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Kreis DU/MH/DIN: Gerd Henning (Vorsitzender Kreisschiedsrichter-Ausschuss) im Interview
"Manche haben auch Angst"

Gerd Henning (Vorsitzender Kreisschiedsrichter-Ausschuss) im Interview
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Gerd Henning war selber lange Schiedsrichter. 161 Partien hat der in Meiderich geborene Ex-Referee in der Bundesliga gepfiffen. Schwere Kaliber wie die Bayern, Bremen oder Schalke musste er auf dem Feld zur Raison rufen. Heute hat er in seiner Funktion als "Häuptling" aller Unparteiischen im Kreis 9 ein anderes Problem. Seine "Indianer" laufen im nicht mehr so zu wie früher. Schlimmer noch, sie nehmen sogar in schöner Regelmäßigkeit reis aus, erscheinen erst gar nicht zu den ihn zugewiesenen Partien.

Vor dem alljährlichen Lehrgang für Schiedsrichter (19. und 26. Januar, sowie 2. Februar 2008 in der Sportschule Wedau), spricht der Schiedsrichter-Obmann im Interview mit RevierSport online über die Gründe der Krise und über Lösungsansätze.

RevierSport online: Hallo Herr Henning: Sie sind seit 1973 Schiedsrichterobmann im Kreis 9 (Duisburg/Mülheim/Dinslaken). Was ist momentan ihr Hauptproblem?

Gerd Henning: "Wir haben derzeit arge Nachwuchssorgen. Seit ein paar Jahren nimmt die öffentliche Wertschätzung für den Unparteiischen, ohne den ein Fußballspiel nicht möglich wäre, immer mehr ab. Viele Junge Leute schreckt das ab. Sie haben keine Lust jedes zweite Wochenende angemacht zu werden."

RevierSport online: "Der Fußball braucht dringend Schiedsrichter-Nachwuchs". So lautet ihr Appell, den Sie im Rahmen einer Presseerklärung vor kurzem an die Öffentlichkeit getragen haben. Sie haben den schlechten öffentlichen Umgang mit den Schiedsrichtern kritisiert. Welche Gründe gibt es noch für das Desinteresse an der Schiedsrichterei?

Gerd Henning: Wir leben in einer technisierten und schnelllebigen Zeit. Es gibt für junge Leute so viele Alternativen, mit denen sie ihre Zeit verbringen können. Die Auswahl der Möglichkeiten wird einfach immer größer. Das da einer ist, der ausgerechnet Sonntags ein Fußball-Spiel pfeifen möchte, wird dann seltener."

RevierSport online: "Haben einige, angesichts der Gewalt die sich in unschöner Regelmäßigkeit im Amateur-Fußball breit macht, Angst zu pfeifen

Gerd Henning: "Ja sicher, einige haben einfach Angst. Ich kann das sehr gut verstehen und ich möchte in diesem Zusammenhang auch einmal an die Vereine, deren Funktionäre und Spieler, sowie das Publikum appellieren, den Schiedsrichter endlich wieder als Mensch wahrzunehmen. Menschen machen Fehler. Spieler machen Fehler, Trainer beurteilen die Lage nicht immer richtig und auch dem Mann an der Pfeife unterläuft hin und wieder ein Malheur. Wir versuchen in unseren Lehrgängen wirklich alles, um unsere Leute so gut wie möglich zu schulen. Ein Fehler kann jedoch immer und jedem passieren. Einen Menschen dann deshalb gar körperlich zu attackieren, wie oftmals geschehen, ist beschämend und traurig."

RevierSport online: Welche Mitschuld an der momentanen Lage tragen die Vereine?

Gerd Henning: "Die Clubs haben einen so genannten Schiedsrichter-Soll zu leisten. Konkret heißt das, dass sie eine bestimmte Anzahl an Unparteiischen im Verein haben müssen. Dazu gehört, dass sie ihnen wenn nötig auch mal eine Garnitur kaufen müssen. Vielen Clubs ist das nicht recht, da so eine Garnitur schon mal 200 Euro kostet. Sie gehen sogar soweit, dass sie lieber ein Ordnungsgeld zahlen, da sie ihrer Soll-Pflicht überhaupt nicht nachkommen, statt auch nur einen Schiedsrichter zu stellen. Einer Schätzung zufolge wird die von allen betroffenen Vereinen zu entrichtende Bußgeld-Summe auch in diesem Jahr wieder bei 8000 Euro liegen." RevierSport online: Gibt es Vereine, die sich hier besonders negativ verhalten?

Gerd Henning: "Der 1.FC Hagenshof und die DJK Schmidthorst fallen mir ganz spontan ein. Von diesen Vereinen kommt schon seit Jahren nichts mehr."

RevierSport online: Wie kann man diese Clubs wieder mit ins Boot nehmen?

Gerd Henning: "Das ist sehr schwierig. Im süddeutschen Raum gibt es einen Verband, der den Vereinen die nicht genügend Schiedsrichter stellen, mit dem Zwangsabstieg droht. Vielleicht wäre das eine Variante." RevierSport online: Wie können Sie jungen Menschen das Schiedsrichterwesen wieder schmackhaft machen?

Gerd Henning: Wir müssen versuchen, die jungen Menschen wieder für eine Aufgabe zu begeistern, die in erster Linie eine vermittelnde, leitende Funktion hat. Man kann sich so Kompetenzen erwerben, die auch Abseits des Sportplatzes wichtig sind. Konkret haben wir so genannte Schiedsrichter-Pools, für die sich die talentiertesten unter ihnen qualifizieren können. Eine gute Förderung ist allen garantiert. Gute Aufstiegschancen hat man aber vor allem dann, wenn man in einen dieser Pools kommt. Insofern soll diese Maßnahme auch ein Antrieb sein, alles zu geben. Leistung soll sich bei uns, wie im Leben, lohnen."

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