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Stindl verdient sich Nominierung für Deutschland

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Gladbach: Stindl verdient sich Nominierung für Deutschland
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Kapitän Lars Stindl ist der Mann der Stunde bei Borussia Mönchengladbach. Nun ist er auch ein Kandidat für die deutsche Nationalmannschaft.

Die Szene vor dem Pokalspiel in Hamburg war herzzereißend: Der kleine Junge stand mit roter Kappe eingeklemmt beim Schiedsrichtergespann, als die Spielführer die Seitenwahl zwischen dem HSV und Mönchengladbach ausknobelten, und wartete nur auf den einen Moment. Auf den Moment, dass Lars Stindl, der Gladbacher Kapitän, ihm die Hand gibt. Ihm, dem Einlaufkind. Doch Stindl, ein Gentleman durch und durch, sieht den Knirps nicht. Unverrichteter Dinge schaut der Junge unter seiner roten Kappe in die TV-Kameras. Seine traurigen Augen treffen das Millionenpublikum mitten ins Herz. Und die Geschichte geht noch weiter.

Lars Stindl hatte seine Gladbacher längst mit seinem Elfmetertor ins Pokal-Halbfinale geführt, als er vom Malheur des Jungen erfuhr. Die Betreuer drängten die Mannschaft im Volksparkstadion Richtung Bus, um noch den Flieger nach Hause zu erreichen. Da schrieb Lars Stindl entschuldigend auf Twitter: „Sorry!! Bin auch immer noch nervös vor so einem Spiel!“ Darunter: das Foto mit ihm und seinem grünen Trikot — Borussia Mönchengladbach will es dem Jungen „als kleinen Trost“ schenken. Hundertfach wird dieser Tweet geteilt. Stindl hat auch diese Situation gemeistert.

Manchmal ist man zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort. Er kennt das aus eigener Erfahrung. Er war zum Beispiel nicht im Juni 2009 in Malmö, sondern im August 2009 in Kiew. Dann kann es passieren, dass man das Trikot der deutschen U21-Nationalelf trägt, aber neben Philipp Bargfrede und dem aktuellen Herthaner Sebastian Langkamp aufläuft und nicht neben Mesut Özil und Manuel Neuer. Dann hat man Pech gehabt. Dann verliert man gegen die Türkei 1:3 und siegt nicht im U21-EM-Finale gegen England 4:0. Dann gehört man nicht zur goldenen Generation, obwohl man vielleicht das Zeug dazu hätte. Und wird später nicht Weltmeister.

Lars Stindls letzter Einsatz für Deutschland war im August 2009 in Kiew beim Test der U21-Auswahl – einen Monat nach deren EM-Sieg in Schweden, von dem man heute sagt, er habe das Team um Özil und Neuer erschaffen, das 2014 in Brasilien Weltmeister wurde. Stindl war da nicht dabei. Er ging vom Karlsruher SC nach Hannover, war dort ein braver, guter Profi. Aber für Deutschland spielte er nie mehr.

Heute sagt sein Trainer Dieter Hecking unter dem Eindruck von drei Spielen, die Mönchengladbach in eine neue Dimension beförderten: „Er trifft in den wichtigen Momenten die richtigen Entscheidungen. Er hat einfach einen Lauf. Das kann man so sagen.“

Zuerst erzielte Stindl vorige Woche beim 4:2 in Florenz drei Tore und bewirkte das Wunder in der Europa League, um ins Achtelfinale einzuziehen. Dann verarbeitete er den Ärger um ein Handtor beim 2:0 in Ingolstadt, indem er beim Pokalspiel in Hamburg am Mittwochabend (Endstand 2:1) den vorentscheidenden Elfmeter verwandelte. Und das, obwohl er gegen Hamburg in der Bundesliga schon verschossen hatte. Er war der Matchwinner: Mönchengladbach steht erstmals seit 2012 wieder in einem Pokal-Halbfinale.

