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Schalke II: Ein Fan hat seine Heimat gefunden
Ecki und die Zweite

Schalke II: Ecki und die Zweite
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Ekmar Webers (46) ist aus der Arena geflohen und hat seine Liebe zur zweiten Schalker Mannschaft entdeckt „Früher, in der 2. Liga”, sagt er, „haben wir gefroren, sind bis auf die Unterwäsche nass geworden”.

Fans des Fußball-Bundesligisten FC Schalke 04 gibt es in Massen. Aber Anhänger der zweiten Mannschaft, des Regionalligisten FC Schalke 04 II? Ekmar Webers, der alle bittet, ihn doch Ecki zu nennen, ist einer der wenigen, der wenigen außergewöhnlichen. Als 2001 mit der Eröffnung der Veltins-Arena ein neuer Schalke-Boom begann, wechselte der 46-Jährige vereinsintern und fährt seitdem nach Dresden, nach Gütersloh, nach Lippstadt und in dieser Saison nach Trier oder nach Worms oder nach Elversberg. Nicht aber nach Münster. Dort wohnt er nämlich.

„Das kannst du dir gar nicht vorstellen”, sagt Ecki Webers. „Plötzlich waren in der Arena Leute, die früher nicht da waren.” Diese Veränderung – etwas weg vom eigentlichen Fußball-Ereignis und immer steiler hin zum Event – wollte der Rheinberger nicht mitgehen. Viele, die früher im Parkstadion zusammen mit ihm im Block gesessen hätten, seien auch verdutzt gewesen. „Das ist nicht mehr unser Ding. Das ist mehr so Schickimicki. Oder die Weltmeisterschaft: Da habe viele gejubelt, die gar nicht wissen, was Fußball ist”, sagt er. „Wenn das Arena-Dach offen wäre, wäre doch nur noch die Hälfte an Zuschauern da.” Er sei zwar auch noch gelegentlich in der Arena. „Aber dann habe ich gleich wieder für drei Monate genug. Für meine Generation von Fantum”, sagt er, „ist das nichts.”

Gefunden auf …

Fußball ist für Ecki Webers etwas anderes, bedeutet für ihn eben nicht Schickimicki, sondern Bratwurst und auch Regen. „Früher, in der 2. Liga”, sagt er, „haben wir gefroren, sind bis auf die Unterwäsche nass geworden.” Diesen (ehemaligen) Fußball-Kult hat er wiederentdeckt. Aber wie ist er auf den FC Schalke 04 II gekommen? „Ich habe im Kreisel von der zweiten Mannschaft gelesen, mir die Termine angeschaut und gedacht: Geh da mal hin.” Seitdem war er bis auf ganz wenige Ausnahmen immer da, und er ist froh, diesen Weg gegangen zu sein. „Ich bleibe Schalker, habe für mich aber eine Alternative gefunden”, sagt er. „Ich habe dann ein bisschen das, was ich an Fußball so liebe.”

Zum ersten Mal live sah Ecki Webers seine Schalker im Oktober 1973 im Parkstadion. „4:2 gegen den Wuppertaler SV. Drei Tore Klaus Fischer”, sagt er. „Ich bin im Parkstadion mit Schalke groß geworden.” Und er hat mit Schalke gelitten, nicht nur einmal. Zum ersten Mal ganz doll 1981 als 19-Jähriger: Abstieg in die 2. Fußball-Bundesliga. „Da habe ich mich um Viertel nach Fünf ausgezogen, bin ins Bett gegangen und habe geheult”, erinnert er sich. „Da denkst du in diesem Alter wirklich, die Welt bricht zusammen. Nichts geht mehr.”

Seine Alternative bereitet ihm jedoch auch Sorgen. Nicht, weil die Schalker Zweite in der Regionalliga gegen den Abstieg spielt, sondern weil das Schattendasein dieser Mannschaft zuletzt noch schattiger geworden ist. „In der Glückauf-Kampfbahn war noch richtige Fan-Stimmung”, sagt Ecki Webers. „Wattenscheid ging noch. Aber Horst und Wanne-Eickel? Das ist beides gleich schlecht.” Er beginnt, sich ein bisschen aufzuregen und kritisiert zum Beispiel auch die Fanclubs, dass diese nicht in der Lage sind, auch mal was für die zweite Mannschaft zu organisieren.

