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Düsseldorf: Initiative „Stonn op“ kämpft für Stehplätze
„Fankurve mit Sitzplätzen ist blanker Hohn“

Düsseldorf: Initiative „Stonn op“ kämpft für Stehplätze
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Man stelle sich vor die Gelbe Wand in Dortmund wäre keine Wand mehr, weil alles sitzt. Man stelle sich, vor in der Nordkurve auf Schalke gäbe es bei Bundesligaspielen keinen einzigen Stehplatz. Diese Vision, die FIFA-Präsident Sepp Blatter frohlocken und den Kurvengänger erschaudern lässt, ist für die Fans der Düsseldorfer Fortuna bittere Realität.

Die Stehplatz-Diskussion mag dem ein oder anderen Fortuna-Fan vorkommen, wie eine unendliche Geschichte oder gar eine Farce. Im April 2004 wurde den Anhängern vom damaligen und mittlerweile verstorbenen Oberbürgermeister Joachim Erwin auf der Jahreshauptversammlung „Stehplätze ab Liga zwei“ versprochen.

Die Fortuna-Fans wollen stehen (Foto: "Stonn op").

Der Umbau könnte also nun beginnen. Fünf Jahre später stellt sich die Sachlage jedoch deutlich komplizierter dar, denn anscheinend weiß niemand in der Landeshauptstadt so richtig, ob eine Stehplatzkurve in der Arena überhaupt statisch möglich ist.

Die Stehplatz-Initiative „Stonn op“ hat sich auf die Fahnen geschrieben, für eine Stehkurve im Unterrang auf der Süd-Tribüne und im Gästeblock zu kämpfen. Ein erster Erfolg konnte bereits verzeichnet werden: Eine Machbarkeitsstudie soll nun Klarheit bringen, ob es einen Umbau geben kann und was dieser Kosten würde. Bernd Schwickerath, Sprecher der Stehplatz-Initiative, stand RevierSport Rede und Antwort.

Herr Schwickerath, wie ist der aktuelle Stand der Dinge zum Thema Stehplätze?

Wir sind auf einem guten Weg. Wir von 'Stonn op' haben uns selber vier Ziele gesetzt, von denen wir drei schon realisiert haben. Zunächst ging es darum, die eigene Fanszene wieder für das Thema zu sensibilisieren und geschlossen aufzutreten. Dann wollten wir das Thema wieder in die öffentliche Diskussion bringen. Schritt drei war, dass die Machbarkeitsstudie endlich in Auftrag gegeben wurde, damit trotz der vielen widersprüchlichen Aussagen der vergangenen Jahre endlich Klarheit über die baulichen Voraussetzungen herrscht. All das haben wir nun erreicht, während Fortuna durch den Aufstieg auch sportlich die "Voraussetzungen" erfüllt hat. Jetzt liegt es an der Stadt und der Betreibergesellschaft, ihren Teil der Abmachung einzuhalten, ganz gleich, wie die Machbarkeitsstudie ausfällt.

Warum ist der Umbau so wichtig? Reicht der Status Quo nicht aus? Immerhin stehen ja trotzdem alle auf der Südtribüne.

Resultat der bisherigen Verhältnisse: Demolierte Sitzschalen (Foto: "Stonn op").

Nein, die jetzige Situation ist absolut unbefriedigend und auch sehr gefährlich. Es gibt mehrere gute Gründe, die dafür sprechen, dass der Umbau erfolgen muss: Zunächst einmal ist eine Fankurve mit Sitzplätzen blanker Hohn. In einem Fanblock muss eine gewisse Bewegungsfreiheit sein, um eine Gruppendynamik und Emotionen entstehen zu lassen. Ich vergleiche das immer gerne mit einem Konzert. Man muss sich nur die Veranstaltungen anschauen, die vollständig bestuhlt sind. Da ist nichts los. Gibt es aber Stehplätze, geht da häufig die Post ab. Und gerade in unserem eigenen Block, in dem wir alle 14 Tage stehen, wollen wir Bewegungsfreiheit. Nur so können wir unseren Verein so frei, wild, bunt und kreativ unterstützen, wie er es verdient hat.

So wie es in Düsseldorf derzeit nicht möglich ist?

