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Fünf Engel für Fortuna - Frauenpower im Fanblock

Fünf Engel für Fortuna - Frauenpower im Fanblock
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"Ey, geh doch mal drauf. Der Elfer steht frei!" Zu spät, niemand hat auf Jenny gehört. Bitter für die Düsseldorferin. Schade auch für ihr Team.

"Ey, geh doch mal drauf. Der Elfer steht frei!" Zu spät, niemand hat auf Jenny gehört. Bitter für die Düsseldorferin. Schade auch für ihr Team. Soeben hat Bochums tschechischer Stürmerstar Vratislav Lokvenc zum 3:1 für den VfL eingenetzt - und damit das Aus für Fortuna Düsseldorf in der ersten Runde des DFB-Pokals besiegelt.

Ärgerlich für die Studentin aus dem Fanclub "Girls United", aber Niederlagen ist sie gewohnt. Die 21-Jährige ist seit ihrer Kindheit Fortuna-Fan und hat schon die glorreichen Bundesliga-Jahre mitgemacht. Wenn auch eher passiv, denn "damals war ich noch so klein, dass ich überhaupt nicht wusste, wer da spielte." Ihr Vater hat sie mit ins Stadion geschleppt, in den Familienblock. Doch irgendwann hat er die Lust an seinem Verein verloren. Das war in etwa zu der Zeit, als der frühere Deutsche Meister bis in die Oberliga abstieg.

Um Jenny war es da schon geschehen, die rot-weiß gekleideten Kicker ließen sie nicht mehr los. Statt mit der Familie ging sie fortan mit ihren Freundinnen ins Stadion. Und wurde immer fanatischer. Bis sie schließlich zu fünft in einen Fanclub eintraten, in dem bis dato nur Jungs zu Hause waren. Die kamen mit dem weiblichen Zuwachs kaum klar, wollten die Männerdomäne nicht hergeben. "Wir haben uns nie so richtig akzeptiert gefühlt", erklärt Jennys Freundin Domenique, was dann passierte. "An einem Abend im November 2000 haben wir fünf Mädchen ein Banner für unseren Verein gebastelt und dabei gemerkt, dass es auch ohne Jungs geht - sogar besser." Mit der Fertigstellung der Zaunfahne war auch die Gründung ihres eigenen Fanclubs besiegelt.

Die "Girls United" waren geboren - und die Mädels ließen dem vielversprechenden Namen, angelehnt an die gleichnamige Cheerleader-Komödie, Taten folgen. Jenny, Domenique, Jacqueline, Nicole und Jeanette besitzen seit Jahren eine Dauerkarte, gaben sich - vielleicht auch aufgrund ihrer himmlischen Geduld mit der Mannschaft - den Beinamen "Engel". Und begleiten ihr Team auch zu den Auswärtsspielen. "Wir fahren überall hin, egal, ob nach Köln oder Chemnitz", berichten die ungewöhnlichen Anhängerinnen nicht ohne Stolz. In ihrer Begeisterung machten sie auch vor den Jugend- und Reservemannschaften der Fortuna nicht Halt. Das hat sich mit dem Aufstieg in die Regionalliga erledigt, die Spiele laufen nun meist zeitgleich. "Und außerdem ist der Eintritt für Vereinsmitglieder nicht mehr kostenlos", beschwert sich Domenique.

Egal, der Liebe zu ihrem Verein tat das keinen Abbruch. Und die Zuneigung beruht durchaus auf Gegenseitigkeit. "Vor etwa drei Jahren hat uns Tom Koster, der Pressesprecher, angesprochen", gibt Jenny zu Protokoll. Was folgte, war eine Ausweitung ihres Engagements. Seitdem sind die Schönheiten auf offiziellen Anlässen präsent, verkaufen Lose bei Saisonauftakts-Feiern, kellnern bei den Jahreshauptversammlungen und überhören die blöden Sprüche.

"Mitlerweile werden wir von den anderen Fangruppen recht gut akzeptiert, am Anfang standen sie uns aber schon skeptisch gegenüber", mussten sich die Mädels ihre Anerkennung erst erarbeiten. Dabei sind die "Girls United" keine Konkurrenz für andere Gruppen. "Wir wollen unter uns bleiben, kennen uns schon seit dem Kindergarten. Es gab schon ein paar Anfragen von weiblichen Fans, aber die haben wir alle abgelehnt", nehmen die Freundinnen keine neuen Mitglieder auf.

Und auch im Privatleben sind die Aufnahmebedingungen für potenzielle Partner hoch. Ob es nur ein Zufall ist, dass ihr männlicher Gegenpart auch für Düsseldorf schwärmt, wissen die Mädels nicht. Ihre Freunde lernten sie jedenfalls alle über die gemeinsame Leidenschaft kennen. Aber Händchen haltend die Spiele mit dem Anhang zu verfolgen, das wäre nichts für sie, wie Nicole betont: "Wir fahren mit unseren Freunden bis vor das Stadion. Aber drinnen wollen wir unter uns sein und unser eigenes Ding durchziehen."

Dass sie auch sonst so gar nicht ins typische Klischee des betrunkenen Kuttenträgers passen, lässt sich nicht bestreiten. Nur Jenny hat eine Düsseldorf-Jacke an, die anderen kommen komplett in zivil. "Wir tragen öfter mal Pins, im Winter natürlich auch einen Fortuna-Schal", wollen die Amazonen nicht zu sehr den Fan raushängen lassen. Dafür gibt es aber auch eine Erklärung, die besonders in der Mode-Metropole zieht: Nach den Spielen wird in der Altstadt gefeiert, und mit Trikot kommt man dort in keinen Club, der nichts mit Fußball zu tun hat.

An diesem späten Nachmittag gibt es für die Mädels nicht viel zu feiern. Das Spiel ist vorbei, Bochum hat die Kö-Städter aus dem Pokal geworfen. "Egal, unser Team hat alles gegeben, das ist die Hauptsache", verzeihen sie auch Niederlagen, wenn der Einsatz stimmt. Die Balljungen sammeln das Arbeitswerkzeug der Profis ein. Auf ihren Jacken steht das Motto vom Sponsor, den Toten Hosen: "Bis zum bitteren Ende". Und irgendwie gilt das auch für die "Girls United".

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