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Einmal Ruhm und zurück – Jörg Mielers, der vermeintliche Nachfolger von Olaf Thon
Heimatgefühle in Dorstfeld

Jörg Mielers: Der vermeintliche Nachfolger von Olaf Thon
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Wir schreiben den 21. Mai 1988. Es ist 17.15 Uhr im Gelsenkirchener Parkstadion: So eben hat Hans-Peter Dellwing die Partie zwischen Schalke 04 und Werder Bremen beim Stand von 1:4 abgepfiffen. Damit war der dritte Abstieg der Königsblauen aus der Bundesliga innerhalb von nur acht Jahren besiegelt.

Kollektives Entsetzen und ein Meer von Tränen nicht nur bei den treuen Anhängern des Revierklubs. Nein, da liegen sich auch gestandene Kicker wie Harald „Toni“ Schumacher und der aufgehende Stern von S04, Olaf Thon, traurig in den Armen. Und mit ihnen leidet auch ihr aus Dortmund stammender Mannschaftskamerad Jörg Mielers.

Knapp 21 Jahre später sitzt der inzwischen 44-Jährige ganz entspannt im Klubhaus des Dortmunder A-Ligisten Eintracht Dorstfeld, bei dem er als Sportlicher Leiter fungiert, und blickt locker auf diesen Tag zurück.

Mielers plaudert über seine kurze, aber intensive Zeit als Profi, die nach nur drei Jahren ein abruptes Ende fand. Zwar schwingt in seinen Worten ein wenig Wehmut mit, doch von Verbitterung über das frühe Ende eines Lebenstraums fehlt jede Spur: „Nach der niederschmetternden Diagnose habe ich mich zwei, drei Monate richtig hängen lassen, bin dann aber wieder aufgestanden, denn es musste ja weitergehen.“

Und es ging weiter: Mielers schulte zum Bürokaufmann um, fand eine Anstellung in der Dortmunder Finanzverwaltung und baute sich eine Existenz fernab des Sports auf. Seine ungewöhnliche Karriere als Fußballer begann als Knirps beim VfL Hörde. Anschließend spielte er erfolgreich für die damals besten Dortmunder Jugendklubs TuS Eving-Lindenhorst und VfR Sölde.

In dieser Zeit lernte Mielers auch das Thon kennen. Eine Bekanntschaft, die sich Jahre später noch als fruchtbar herausstellen sollte. Erst einmal standen jedoch noch einige Jahre Seniorenfußball im Amateurbereich auf dem Plan: „Mit dem VfR Sölde bin ich damals in die Verbandsliga aufgestiegen“, erinnert sich der Kopfballspezialist. Zu der Zeit habe er aber bereits nicht mehr an eine Profikarriere geglaubt, versichert „Rambo“, wie man ihn später auf Schalke nannte. „Daher bin ich 1986 nach Hombruch in die Bezirksliga gewechselt. Da wurde gut bezahlt.“

Als viel wichtiger stellte sich jedoch die Bekanntschaft zum dortigen Trainer heraus. Der hieß Amand Theis und war ehemals Profi beim BVB 09. Und Theis pflegte immer noch gute Kontakte zur Borussia. „Daher kam Trainer Reinhard Saftig oft bei uns am Trainingsplatz vorbei“, erinnert sich Mielers. Saftig war wohl von den Leistungen des 23-Jährigen beeindruckt. Die Konsequenz: Mielers sollte zum Sommer 1987 einen Zwei-Jahres-Vertrag beim BVB erhalten. „Doch dann überschlugen sich die Ereignisse“, beschreibt Mielers die nächste Zeit. „Plötzlich stand auch der VfL Bochum auf der Matte. Dort sollte ich allerdings schon zur Winterpause anheuern.“

Letztlich ging es noch schneller. „Nach einem Spiel mit Hombruch klingelte abends mein Telefon. Thon war dran und sagte, ich solle am nächsten Morgen zum Probetraining auf Schalke kommen.“

Reichlich nervös erschien der Dortmunder am Parkstadion. Doch der damalige S04-Coach, Rolf Schafstall, sagte ihm, er solle ganz locker bleiben und einfach nur mittrainieren. Und dann folgte der alles entscheidende Moment, wie Mielers verrät. „Flankentraining war angesagt. Ich sollte im Strafraum vor Keeper Schumacher ein bisschen die drei Angreifer stören. Allerdings brauchte Toni kaum einen der von Rüdiger Abramczik hereingeschossenen Bälle gehen. Ich war meist vorher schon mit dem Kopf dran.“

Was Mielers zu der Zeit allerdings noch nicht wusste: Der mächtigste Mann auf Schalke, Günter „Oskar“ Siebert, hatte die gesamte Szenerie beobachtet.

Im Anschluss an das Training beorderte der S04-Präsident den Kicker postwendend in sein Büro. Sieberts knappe Aussage klingelt dem 44-Jährigen noch heute in den Ohren: „Junge, morgen gehst du nicht mehr arbeiten, sondern erscheinst hier pünktlich um Zehn zum Training“, wiederholt Mielers. „Ich erhielt einen Zwei-Jahres-Vertrag. Da kommt man sich natürlich dann vor wie im Traum.“

In der folgenden Saison 1987/88, an deren Ende der bittere Abstieg für die „Knappen“ stand, kam Mielers zu seinen drei ersten - und einzigen - Erstliga-Einsätzen. In der anschließenden Zweitliga-Saison erarbeitete sich der robuste Mittelfeldspieler aber sofort einen Stammplatz: „Das war meine Glanzzeit. Da haben mich viele schon als Thons Nachfolger gesehen.“

Doch es sollte anders kommen. Beim Abschlusstraining vor dem 13. Spieltag zog sich der Dortmunder eine folgenschwere Verletzung zu. „Beide Außenbänder waren gerissen, die Kapsel total zerfetzt und auch das Kreuzband zeigte Schäden.“ Ein Totalschaden. Der Comeback-Versuch scheiterte. „Ich musste mich erneut einer OP unterziehen. Dabei hat der behandelnde Professor ein etwa Fünfmarkstück großes Loch in meinem Knie festgestellt: Knochenfraß.“ Damit war das Ende seiner kurzen Karriere besiegelt.

Durch die Familie landete er auch bei Eintracht Dorstfeld. Der Vorort-Verein verfügt über ähnliche Strukturen wie er sie zuhause liebt. „Wir sind hier eine große Familie“, stellt Mielers beim Verlassen des Klubhauses heraus, „daher bin ich heute auch überhaupt nicht traurig, dass meine Karriere so zu Ende gegangen ist.“

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