Genau. Aktuell kann man sich im Block einfach nicht frei bewegen. Wir wollen aber hüpfen, klatschen und Fahnen schwenken ohne ständig Angst haben zu müssen, gegen die lästigen Sitze zu knallen. Ein weiterer wichtiger Grund sind die Kartenpreise. Die günstigste Karte kostet ohne Ermäßigung 13 Euro. Das ist für einen Sitzplatz nicht teuer, aber keiner der Jungs und Mädels auf der Südtribüne nimmt seinen Sitz in Anspruch. Gerade sozial schwache Fortuna-Fans können sich diese Kartenpreise nicht mehr leisten. Und ist es nicht die wichtigste Aufgabe eines Fußballvereins, den Kindern der Stadt eine Art Heimat und einen Identifikationspunkt zu bieten? Wenn diese oder sozial Schwächere ausgegrenzt werden und sich das Publikum auf unseren Tribünen nur nach dem Einkommen zusammensetzt, stirbt die Fankultur langsam aus.

Wie sieht es mit den Gefahren aus? Gab es schon Verletzte?

Nein, zum Glück ist noch nichts wirklich Schlimmes passiert, aber das war bisher reiner Zufall. Die schlimmsten Verletzungen waren bisher „nur“ geprellte und aufgeschürfte Schienbeine. Die Fans stehen halt sehr dicht beisammen. Man hat aber keine Möglichkeit auszuweichen, weil eben die Sitze alles versperren. So kommt es häufig vor, dass die Fans dort mit den Beinen anschlagen oder, wenn es schlimmer kommt, darüber fallen. Wenn einmal eine menschliche Lawine ins Rollen kommt, kann es sehr schnell zu einer Katastrophe kommen.

Sehen Sie weitere Gefahren im Stadion?

Trotz bunter Sitze nicht zu übersehen: Das Transparent der Initiative "Stonn Op" (Foto: "Stonn op").

Ja! Ein weiteres Gefahrenpotenzial hat man beim Gastspiel von Bayer Leverkusen gesehen, als im Gästebock fast bei jedem Spiel ganze Sitzreihen rausgerissen wurden. Da es keine Zwischenstufen gibt, geht es da sehr steil und tief runter und das ohne Wellenbrecher. Da hätte auch mal schnell ein ganzer Pulk beim Feiern zusammenfallen und runterstürzen können. Ganz davon abgesehen, dass der Wiedereinbau ein nicht zu unterschätzender Kostenfaktor für den gastgebenden Verein ist.

'Stonn op' wurde im Januar 2009 ins Leben gerufen. Warum erst so spät?

Zunächst wurde bereits im Januar 2003 die Initiative „Pro Stehplatz“ gegründet. Leider schlief die Sache in den letzten beiden Jahren ein bisschen ein. Wir hatten aufgrund der sportlichen Enttäuschungen in diesen Jahren einfach die Köpfe nicht frei. Im Januar kamen dann die beiden Hauptkämpfer für Stehplätze auf die aktive Fanszene zu und haben gesagt, dass der Protest einen Neuanfang brauche. Dann haben wir uns mit allen großen Dachverbänden, Gruppen und Einzelfanklubs zusammengesetzt und eine neue Kampagne unter 'Stonn op' beschlossen.

Was erhoffen Sie sich durch die Initiative?

Wir haben uns erhofft, so die Kurve wieder wachzurütteln und die Fanszene zu mobilisieren. Das ist uns gelungen. Es stehen alle Fanverbände, sowie Fans quer durch die Kurve hinter uns. Wie schon oben erwähnt, war das zweite Ziel, die Öffentlichkeit auf unsere Sache aufmerksam zu machen. Auch hier können wir Erfolge verbuchen. Wir haben einige Prominente für unsere Sache gewonnen. Manni Breukmann, Georg Koch und die ehemalige Oberbürgermeisterin Marlies Smeets sind unter anderem für uns. Die Machbarkeitsstudie ist der bisherige Höhepunkt und mündet hoffentlich in dem längst überfälligen Umbau.

Wie geht es weiter?

Wir müssen abwarten, was die Studie bringt. Joachim Erwin hatte Stehplätze versprochen und mehrfach beteuert, dass die Statik für Stehplätze berechnet worden sei. Von Seiten der Arena wurde aber mehrfach anderes behauptet. Eins steht fest: Egal wie das Gutachten ausfällt, die Lokalpolitik wird sich an Erwins Versprechen messen lassen müssen. Ist der Umbau statisch möglich, muss er sofort beginnen. Ist er es nicht, müssen die für diesen Fehler gerade stehen, die ihn begangen haben. Denn das Stadion war für wandelbare Steh- und Sitzplätze ausgeschrieben, also müssen die Fans nun endlich das bekommen, was in so gut wie jedem anderen deutschen Stadion ganz normal ist.

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