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Schiri als NPD-Mitglied
"Wir haben einmal weggeschaut"

Lüdenscheid: NPD-Mitglied an der Pfeife
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In Lüdenscheid ist eine Debatte darüber entstanden, ob ein NPD-Mitglied weiterhin Kreisliga-Spiele pfeifen sollte oder ob es Konsequenzen geben müsste.

Stephan Haase ist NPD-Funktionär und Schiedsrichter im Fußballkreis Lüdenscheid. Während seine Partei im Programm zur Bundestagswahl „Ausländerrückführung statt Integration“ und eine Rückkehr zum „Abstammungsprinzip“ fordert, pfeift er am Wochenende Spiele wie Anatolien Lüdenscheid gegen Türkisch I.K. Lüdenscheid - das führt zu Diskussionen.

DFB und Zentralrat der Juden informiert

Auslöser war die Friedensgruppe Lüdenscheid, die erfuhr, dass Haase, der am Freitag in den Rat der Stadt Lüdenscheid einziehen wird, als Schiedsrichter tätig ist. „Wir haben dann den DFB und den Zentralrat der Juden informiert“, erklärt Bernd Benscheidt, Sprecher der Friedensgruppe. Der DFB teilte allerdings nur mit, dass man das Thema sensibel behandeln werde, es aber juristisch nicht möglich sei, Haase wegen seiner Parteizugehörigkeit auszuschließen. Diese Aussage stellt Benscheidt allerdings nicht zufrieden: „Ich bin von der Reaktion enttäuscht. Wenn man sich mit der Materie richtig beschäftigt, hätte man Konsequenzen ziehen müssen“, meint er.

Das sieht aber nicht jeder so. Haase selbst beteuert, dass er beim Spiel „absolut neutral“ sei und, welch Ironie, „keine Probleme mit Ausländern“ habe und auch Georg Heimes sieht keinen Grund zur Beunruhigung. „Ich denke nicht, dass die Situation kritisch ist“, betont der Kreis-Schiedsrichter-Obmann. „Wenn er ordentlich pfeift und seine Leistung bringt, gibt es keinen Grund zu handeln. Warum sollen wir jetzt das Feuer legen?“ Eine solche Einschätzung hält Benscheidt für äußerst bedenklich.

„Herr Haase ist kein unbeschriebenes Blatt, sondern ein Parteifunktionär und es ist doch das Ziel der NPD, ihre Persönlichkeiten in die Vereine zu bringen, um dort für ihre Ansichten zu werben.“ Außerdem kann er nicht verstehen, dass der Friedensgruppe vorgeworfen wird, dass vorher kaum jemand Haases Gesinnung kannte und er erst durch die Initiative in der Öffentlichkeit präsent wurde. „So eine Argumentation ist schwach. Wenn man es überspitzt sagt, haben wir schon einmal weggeschaut und nichts angeprangert“, verweist Benscheidt auf die Schuld all derer, die über die Verbrechen der Nationalsozialisten vor und während des Zweiten Weltkrieges hinwegsahen.

Kein Verein hat sich bisher gemeldet

Genau dieses Hinwegsehen scheint aber im Fußballkreis Lüdenscheid der Fall zu sein. Von Resentiments gegenüber Haase aufgrund seiner politischen Ansichten ist bei den Vereinen jedenfalls nichts zu spüren. „Man hat das Gefühl, dass sich viele Menschen über Herrn Haase aufregen, nur nicht die Sportler, die es betrifft. Es hat sich bei uns kein einziger Verein gemeldet und gesagt, dass sie ihn nicht als Schiedsrichter haben möchten“, bestätigt Georg Heimes.

Und tatsächlich haben die Verantwortlichen der Teams offensichtlich keine Bedenken, wenn Haase ihre Spiele leitet. „Es macht mir überhaupt nichts aus. Das ist Fußball und das ist ein anderer Bereich“, begründet Osman Kara, Sportlicher Leiter des Türkischen SV Lüdenscheid, seine Haltung und fügt hinzu: „Mensch ist Mensch“ - und das, obwohl die NPD ausdrücklich eine Ungleichbehandlung von Ausländern und Deutschen fordert.

Am Samstag pfeift Haase die Begegnung TuS Ennepe II gegen SC Lüdenscheid II. TuS-Trainer Necati Akbaba ist sich sicher, dass man Sport und Politik trennen kann. „Solange er in den 90 Minuten neutral ist und keine Werbung für seine Ansichten macht, sollte man solchen Leuten eine Chance geben. Es herrscht ja schließlich Meinungsfreiheit und die Partei ist nicht gesetzlich verboten.“

So bleibt die zentrale Frage wohl die, ob Politik und Sport getrennt werden können. Bernd Benscheidt verneint dies und verweist auf Aktionen wie „Zeig‘ Rassismus die Rote Karte“. „Der DFB kann nicht sagen, dass man keine Politik mache, wenn er auf diese Weise politische Themen in den Sport trägt“, betont Benscheider und fügt hinzu, dass er nicht verstehen kann, wie es passt, dass Dr. Theo Zwanziger am 4. November vom Zentralrat der Juden für seinen Einsatz gegen Rechtsextremismus im Sport geehrt wird und gegen Haase nichts unternommen wird.

Ob dies nun möglich ist oder nicht - bedenklich ist, dass die Verantwortlichen das Thema am liebsten unter den Teppich kehren wollen. Auch wenn Haase als Schiedsrichter ohne Verfehlungen ist, sollte man die Angelegenheit nicht unbeachtet lassen und seine politische Gesinnung ablehnen. „Es geht nicht um die Person Haase, sondern um seine Grundsätze. Davor müssen wir warnen und nicht einfach darüber hinwegsehen“, betont Benscheidt.

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