Stindl sagte hinterher ehrlich: „Natürlich hatte ich das alles im Hinterkopf. Und bin froh, dass ich das ausblenden konnte.“ Nicht nur Hecking ist voll des Lobes. DFB-Präsident Grindel zeichnete Stindl als besten Spieler des Spiels aus. Die Fans hatten ihn gewählt.

Nun ist Lars Stindl seit zwei Spielzeiten in Mönchengladbach, und plötzlich finden viele, er gehöre in die Nationalelf von Bundestrainer Joachim Löw. Zumindest der Zeitpunkt ist wieder einmal unglücklich, denn Stindl ist schon nationalelf-debütantenuntypische 28 Jahre alt. Aber am richtigen Ort befindet er sich nun sicher.

In der magischen Europa-League-Nacht vom vergangenen Donnerstag traf der Kapitän, wie gesagt, dreimal zum 4:2 gegen Florenz. Drei Tage später erzielte er in der Bundesliga gegen Ingolstadt ein Tor mit dem Arm. Unabsichtlich zwar, aber wohl irregulär.

Wieder wurde wild über ihn debattiert. Nur eine Sache ist unstrittig: Stindl hat sich in Gladbach zu einem nationalelftauglichen Spieler gemausert, auf dem nun nicht nur im Pokal die Borussen-Hoffnungen ruhen. 51 Torbeteiligungen in 70 Pflichtspielen seit Sommer 2015. “Lars hat zuletzt noch mal eine Entwicklung genommen", sagt Borussias Sportdirektor Max Eberl. "Es ist bemerkenswert, wie er die Mannschaft führt."

Stindl ist der Mitreißer im Team von Trainer Dieter Hecking. Dass Gladbach mit zwölf Punkten aus fünf Spielen bisher die beste Mannschaft der Rückrunde stellt, liegt vor allem an ihm. Zum Start drehte er die Partie gegen Leverkusen nach 0:2 Rückstand mit zwei Toren. Gladbach gewann 3:2. Auch in Florenz lag Borussia 0:2 hinten, bis Stindl loslegte.

Vier Tore in den letzten vier Ligaspielen erzielte er. "Lars wächst immer mehr in die Rolle eines tollen Kapitäns hinein", sagt Hecking und meint das auf und neben dem Platz. Stindl galt bisher eher als ruhiger Vertreter. Aber führen lässt sich eben am besten durch Leistung. Und die ist konstant hoch, seit Stindl in Gladbach weilt. In den vergangenen zwei Spielzeiten war er in 70 Pflichtspielen für die Borussia an bemerkenswerten 51 Toren direkt beteiligt (27 Treffer und 24 Vorlagen). Und oft waren das keine beiläufigen Treffer zum 4:0. 18 Mal schoss Stindl in dieser Zeit das erste Tor für seine Elf – wie zuletzt gegen Ingolstadt.

Löw denkt an eine Nominierung für den Confed Cup

"Ich bin nicht unwichtig für die Mannschaft. Aber meine Spielweise ist nicht so spektakulär. Ich falle nicht durch Fallrückzieher und Geistesblitze auf", hat Stindl neulich dem Magazin "11Freunde" erzählt. Löw hat ihn dennoch nicht übersehen und könnte sich vorstellen, den Halbstürmer, der oft als hängende Spitze agiert, für den anstehenden Confed Cup in Russland (17. Juni bis 2. Juli) zu nominieren. "Das wäre eine gute Gelegenheit, Lars mal über einen längeren Zeitraum zu sehen", sagt Löw. Stindl sei technisch gut und mittlerweile eben auch torgefährlich.

Er habe weiter den Traum, einmal für sein Land aufzulaufen, obwohl er weiß, dass er für einen Löw-Neuling eigentlich zu alt ist, sagt Stindl. Es wäre ein später Durchbruch, aber er würde schon recht gut zu seiner Karriere passen. "Ich war schon in der Jugend mehr im Hintergrund", sagt Stindl. "Aber diejenigen, die damals herausstachen und im Blickfeld standen, haben es nicht nach oben geschafft. Ich konnte mich in Ruhe im Windschatten weiterentwickeln." Vielleicht bis zu Löw.

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