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GTSV Essen
Wenn Fußballer nicht hören

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GTSV Essen, GTSV Essen Foto: Michael Ketzer
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Die Gehörlosen-Fußballer des GTSV begeisterten bei der Essener Hallenstadtmeisterschaft. Dennoch haben die Spieler mit Diskriminierungen zu kämpfen.

Den Auftakt in der Halle hatten sich die Fußballer des GTSV Essen anders vorgestellt. Etwas unglücklich ging die Partie gegen TuS Helene mit 2:3 verloren. Während die Akteure vor den rund 1000 Zuschauern in der ausverkauften Sporthalle in Essen-Bergeborbeck nervös wirkten, verschränkte Sebastian Laubner die Arme. Trotz der Niederlage blieb er nahezu still. Und das hat einen guten Grund. Denn als Trainer des Gehörlosen- Turn- und Sportvereins 1910 Essen kommt er mit lautstarken Anweisungen nicht weit.

Diese Erfahrung hat der Linienchef in seinem ersten halben Jahr beim GTSV gemacht. „Daran musste ich mich erst gewöhnen“, räumt Laubner ein. An den nötigen Stellschrauben drehte er im Anschluss in der Kabine – mit Erfolg. Seine Mannschaft gewann die anschließenden beiden Spiele. Der Lohn war der Gruppensieg und tosender Applaus von den begeisterten Zuschauern. „Eine tolle Leistung und eine großartige Werbung für unseren Klub“, jubelte Laubner.

Der neue Trainer ist selbst nicht gehörlos, im Gegensatz zu seiner kompletten Mannschaft. Beim GTSV dürfen nur Fußballer mitwirken, die einen Hörverlust von mindestens 50 Dezibel auf beiden Ohren nachweisen können. Einzelne Spieler können mit Hilfe eines Gerätes hören, andere sind komplett taub. Die Kommunikation erfolgt fast ausschließlich über die Mimik oder durch Übersetzungen in die Gebärdensprache, die Laubner seit einigen Monaten an der Volkshochschule erlernt. „Das war für mich eine Selbstverständlichkeit, die Sprache meiner Spieler zu erlernen“, sagt der Trainer.

Seit Saisonbeginn nimmt der GTSV als bundesweit erster Gehörlosen-Verein am regulären Spielbetrieb des Fußballverbandes teil – anfangen aber musste er ganz unten in der Kreisliga C. Dabei sind einige Spieler für diese Klasse erkennbar überqualifiziert – was sich gerade bei der Hallenstadtmeisterschaft zeigt. Dass sich die Mannschaft mittlerweile mit hörenden Teams messen kann, hat sie Benjamin Christ zu verdanken. „Wir wollten uns unbedingt mit hörenden Mannschaften messen. Dieser Wunsch ist in Erfüllung gegangen“, betont der Kapitän.

Die Schiedsrichter nutzen Fahnen Christ verwirklichte seine Idee mit Hilfe guter Kontakte im Essener Fußball. Der 27-Jährige, von Geburt an taub, ist nämlich ein richtig guter Amateurspieler. In der C-Liga brachte er es auf die sensationelle Quote von 47 Toren in 13 Partien.

Früher spielte er für den Bezirksligisten SuS Haarzopf und nebenbei für den Gehörlosen-Verein, der rund 250 Mitglieder in 15 verschiedenen Sportabteilungen zählt und bereits vier Deutsche Meisterschaften in der Gehörlosen-Liga feierte.

Unterstützung erhalten die Spieler von den Schiedsrichtern, die zusätzlich zur Pfeife auch eine Fahne benutzen. Doch nicht von allen Seiten werden die gehörlosen Fußballer respektiert. Christ berichtet, dass es auf dem Platz geschmacklose Beleidigungen gegen ihn und seine Kollegen gab.

Auch in der Halle, in der an diesem Samstag ab 13 Uhr die Vorrunde fortgesetzt wird, soll es vereinzelt solche Vorfälle gegeben haben. „Es ist traurig, welche Kommentare während der Spiele gegenüber den Gehörlosen gefallen sind. Das war eine schwache Leistung von einigen Primaten“, schrieb ein User in unserem Internetportal.

Christ hat das mitbekommen, er winkt ab. Und fügt entschlossen hinzu: „Wir werden uns nicht unterkriegen lassen. Dafür sind wir viel zu gerne Fußballer.“

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