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Hiesfeld: Ritz hört auf
"Keine Lust mehr auf Fußball"

TV Jahn Hiesfeld: Ritz hört auf - Unlust als Grund
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Ungewöhnliche Geschichten gibt es im Fußball zuhauf. Oliver Ritz hat aber ein außergewöhnliches Kapitel geschrieben. Der Spielmacher gönnt sich eine Auszeit.

Nicht weil er krank, beruflich eingespannt oder privat verhindert ist, sondern weil er schlichtweg keine Lust hat, Fußball zu spielen. Deshalb hängt er seine Schuhe auf unbestimmte Zeit an den Nagel – und das nach nur einer Trainingswoche.

Dabei gilt der 23-jährige Spielmacher als Ausnahmetalent. Manager Harald Plank wie auch Coach Christoph Schlebach sind der Meinung, dass Ritz einige Spielklassen weiter oben auflaufen und immer noch einen Stammplatz haben könnte. „Ich habe noch nie so einen guten Fußballer gesehen, aber auch noch nie so eine Begründung für einen Schlussstrich gehört“, berichtet Co-Trainer Frank Plewka, der im Moment seinen im Mallorca-Urlaub weilenden Chef Christoph Schlebach vertritt.

Eine Null-Bock-Laune als Begründung, nicht mehr spielen zu wollen, hat es in der höchsten Amateurklasse sicherlich noch nicht gegeben. Im RS-Interview erklärt Ritz, warum er sich nicht hinter Ausreden versteckt, sondern diesen ungewöhnlichen Schritt gegangen ist.

Oliver Ritz, Ihre Begründung, sich eine Auszeit zu gönnen, weil Sie Motivationsprobleme haben, legt sofort den Schluss nahe, dass Sie am Burnout-Syndrom leiden. Sind Sie krank? Nein, so schlimm ist es nicht. Die Sommerpause war einfach zu kurz und ich konnte nicht richtig abschalten. Ich trage den Gedanken, aufzuhören, schon länger mit mir herum. Nach der ersten Woche Vorbereitung habe ich nun die Reißleine gezogen. Die Oberliga ist für die Spieler immer noch ein Hobby, das nicht zum Zwang werden soll. Deshalb habe ich auf unbestimmte Zeit aufgehört, damit ich Abstand gewinne.

Warum ist Ihr Verdruss so groß? Fußball macht mir im Moment einfach keinen Spaß. Ich habe schon in der Rückrunde der vergangenen Saison bemerkt, dass ich unglücklich war. Ich hatte einen Muskelfaserriss, musste pausieren und war über meine Verletzung sogar froh. Danach habe ich oft gedacht: Was mache ich überhaupt hier? Ich kann auch noch nicht sagen, wann ich wieder Lust haben werde. Ich lasse mir die Zeit offen.


Das ist dem Verein gegenüber allerdings unfair. Stimmt, der Zeitpunkt ist wirklich nicht der beste. Aber am Ende der letzten Saison ging es um nicht mehr viel, beim Training wurde mehr gekegelt und die Ziele waren unwichtig. Ich dachte, dass sich nach der Pause alles bessern würde. Doch jetzt macht es keinen Sinn mehr.

Das klingt so, als ob sie sich vor der harten Vorbereitung drücken wollen. Nein, mit Sicherheit nicht. Ich habe nicht vor, die Schufterei zu umgehen. Ich kann mich auch nicht für das Abschlussspiel oder zum anschließenden Grillen motivieren. Es bringt doch niemanden etwas, wenn ich nur mit halben Kopf bei der Sache bin, auch wenn es so für den Klub sicherlich nicht erfreulich ist.

Läuft Ihr Vertrag weiter? Der ruht. Ich kann jederzeit zurückkommen, bekomme aber natürlich kein Geld mehr. Wenn ich keine Leistung bringe, möchte ich auch nichts bekommen. Um die Kohle geht es mir dabei aber sowieso nicht. Ich sehe es einfach nicht ein, dass ein Hobby zum Zwang wird.

Viele Spieler überschätzen sich und meinen, weiter oben spielen zu können, obwohl sie kein Talent besitzen. Bei Ihnen ist es umgekehrt. Sie haben die Anlagen, wollen aber nicht. Wieso? Als Kind will jeder Profi werden. Seitdem ich aber eigenständig entscheide, stand dieser Weg für mich nie Vordergrund. Ich wollte immer einen normalen Job und den Fußball nur als Ausgleich haben. Deshalb bin ich ja auch von Rot-Weiss Essen nach Hiesfeld gegangen. Doch in den letzten drei Jahren sind wir immer aufgestiegen und jetzt bin ich wieder dort angelangt, wo ich mit Essen war. Ergebnis: Der Fußball macht in dieser Liga keinen Spaß.

Wurde Ihnen bei RWE oder zuvor in der Jugend des MSV Duisburg durch den dortigen Leistungsdruck der Spaß genommen? Nein, Leistungsdruck kann nur entstehen, wenn ich ihn mir selbst auferlege. Ich habe nie Druck gespürt, denn der Sport ist nur eine Freizeitbeschäftigung. Sonst hätte ich damals schon gesagt, dass es reicht. Ich kam allerdings immer mit meinem Talent durch, ohne dass ich mir den Arsch aufreißen musste.

Sie haben als Versicherungsangestellter im Außendienst einen stressigen Job. Warum kommen Sie auf der beruflichen, aber nicht auf der sportlichen Ebene damit klar? Der Job hat absolute Priorität. Ich hätte auch sagen können, dass ich beides nicht gedeckelt bekomme. Aber das wäre falsch. Ich will mich nicht mit der Arbeit rausreden. Ich habe einfach keinen Bock auf Fußball.

Was Manager Harald Plank davon hält, lesen Sie auf der zweiten Seite!

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