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Fan: Taubenkacke als Echtheitsbeweis für geklautes BVB-Banner
"Desperados" drohen drei Jahre Stadionverbot

Provokation ersten Grades: Schalks Fans präsentieren in der Arena das geklaute BVB-Banner (Foto: firo).
Provokation ersten Grades: Schalks Fans präsentieren in der Arena das geklaute BVB-Banner (Foto: firo).
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War es die echte Fahne oder nur ein billiges Plagiat? Das schwarz-gelbe Transparent, das Schalkes-Fans vor dem Derby gegen Dortmund in der Nordkurve präsentierten, hat die Stimmung zwischen den beiden Lagern zum Kochen gebracht. Auch Götz Vollmann ist knapp eine Woche nach dem Revierderby zwischen Schalke und dem BVB noch fassungslos.

"Wenn es so weiter geht, befürchte ich, dass es nicht mehr lange dauert, bis der Erste einen Stein in die Hand nimmt und beide Mannschaften beim nächsten Derby mit Trauerflor auflaufen", warnt der Vorsitzende der Dortmunder Fanabteilung vor einer weiteren Eskalation im (Miss-) Verhältnis der Fans beider Vereine.

Der Ingenieur mit Spezialgebiet Tunnelbau erhebt schwere Vorwürfe gegen die Gelsenkirchener Sicherheitskräfte in der Veltins-Arena. Die hatten am vergangenen Freitag nicht verhindern können, dass die Schalker Anhänger vor dem Anpfiff eine "Trophäe" präsentierten. Es war das im November 2006 aus dem Signal Iduna Park entwendete 60 Meter lange Banner der BVB-Fangruppierung "The Unity", die so genannte und von den Königsblauen höhnisch besungene "gelbe Wand".


Die Ordnungshüter haben die Ermittlungen zwar noch nicht abgeschlossen, doch "an der Echtheit des Banners kann eigentlich kaum ein Zweifel bestehen", merkt Vollmann an. "Es gibt mittlerweile hochauflösende Bilder, auf denen sogar eingebrannte Taubenkacke zu sehen ist", sei in seinen Augen eine derart gut gemachte Kopie "kaum möglich".

Letztlich sei es aber egal, "ob echt, oder nicht. Die Frage ist doch, wie gelangt so ein Banner in die Nordkurve, obwohl wir zuvor in den Sicherheitsbesprechungen genau auf diese Thematik und ihre Brisanz hingewiesen haben". Für Vollmann steht fest: "Entweder haben die Schalker Sicherheitsbehörden das toleriert, oder sie waren nicht in der Lage, das Hineinbringen zu verhindern. Ich weiß nicht, was peinlicher ist".

Vollmann ist zudem über die Gelsenkirchener Ordnungskräfte schwer verwundert. "Als der Stoff hochgehalten wurde und die Situation bei uns in der Kurve hoch kochte, wussten die Gelsenkirchener Polizisten noch nicht einmal, worum es ging. Die waren überhaupt nicht sensibilisiert. Und das, obwohl wir im Vorfeld explizit im Beisein der Polizei darüber gesprochen haben", schüttelt der 36-Jährige den Kopf. "Uns wurde zudem im Beisein der Dortmunder Polizei, von Herrn Fürderer und Rolf Rojek nach dem Hinspiel zugesagt, dass die provozierende Fan-Fahne 'Ich war mal schwatzgelb und hing im Süden' des Schalker Supportersclubs vor dem Derby entfernt würde. Auch das ist nicht passiert", wirft Vollmann den Verantwortlichen Versagen vor.

Das Transparent greift den Fahnenklau auf und wurde vom Verein als einer von sechs Gewinnern eines Ideenwettbewerbs prämiert. Seit Saisonbeginn hängt es in der Nordkurve unter dem Dach der Arena. "Solch ein Vorgehen konterkariert alle unsere Bemühungen um deeskalierende Maßnahmen. Gemeinsame Erklärungen sind dann ein Muster ohne Wert", betont Vollmann.

