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Schalke
25 Jahre Nichtabstieg

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S04: 25 Jahre Nichtabstieg
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Der Sensemann winkt schon, der Deckel auf dem Sarg liegt halb drauf.

Es fehlt nur noch eine Niederlage zum falschen Zeitpunkt, dann wird ein weiterer großer Traditionsverein begraben. Die Rede ist vom FC Schalke 04.

Es läuft die Saison 1988/89. Schalke ist nach 1981 und 1983 zum dritten Mal in die 2. Liga abgestiegen. Der Klub ist so was von pleite und die Stimmung am Schalker Markt noch schlechter als heutzutage beim Verpassen der Champions League. Manager Rolf Rüssmann verscheuert zwar nicht das Tafelsilber, denn davon hat Schalke keins, sondern seine besten Spieler. „Ich habe Olaf Thon und Jürgen Wegmann nach München verkauft und Klaus Täuber nach Leverkusen“, erinnert sich der inzwischen verstorbene Rüssmann in einem eingespielten Filmchen.

Beim „Abend unter Schalkern“ am Freitagabend im Medienzentrum der Arena plaudert der Journalist Jörg Seveneick (u. a. Sky und Schalke-TV) vor 150 Nostalgikern unter den S04-Fans über die sportlich bitterste Zeit des an Tiefschlägen nicht gerade armen Vereins. Die halbe Mannschaft von früher ist gekommen: Reiner Edelmann, Bjarne Goldbaek, Jürgen Luginger, Carsten Marquardt, Jörg Mielers, Günter Schlipper und Werner Vollack, außerdem „Eurofighter“ Ingo Anderbrügge und „Retter“ Peter Neururer.

Die Zuschauer vermissen zwar Spieler wie „Michael „Magic“ Prus, Rachid Belarbi oder Jens Lehmann, der damals als junger Torhüter brav auf der Bank sitzen musste, kommen aber auch ohne sie voll auf ihre Kosten. Da ist zum Beispiel der früheren Publikumsliebling Goldbaek. Der Däne hat früher beim FC Chelsea mit einem gewissen Roberto di Matteo zusammen gespielt. „Er war ein Leader auf dem Platz und abseits ein ganz netter Mensch“, sagt Goldbaek.

Neururer und seine früheren Spieler nehmen auf der Empore Platz, die schön im 80er-Jahre-Stil geschmückt ist. Trikots mit RH Alurad und Kärcher hängen auf einer Leine und sind die perfekte Deko für einen tiefen Griff in die Mottenkiste des Fußballs.

Allein schon diese Gegner: Viktoria Aschaffenburg, Spvgg. Bayreuth, Union Solingen oder Blau-Weiß 90 Berlin. Für einen Verein wie Schalke 04 vermeintlich nicht mehr als Kanonenfutter, aber die Mannschaft ist auseinander gebrochen und der vom 1. FC Köln für 750.000 DM geholte Günter Schlipper der einzige Star. „Unser Trainer Horst Franz hat mich erst einmal als linker Verteidiger aufgestellt, das war eine etwas überraschende Idee, aber ich habe da gespielt und das war offensichtlich so schlecht, dass er mich danach auf die Bank gesetzt hat. Auch okay“, erzählt „Schlippinho“ lachend.

Nach einem Fehlstart mit 4:14 Punkten wird Franz gefeuert, der vorherige Manager Helmut Kremers übernimmt übergangsweise den Job an der Seitenlinie. „Didi“ Ferner kommt zwei Wochen später, ein erfahrener Trainer, aber alles andere als ein Glücksbringer für Schalke. Ferner gewinnt vier der ersten fünf Spiele, doch der Aufschwung hält nicht an. Als Schalke Anfang April auf Platz 19 abgerutscht ist und Ferner nach einer Niederlagenserie rausschmeißt, kommt der „Messias“: Neururer.

Schalke-Fan Michael Hacke aus Velbert hatte schlecht geplant, damals im Juni 1989. Mit seinen Kumpels ist er Anfang Juni auf Mannschaftstour nach Mallorca. Cala Ratjada, wie es sich für einen ordentlichen Fußballklub gehört. Als Schalke gegen Blau-Weiß Berlin spielt, wacht er morgens schweißgebadet auf – und zwar nicht nur, weil es auf „Malle“ so heiß ist. „Ich bin zu einer Telefonzelle, damals gab es ja noch kein Handy, habe zu Hause einen Kumpel angerufen und gesagt: Mach mal Radio an, ich muss das jetzt wissen“, erzählt Hacke. „Dann habe ich ohne Ende 100-Pesetenstücke in den Schlitz geschmissen und die komplette Sendung ‚Sport und Musik’ gehört. Ich war so nervös, das kann man kaum beschreiben. Zwischendurch standen dauernd Leute vor der Zelle und wollten telefonieren, aber ich habe die alle weggejagt. Am Ende war das 20-mal teurer als eine Eintrittskarte gewesen wäre, aber ich war glücklich: 4:1 gewonnen, wir waren gerettet.“

Eine seiner ersten Aktion: ein Trainingslager in Bad Bertrich, organisiert von „Sonnenkönig“ Günter Eichberg. „Das waren die schlechtesten Bedingungen, die ich je erlebt habe, und damals waren wir wirklich nicht verwöhnt. Wir hatten eine Schweineweise zum trainieren und im Hotel gab es zwar Whirlpools auf den Zimmern, aber ansonsten nichts“, weiß Neururer zu berichten.

