensuppe? Schon ein Viertelfinale wäre für uns ein Erfolg geworden, anders bei unseren Nachbarn. In Gedanken bereits bei den Spaniern, machte man in Deutschland die Rechnung ohne den (italienischen) Wirt. Die lange Wartezeit auf einen Titel hält damit an. Lang ist jedoch relativ: ich dagegen warte praktisch schon mein ganzes Leben darauf, Polen irgendeine Gruppenphase überstehen zu sehen. Eine einfachere Gruppe wird es wohl nicht mehr geben.

Fernando Torres hatte sich für die italienische Hexe Verstärkung in Person seiner Tochter mitgebracht.

Sprach man zuletzt immer wieder von den deutschen Fußballmärchen, so sind die Italiener inzwischen zur bösen Hexe mutiert. Eine Hexe, der man - aus deutscher Sicht - im Jahre 1990 wohl glücklich aus dem Weg ging, denn wer weiß, was sonst passiert wäre. War die Hexe von Dortmund 2006 noch ziemlich hässlich, so zeigte sie unter der Warschauer Sonne ausnahmsweise ein neues, ein frisches, ein überraschendes Gesicht. Am Ende stand dennoch, wie immer, eine deutsche Niederlage fest. Etwas unerwartet, allerdings nicht ganz unverdient, waren damit die letzten beiden Polen endgültig aus dem Turnier ausgeschieden. Das Spannende und - je nach Perspektive - das Schöne am Fußball blieb also die Tatsache, dass man beim Anpfiff eigentlich nie weiß, wie das Spiel ausgeht, es sei denn Deutschland verliert gegen Italien oder gewinnt gegen Polen. Da spart sich selbst ein Serie A-Star den Gang zum Wettanbieter.

Jakub Wawrzyniak, nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen aktuellen polnischen Nationalspieler, wurde 1980 in Poznan geboren, kam 1996 als Diplomatenkind nach Köln und wurde 2007 Vizekonsul für Kulturangelegenheiten und Öffentlichkeitsarbeit im polnischen Generalkonsulat. Seit Kindertagen ist er bekennender Fußball-Fan und Mitglied der Leidensgemeinschaft des 1. FC Köln. "Der Glaube kann Berge versetzen" ist sein Credo - als Pole, leidenschaftlicher Anhänger seiner "Kadra" und EM-Reisender ist er sehr gläubig und für RevierSport als Gastkolumnist tätig.

Die Zeiten ändern sich: Spanien spielt (Tiki-Taka-) Catenaccio, Deutschland kann keine Entscheidungsspiele mehr gewinnen, Italien überrascht mit Offensive und Super Mario Balotelli trifft alles außer den großen Videowürfel im Warschauer Stadion, was er noch im Training sehr eifrig versuchte. Wer hätte gedacht, dass Holland ohne Punkte ausscheidet? Russland war nach dem 3-0 im Test gegen Italien und dem 4-1 Auftaktsieg gegen Tschechien bereits DER Geheimfavorit dieses Turniers. Ein lautes „Rossija, Rossija!“ ertönte anschließend aber nur noch in den ukrainischen Stadien, in klarer Abwesenheit der russischen Spieler.

Auf Seite 2: Warum Wettskandale auch gut sein können

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