Vorwürfe, die Volker Fürderer für ungerechtfertigt hält. "Ein Versprechen, das Transparent des Supporters-Clubs abzuhängen, hat es nie gegeben", kontert der Sicherheitsbeauftragte der Arena. " Das ist der gleiche Humor wie der, ein Flugzeug mit dem Spruchband ‚Ein Leben lang keine Schale in der Hand’ über unser Stadion fliegen zu lassen. Ich kann den Zorn der BVB-Fans hinsichtlich des Banners nachvollziehen. Aber diese Aktion wurde gewiss nicht von offizieller Seite in irgendeiner Weise unterstützt“, sagt Fürderer.

Wie der hochexplosive Stoff ins Stadion gelangen konnte, kann er sich nicht erklären. "Ich gehe stark davon aus, dass es in einzelne kleine Teile zerschnitten wurde und im Stadion wieder zusammengefügt wurde", mutmaßt Fürderer. Der Gedanke, die Angelegenheit habe sich mit Wissen des Gelsenkirchener Wachpersonals abgespielt, sei aber "absolut absurd".

Die, die etwas wissen könnten, halten sich derweil bedeckt. "Von den Ultras Gelsenkirchen gibt es zu diesem Thema keine offizielle Stellungnahme", erklärt "UGE"-Chef Thomas Kirschner auf RS-Anfrage. Um derlei Provokationen künftig zu verhindern, müssten allerdings nach Fürderers Ansicht "Leibesvisitationen mit derselben Intensität wie beim UEFA-Cup-Spiel gegen Paris St. Germain vorgenommen werden. Dafür sind wir damals stark kritisiert worden und das wollen wir auch eigentlich nicht". Die Gelsenkirchener Polizei hat aufgrund der Strafanzeige des BVB aus dem Jahr 2006 die Ermittlungen gegen die Banner-Träger neu aufgenommen. Fürderer bittet "bei allem verständlichen Ärger" darum, die Verhältnismäßigkeit zu wahren und einer Legendenbildung Einhalt zu gebieten.

Besorgnis erregend sei vielmehr das Ausmaß der Gewalt zwischen beiden Lagern. "Was ist schlimmer? die Präsentation des Banners oder ein massiver und offensichtlich von langer Hand geplanter tätlicher Angriff der Dortmunder ‚Desperados’ auf Polizei und Besucher? An der Kasse West wurde auf alles eingeprügelt, was gerade herumstand. Diese Eskalation ist leider ein neuer trauriger Höhepunkt – und sie fand statt, bevor das Banner zu sehen war.", sagt Fürderer. „Seit dem 12. Mai 2007 gibt es eindeutig einen negativen Trend. Alle Beteiligten auf beiden Seiten müssen alles dafür tun, diesen Trend zu stoppen bzw. umzukehren.“

Offenbar reichen die von beiden Vereinen bisher ergriffenen Maßnahmen nicht aus. Den 122 festgenommenen Borussen-Anhängern der "Desperados" droht neben einer strafrechtlichen Verfolgung ein bundesweites Stadionverbot von drei Jahren. "Das ist eine sehr wahrscheinliche Mutmaßung. Wir warten zwar noch die Ermittlungsergebnisse der Polizei ab. Aber in vergleichbaren Fällen haben wir das so gehandhabt", bestätigt Fürderer. "Nach einem gemeinsamen Gespräch mit der Polizei und Schalke 04 in den kommenden Tagen werden wir über die Stadionverbote entscheiden und dem BVB dann voraussichtlich anbieten, die operative Abwicklung zu übernehmen."

Vollmann fordert darüber hinaus Maßnahmen, um die Spirale der Gewalt schnell wieder zurückzudrehen. "Wir müssen aufpassen, dass die gemäßigten Kräfte beiden Fanszenen ihre Glaubwürdigkeit nicht aufs Spiel setzen und die Fans beider Vereine die Angelegenheit dann selbst in die Hand nehmen", betont der Dortmunder. "Ich frage mich, was kommt als Nächstes? Das Ende der Fahnenstange muss jetzt erreicht sein."

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