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Das Team steckt vor der WM im Generationskonflikt

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DFB: Das Team steckt vor der WM im Generationskonflikt
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In der Nationalmannschaft drängen die Jungen gegen die Etablierten. Deutlich wird das bei der Frage wer neben Kroos im Mittelfeld aufläuft.

Auf dem Rasen der Sportzone Rungg im Südtiroler Trainingslager saß einer, der den Yeti gesehen hat. Der Bergsteiger Reinhold Messner gestikulierte mit den Händen in der Luft. Er sprach darüber, was man für den Gewinn eines WM-Titels alles so braucht: Willensstärke, Opferbereitschaft, Ausdauer. Und dass das dem Erklimmen eines Achttausenders ähnlich sei. Neben ihm hockte Bundestrainer Joachim Löw, vor ihm staunten junge Männer in kurzen Hosen. Der DFB hatte Messner als Motivationskünstler für die deutsche Fußballnationalelf engagiert. Denn eine WM wollte man ja schließlich gewinnen – damals, 2010 in Südafrika.

Sami Khedira saß da vor acht Jahren auch auf dem Rasen. Der Mittelfeldspieler war mit 23 ein aufstrebendes Talent. 2009 hatte er als Kapitän die U21-EM gewonnen. Nun, da der deutsche Anführer Michael Ballack durch einen Tritt Kevin Boatengs für die WM unpässlich geworden war, ruhten einige Hoffnungen auf dem Stuttgarter. Er sollte helfen, einen Berg zu erklimmen. Kurz vor dem Gipfel war dann in Südafrika allerdings Schluss.

Khedira fühlt sich besonders fit Khedira verbringt seine Tage gerade wieder in der Sportzone Rungg. Der DFB hat sein Basistrainingslager erneut in der Südtiroler Gemeinde Eppan aufgeschlagen. Aber anders als 2010 sind diesmal keine Reden Messners vorgesehen, obwohl dessen persönliches Bergsportmuseum in Sichtweite liegt. „Wir haben nicht das Gefühl, dass die Mannschaft diesen Kick braucht“, sagte DFB-Direktor Oliver Bierhoff. Es geht für den Weltmeister jetzt ja auch nicht darum, wie man einen Gipfel erklimmt, sondern wie man oben bleibt. Dass Khedira immer noch da ist, nun im reiferen Fußballeralter von 31 Jahren, das erzählt etwas über die Beschaffenheit des Kaders, mit dem Bundestrainer Löw nun nach Russland reisen will. Es ist eine Mannschaft, die auf der Schwelle steht – von einer Generation zur nächsten. Auch Manuel Neuer (32), Mesut Özil (29), Jerome Boateng (29), Toni Kroos und Thomas Müller (beide 28) waren 2010 schon dabei. Als sie damals Messners Ausführungen lauschten, befanden sich Leon Goretzka, Joshua Kimmich (beide 23) oder Julian Brandt und Niklas Süle (beide 22) in der Pubertät. Mit ihnen sollen sie nun den WM-Titel verteidigen. Mit ihnen hat in Südtirol aber auch das Ringen um die Startelfplätze begonnen.

Nirgends zeigt sich dieser „Generationskonflikt“ so deutlich wie im defensiven, zentralen Mittelfeld, wo Khedira sein natürliches Habitat hat. Dort sucht Löw für die WM noch nach einem geeigneten Nachbarn für den gesetzten Toni Kroos. Mit dem Turiner Khedira hat er einen alten Gefährten, der sich seit Jahren nicht mehr so fit gefühlt hat wie aktuell: „Ich bin in einem ganz anderen Zustand als 2014. Daher kann ich mich ganz anders einbringen, weil ich nicht nur auf mich fokussiert sein muss“, sagte Khedira am Sonnabend. Vor der WM 2014 war er gerade von einem Kreuzbandriss genesen. Als Khedira das erzählte, saß neben ihm Leon Goretzka, acht Jahre jünger, mit der Empfehlung angereist, einer der besten Spieler des Confed-Cups 2017 gewesen zu sein und bald ein Bayern-Profi. Auch Goretzkas Habitat liegt im zentralen Mittelfeld. Er ist wie Khedira gern der Verbindungsmann zwischen Abwehr und Angriff und er rechnet sich für die WM einiges aus: „Wir haben eine sehr gute Mannschaft, die überall gut besetzt ist“, sagte der scheidende Schalker zwar artig, ergänzte dann aber: „Ich glaube, dass ich meine Chancen bekomme. Mein Vorteil ist, dass ich variabel einsetzbar bin.“

Gündogans wechselhafte Saison Neben Khedira und Goretzka hat Löw noch Ilkay Gündogan als Kandidaten für die Planstelle neben Kroos. Der ist mit 27 gewissermaßen zwischen beiden angesiedelt. Zwar hat Gündogan bei Manchester City eine gute Saison gespielt, doch in der entscheidenden Phase der Champions League geschwächelt und beim letzten deutschen Testspiel gegen Brasilien in Berlin (0:1) enttäuscht. Der Münchner Sebastian Rudy ist ebenfalls ein Sechser, aber weil er wenig Spielpraxis bei den Bayern in der abgelaufenen Saison bekam, wird er ein Ersatzmann bleiben – oder gar noch einer der vier Spieler, die aus dem vorläufigen WM-Kader gestrichen werden wie vor der EM 2016.

Khedira scheint aktuell vorn zu liegen. DFB-intern sind sie sich zwar seiner Defizite in der Ballbehandlung bewusst, schätzen aber seine Führungsqualitäten und seine Professionalität. Ja, die junge Generation bringe frischen Wind rein und würde der älteren ordentliche Beine machen, gab Khedira am Sonnabend zu, „wir haben aber die Erfahrung. Wir wissen, worauf es ankommt.“

Für Bundestrainer Löw ist das alles eine gesunde Konstellation. Er kann aus Alt und Jung die beste Mixtur zusammenstellen und an der einen oder anderen Stelle schon mal vorempfinden, was er für die Zeit nach Russland erwartet: „Es kann sein, dass es nach der WM einen Umbruch bei uns gibt“, sagte der 58-Jährige. Toni Kroos übrigens wird dann immer noch da sein. Sami Khedira womöglich nicht.

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