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"Ungerecht" - Keller kritisiert Schalke-Fans

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Union Berlin: "Ungerecht" - Keller kritisiert Schalke-Fans
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Union Berlins Trainer Jens Keller spricht vor dem Pokalspiel beim BVB auch über seinen Ex-Klub Schalke.

Der Umbruch fand unter Norbert Düwel statt, die exzessive Taktikschulung unter Sascha Lewandowski, und André Hofschneider gab den Profis des 1. FC Union ihr Selbstvertrauen zurück. Doch erst Jens Keller legt seit Sommer den taktischen Rahmen um jenes Bild, das einmal den Titel „Bundesliga-Aufstieg“ tragen könnte. Die Berliner Morgenpost sprach vor dem DFB-Pokalspiel am Mittwoch bei Borussia Dortmund (20.45 Uhr, Sky) mit dem 45-jährigen Trainer des Fußball-Zweitligisten. Wie fühlt man sich als künftiger Aufstiegstrainer des 1. FC Union? Jens Keller: (lacht) Die Frage ist schon völlig daneben. Das ist noch eine harte Saison, und deswegen reden wir gar nicht über Aufstieg. Man muss immer realistisch sein: Der Verein war nie besser als Sechster, warum sollen wir jetzt so souverän vorn dabei sein? Jetzt schon von Aufstieg zu reden, wäre sehr vermessen.

Die Entwicklung, die die Mannschaft unter Ihnen begonnen hat, zeigt jedoch, dass der Traum von einem Bundesliga-Aufstieg durchaus Realität werden kann… Es ist schon so, dass wir daran arbeiten, um dieses Ziel mal zu erreichen. Wir sind ganz gut reingekommen in die Saison, auch wenn wir einige Punkte verschenkt haben. Aber mit der Entwicklung der Mannschaft bin ich sehr zufrieden. Ich glaube auch nicht, dass wir der Top-Favorit sind, andere Mannschaften haben sich besser verstärkt oder zumindest mehr Geld ausgegeben. Sie sagten aber auch, das Vereine, die das meiste Geld einsetzen, nicht zwingend aufsteigen müssen... Richtig. Aber wenn du schon viel Geld investierst in dieser Liga, dann hast du auch gute Chancen aufzusteigen. Haben Sie wenigstens ein schlechtes Gewissen? Viele alteingesessene Fans sagen, sicherlich mit einem Augenzwinkern: Das ist nicht mehr mein Union. Kaum ein Union-Jahrgang hat derart strukturiert Fußball gespielt wie der derzeitige. Das ist schön, wenn man das hört. Wir wollen ja auch einen gewissen Spielstil implementieren und sind ja nicht hier, um von Luftschlössern zu reden. Für uns ist entscheidend, dass wir an den Mechanismen arbeiten, mit denen wir Spiele gewinnen können.

Schalke hat auch ein tolles Publikum, und wenn es gut läuft, unterstützen sie die Mannschaft bis aufs Letzte. Aber es fallen doch schneller kritische Worte.

Jens Keller
Hat Sie grundsätzlich die Fankultur bei Union überrascht? Drachenbootrennen und Weihnachtssingen sind sicher nicht alltäglich… Überrascht nicht. Als die Anfrage kam, habe ich mich mit diesen sehr positiven Dingen schon auseinandergesetzt. Und beim Drachenbootrennen habe ich mich auch richtig ins Zeug gelegt, so wie ich es immer tue. Mussten Sie mit dieser speziellen Fankultur erst klarkommen? Zum Beispiel auch, dass bei Niederlagen nicht gepfiffen wird? Das ist schon toll. Aber ich glaube, was man hier auch reinbringen muss, ist, dass man auch mal kritisch mit der Mannschaft ist. Sonst denken die Spieler, sie sind in einem Schlaraffenland. Ein Profisportler muss für bestimmte Dinge auch schon mal „bestraft“ werden. Das heißt nicht, dass man uns niedermachen muss. Aber die Mannschaft sollte schon spüren, dass sie Leistung bringen muss. Eine besondere Fankultur haben Sie sicher auch während Ihrer Zeit auf Schalke erlebt. Wobei das mit den Pfiffen anders gehandhabt wurde, oder? Keine Frage. Schalke hat auch ein tolles Publikum, und wenn es gut läuft, unterstützen sie die Mannschaft bis aufs Letzte. Aber es fallen doch schneller kritische Worte. Und aus meiner Sicht werden auch teilweise Dinge ungerecht bewertet. Mit Schalke haben Sie Union zumindest zwei Dinge voraus: Spiele in der Bundesliga und bei Borussia Dortmund. Erklären Sie uns, was die Bundesliga aus Ihrer Sicht so besonders macht… Die Stadien sind immer ausverkauft oder zumindest sehr gut besucht. 60.000 Zuschauer auf Schalke, 80.000 in Dortmund, 70.000 in München – in diesen Arenen zu spielen, ist ein Riesenerlebnis. Und dann noch gegen die besten Spieler der Welt, die Bundesliga hat ja eine enorme Qualität. Wenn man Sportler ist, möchte man sich mit den Besten messen. Und das Pokalspiel in Dortmund gibt ihrem Team zumindest einen Vorgeschmack, was bei einem Aufstieg auf Union zukommt… Das stimmt, und es ist für meine Mannschaft ein neuer Schritt. Ich glaube nicht, dass viele bei Union diese Atmosphäre schon erlebt haben. Aber wir müssen aufpassen, dass die Mannschaft nicht nur die Atmosphäre aufnimmt. Das kann in Dortmund schon sehr böse sein, wenn man vor Begeisterung nur auf die Ränge schaut und sich nicht darauf konzentriert, wie wir spielen möchten. Wir wollen nicht nur einen Betriebsausflug nach Dortmund machen, auch wenn wir natürlich wissen, dass es eines der schwersten Lose ist, das man bekommen kann.

