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Ribbeck wird 75
„Ich bin nicht der schlechteste Bundestrainer“

Interview: Erich Ribbeck zum 75. Geburtstag
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Dass Erich Ribbeck seinen 75. Geburtstag ausgerechnet begehen muss, wenn Deutschland gegen die Niederlande antritt, ist eine Gemeinheit des Schicksals.

Denn unweigerlich wird wieder die Sprache auf sein persönliches EM-Fiasko aus dem Jahr 2000 kommen und darauf, dass er der schlechteste Bundestrainer aller Zeiten ist. Damit er auf das Schlimmste vorbereitet ist, unterhielt sich Ribbeck mit uns schon jetzt über den Super-GAU des deutschen Fußballs und darüber, wie verheerend er wirklich war.

Erich Ribbeck, wie kamen Sie eigentlich aus dem Ruhestand direkt auf die Trainerbank der A-Nationalmannschaft?

Was heißt Ruhestand? Es ist ja nicht so, dass man sich irgendwo in die Ecke setzt und aufs Sterben wartet, wenn man als Trainer aufhört. Ich habe weiter Anteil am Geschehen genommen und Spiele gesehen. Als Rentner habe ich mich nicht gefühlt. Aber ich habe tatsächlich nicht damit gerechnet, noch einmal einzusteigen.

Wie lief die Kontaktanbahnung ab?

Ich bekam einen Anruf von Horst R. Schmidt, dem damaligen DFB-Generalsekretär. Ich musste die Entscheidung relativ schnell treffen und hatte vielleicht einen halben Tag Bedenkzeit. Mein Bauchgefühl sagte, dass ich es machen sollte – ebenso wie meine Frau und die wenigen Freunde, die etwas von dem Geschäft verstehen.

Zur Person: Erich Ribbeck (* 13. Juni 1937 in Wuppertal) machte nach Spielerstationen beim Wuppertaler SV und Viktoria Köln erst als Trainer richtig Karriere. Nachdem er als Assistent von Hennes Weisweiler bei Borussia Mönchengladbach begann, betreute er Rot-Weiss Essen, Eintracht Frankfurt, den 1. FC Kaiserslautern, Borussia Dortmund, Bayer Leverkusen und Bayern München. Sein größter Erfolg war der UEFA-Cup-Sieg 1988 mit Leverkusen. Nachdem er sich schon zur Ruhe gesetzt hatte, wurde er 1998 Trainer der Deutschen Nationalmannschaft, die er bis zum Vorrunden-Aus bei der EM 2000 betreute. Heute lebt er abwechselnd auf Teneriffa und in Pulheim.

War es im Nachhinein ein Fehler?

Für mich war es schwierig, weil ich während der Saison Bundestrainer wurde – ein einmaliger Vorgang. Jürgen Klinsmann hatte es mit zwei Jahren Vorbereitungszeit einfacher. Er konnte experimentieren und auch mal jüngere Spieler testen. Ich hingegen befand mich in einer Extremsituation: Drei Wochen nach meinem Amtsantritt stand schon das EM-Qualifikationsspiel in der Türkei an. Da hatte ich kaum Möglichkeiten, Risiken einzugehen.

Aber war es denn nicht ein Risiko, auch während der EM noch an Lothar Matthäus als Libero festzuhalten?

Matthäus war für mich ein sehr wichtiger Spieler, aber ich habe eines unterschätzt: Er ist Anfang 2000 nach New York gewechselt. So lange Matthäus in München war, war Ruhe bei den Bayern-Spielern. Aber nachdem er weg war, sah sich jeder bemüßigt, eine Führungsrolle zu übernehmen. Matthäus’ Stellung war geschwächt, weil die anderen ihn nicht mehr täglich gesehen haben.

Muss man sich das wie bei Thomas Hobbes vorstellen: Der Mensch als des Menschen Wolf?

In dieser Gruppe haben sich Dinge abgespielt, die dann nach außen sichtbar wurden. Bei Misserfolg wird so etwas eben eher sichtbar. Denn dann haben die Reservisten auch eine Berechtigung, zu fragen: „Warum spielt der und nicht ich?“

Auf Seite 2: Erich Ribbeck über taktische Systeme und schäumende Portugiesen

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