Der jetzige Bochumer Trainer, der für diese launige Runde eine Halbzeit beim Freundschaftsspiel seines VfL in Linden sausen lässt, lässt zwar trainieren wie ein Verrückter, kann aber den freien Fall des großen FC Schalke zunächst nicht aufhalten. Im ersten Spiel unter dem bekennenden Schalker „Pedder“, der von Alemannia Aachen ins Berger Feld kommt, setzt es eine 1:2-Niederlage bei Hertha BSC.

Nach dem 28. Spieltag ist Schalke 19. in der 20er-Liga. Die nackte Angst vor dem totalen Absturz ist in der Kabine, auf der Geschäftsstelle und bei den Fans greifbar. „In Erkenschwick, Marl und Hassel haben sie schon gesagt: Wie soll das gehen, wenn Schalke in die Oberliga Westfalen absteigt. Wo sollen wir denn gegen Schalke spielen, wenn 25.000 Zuschauer kommen“, wirft Seveneick, selbst Gelsenkirchener, ein.

Die 04 besten Sprüche des Abends

01: „Die Mannschaftsbesprechungen waren damals nicht so lange, auch nicht unter Peter Neururer, vielleicht zehn Minuten, also eine Zigarettenlänge.“ (Günter Schlipper)

02: „Kein Trainer wollte nach Schalke, nur der Peter Neururer hatte Eier in der Hose und hat uns gerettet.“ (Werner Vollack)

03: „Ich habe für Schalke meine Gesundheit geopfert, aber das war es mir wert“ (Jörg Mielers, der ständig unter Schmerzen spielte und heute ein künstliches Knie- und Hüftgelenk hat)

04: „Ich habe noch nie erlebt, wie still 72.000 Menschen sein können. Ich dachte, wir sind tot, uns gibt es nicht mehr.“ (Peter Neururer zur Atmosphäre im Parkstadion nach dem 0:1-Rückstand durch Robert Holzer im entscheidenden Heimspiel gegen Blau-Weiß Berlin)

Doch Neururer kitzelt aus den verunsicherten Spielern den letzten Rest Glauben an die eigene Stärke heraus. Schalke legt eine Serie von drei Siegen und einem Unentschieden in Serie an, ehe es nach einer 1:2-Niederlage bei Kickers Offenbach zu einem „Heimspiel“ der besonderen Art kommt. Weil am Ostersamstag bei der kuriosen 3:4-Niederlage im Parkstadion gegen Darmstadt wütende Fans den Rasen gestürmt haben, erhält Schalke eine Platzsperre. „Ich weiß noch, wie ich Schiedsrichter Michael Prengel vor den Leuten geschützt habe“, erinnert sich Vollack mit eine Mischung aus Stolz und Schaudern.

Das vom DFB verordnete „Heimspiel auswärts“ muss mindestens 150 Kilometer von Gelsenkirchen entfernt ausgetragen werden. So wird die Partie gegen Fortuna Köln vom 29. Spieltag mit vierwöchiger Verspätung am 23. Mai 1989, im Niedersachsenstadion ausgetragen. 10.000 Schalker fahren an diesem Dienstagabend nach Hannover und sterben beim 3:3 tausend Tode.

Zwei folgende Siege gegen den SC Freiburg und beim kultigen SV Meppen verschaffen Schalke Luft. Im letzten Heimspiel dieser so nervenzerfetzenden Saison reicht gegen Blau-Weiß Berlin ein weiterer Sieg zur Rettung. 66.000 Zuschauer mit einem wohl fatalen Hang zum Masochismus wollen dabei sein, wie ihr Verein dem Tod von der Schippe springt – oder den Super-GAU erlebt.

Wie die gesamte Saison, wird auch der Tag der Rettung zum morbiden Tanz über dem Abgrund. Es ist der 11. Juni 1989. Berlin geht nach einer knappen halben Stunde in Führung, die damals drittklassige Oberliga Westfalen grüßt mit Derbys in Erkenschwick, Marl und Hassel. „Ich habe noch nie erlebt, wie still fast 70.000 Menschen sein können. Da war völlige Apathie. Ich dachte, wir sind tot, uns gibt es nicht mehr“, bemerkt der nun wirklich nicht mundfaule Neururer mit einem dicken Kloß im Hals.

Dann beendet Ingo Anderbrügge, mit 14 Treffern Schalkes bester Torschütze der Saison und die Lebensversicherung des Vereins, mit seinem Tor zum 1:1 den Spuk. Am Ende steht ein 4:1-Sieg – „die Geburtsstunde des neuen Schalke“, sagt Neururer.

Dem ist nichts hinzuzufügen. Wenn einer das letzte Wort hat, dann er.

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11 1. FC Nürnberg 29 10 7 12 38:54 -16 37
12 FC Schalke 04 29 10 5 14 45:55 -10 35
13 1. FC Magdeburg 29 8 9 12 40:46 -6 33
14 SV Wehen Wiesbaden 29 8 7 14 31:40 -9 31
Pl. Mannschaft Sp g u v Tore Diff Pkt.
5 Holstein Kiel 15 9 1 5 31:22 9 28
6 Hannover 96 14 7 6 1 30:14 16 27
7 FC Schalke 04 15 8 3 4 28:19 9 27
8 Hertha BSC Berlin 15 7 5 3 39:20 19 26
9 Fortuna Düsseldorf 14 7 3 4 25:18 7 24
Pl. Mannschaft Sp g u v Tore Diff Pkt.
16 VfL Osnabrück 15 2 4 9 14:37 -23 10
17 Eintracht Braunschweig 14 3 0 11 10:24 -14 9
18 FC Schalke 04 14 2 2 10 17:36 -19 8

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