Wie beurteilen Sie die Entwicklung des BVB in den vergangenen Jahren? Waren Sie als Schalke-Trainer vielleicht auch ein wenig neidisch auf Dortmund? Als Schalker Trainer ist man nie neidisch auf Dortmund. Aber Schalke muss seit Jahren mit großen Schulden kämpfen, während die Dortmunder ihre Schulden auf einen Schlag wegbekommen haben, weil sie einfach andere Wege gegangen sind. Fans von Schalke und Dortmund pflegen eine unübersehbare Abneigung gegeneinander. Was ist Ihnen in Erinnerung geblieben aus Ihrer Schalker Zeit? Die Stimmung ist natürlich unglaublich. Schalke gegen Dortmund – das ist die Mutter aller Derbys in Deutschland, wer das mal miterlebt hat, der weiß, wie besonders das ist. Ein unschönes Erlebnis ist aber leider besonders in Erinnerung geblieben, weil die Dortmunder Fans auf Schalker Fans mit Leuchtraketen geschossen haben. Wir mussten das Spiel unterbrechen. Das darf bei so einem Fußballfest natürlich nie passieren. Sind Sie nicht auch ein wenig erstaunt über ihren ehemaligen Arbeitgeber? Trainer Markus Weinzierl durfte die ersten fünf Bundesliga-Spiele verlieren, ohne dass es eine Trainerdiskussion gab. Das haben Sie sicher anders erlebt... Natürlich. Aber das ist vielleicht auch das Entscheidende: Man muss auf Schalke verstehen, dass man einen Weg auch mal bedingungslos gehen muss. Nach fünf Spielen ist noch nichts entschieden. Man muss vielleicht auch mal ein, zwei Jahre eine Durststrecke einkalkulieren. Und das hat Dortmund vorgemacht. Dortmund hat einen Cut gemacht, mit vielen jungen Spielern gearbeitet, nicht so viel investiert und dann kontinuierlich eine Mannschaft unter Jürgen Klopp aufgebaut. Auf Schalke ist es immer ein Zwischending. Man braucht den sportlichen Erfolg, um finanzielle Dinge zu begleichen, möchte aber auch immer wieder einen Umbruch vollziehen. Das ist ein schmaler Grat.

Wie beurteilen Sie grundsätzlich die Entwicklung beim Umgang mit Trainern? Bruno Labbadia (Hamburg), Viktor Skripnik (Bremen) und Jos Luhukay (Stuttgart) sind schon nach wenigen Saisonspielen ihre Ämter los. Das ist nicht gesund. Aber die Medien erhöhen auch den Druck auf den Verein, wenn zum Beispiel dreimal in Folge verloren wurde. Da ist ein Verein dann machtlos und muss fast handeln, weil der Druck von außen so groß wird. Das trägt dazu bei, dass der Trainermarkt so ist, wie er ist. Hört sich so an, als bräuchte man als Trainer ein dickes Fell... Das braucht man. Der Job macht Spaß, aber man weiß auch, dass man täglich auf gepackten Koffern sitzt. Es ist dennoch nicht so, dass man heult und jammert, man verdient ja auch gutes Geld. Aber viele Dinge sind auch unmenschlich in dem Job. Ich habe einiges erlebt auf Schalke. Was da teilweise in der Presse gestanden hat... Trainer sind auch Menschen und haben Familie und Kinder. Und auch Kinder müssen damit durch das Leben gehen, was nicht einfach ist. Das sollte nie vergessen werden. Stichwort: Dickes Fell – bei Union sieht man sie die Spiele immer recht entspannt an der Seitenlinie verfolgen… Mich regen schon viele Dinge auf. Aber ich muss ja auch mit kühlem Kopf auf die Mannschaft einwirken. Da bringt es doch nichts, wenn ich draußen rumkaspere. Sonst macht man die Mannschaft nur noch nervöser oder gibt ihr Alibis. Das ist einfach meine Art. Sie haben sich als demokratischer Diktator beschrieben. Worauf muss man sich als Spieler einstellen, wenn man Ihnen gegenübertritt? Dass ich mit der Mannschaft viel kommuniziere und sehr viel mitteile. Ich bin der Meinung, nur wenn die Mannschaft versteht, was für einen Weg wir gehen wollen, geht sie mit. Allerdings gibt es Situationen, wo man Entscheidungen treffen muss. Die treffe ich dann auch knallhart. Die Union-Profis scheinen jedenfalls schnell verinnerlicht zu haben, was Sie wollen. Wie schnell war Ihnen bewusst, dass die Mannschaft Ihrer Spielidee folgt? Es ging relativ schnell, bis wir die Mannschaft hinter uns hatten. Dass sie versteht und umsetzt, was wir immer wieder wollen, ist natürlich ein Lernprozess. Wir müssen alles einfach immer wiederholen, bis sich die Abläufe so eingeprägt haben, dass sie selbstverständlich sind. Selbst als wir die drei ersten Spiele nicht gewonnen haben, hat die Mannschaft gewusst und daran geglaubt, was wir machen. Klingt so, als könnten Sie sich doch bald als Unions Aufstiegstrainer feiern lassen… Lassen Sie uns mal bis Mai spielen. Aber ich würde natürlich nicht Nein sagen.

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