Zum Beispiel zuletzt am 3. Dezember: Problemlos hätten die Fans, bevor sie sich auf den Weg zum Uefa-Pokal-Spiel der Profis nach Enschede gemacht haben, noch die zweite Mannschaft in deren Nachholspiel gegen den 1. FC Köln II unterstützen können. „Locker hätten 500 bis 1000 Zuschauer kommen und ein bisschen Rummel machen können”, sagt Ecki Webers, dessen Vorname Ekmar ein alter dänischer ist. „Dieses stiefmütterliche Verhalten. Das kapiere ich nicht.”

Aber es wird doch bald besser, wenn die Königsblauen auf dem Parkstadion-Gelände neue Spielflächen für ihre Nachwuchs-Teams errichten werden. „Ja, ja”, sagt Ecki Webers. „Das höre ich schon seit Jahren.” Einmal in Fahrt, fällt er auch ein Pauschal-Urteil für alle Bundesligisten. „Wenn die zweiten Mannschaften nicht sein müssten”, sagt er, „hätten viele die nicht. Die sind der Blinddarm des Vereins.” Und, das klingt für den FC Schalke 04 II fast schon nostalgisch: „Ab Horst war's kaputt.”

Der Umzug nach Wanne-Eickel ändert jedoch nichts daran, dass Ecki Webers seiner zweiten Schalker Mannschaft treu bleibt. Nur ein Spiel hat er in der Hinrunde verpasst, ausgerechnet das 3:0 gegen den VfL Bochum II. Da hat er in Münster das Kinderzimmer seines Sohnes Noah, der am 13. November zur Welt gekommen ist, tapeziert. „Ich genieße das”, sagt Ecki Webers, „auch wenn der nachts schreit. Ich hoffe, dass er in meine Fußstapfen tritt.” Die Schalke-II-Fußstapfen wohlgemerkt.

Den Vornamen seines Kindes hat er sich auf die linke Wade tätowieren lassen, und der Säugling weiß noch gar nicht, was es bedeutet, wenn Papa sagt: „Für Noah würde ich auf Fahrten verzichten.” Nicht nur Fahrten mit der Schalker Zweiten, sondern auch zu anderen Amateurfußball-Spielen – zum Beispiel in der NRW-Liga in Wattenscheid oder in Herne.

Und was sagt Maria, Noahs Mama, wenn Ecki ständig auf Fußball-Reisen ist. „Das ist kein Problem”, sagt er. „Sie hat mich doch so kennengelernt. Sie will mich ja auch glücklich sehen.”

Ihretwegen ist er auch nach Münster gezogen, nachdem er zuvor acht Jahre in Gelsenkirchen gewohnt hat. Fast immer unterwegs bedeutet bei Ecki Webers, in irgendwelchen Zügen zu sitzen. „Ich bin Eisenbahn-Freak”, sagt er – und er verdient auch sein Geld bei einem Sub-Unternehmen der Bahn, bei Train-Worxx, und hilft gelegentlich in einem Buchhandel aus; klar, im Gelsenkirchener Hauptbahnhof. Nicht zuletzt deshalb versteht es sich von selbst, dass er zu Hause auch eine Modelleisenbahn hat: „Eine riesengroße.”

Und wenn der Mann ohne Auto, aber mit Führerschein, dann doch in einem Auto sitzt, nimmt er meistens den Beifahrer-Platz. Das Spiel der Schalker Zweiten und die anschließende Pressekonferenz in Köln oder sonst wo sind an einem Samstag gerade beendet, da laufen auch schon die Bundesliga-Spiele. Anruf zu Hause. Und Maria erfährt dann erst einmal, dass sie sich ja sowieso nur bei Legia Warschau auskenne, ehe die entscheidende Anweisung folgt: „Videotext, Tafel 251.” Und wenn Schalkes Bundesliga-Profis nicht führen, bricht längst keine Welt mehr zusammen. Wichtig ist für Ecki Webers die Zweite. Schalkes Zweite.

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