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Mertesacker verdient für seine Offenheit Respekt

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Kommentar: Mertesacker verdient für seine Offenheit Respekt
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Per Mertesacker hat zugegeben, sich oft überfordert gefühlt zu haben. Weil er reich ist, wird ihm das nicht von jedem zugestanden. Ein Kommentar.

Als Rudi Völler im WM-Finale 1990 in Rom fiel und der Schiedsrichter auf den Elfmeterpunkt zeigte, winkte Lothar Matthäus ab. Neue Schuhe – zu riskant. Andreas Brehme trat an, blieb kühl und traf: Deutschland besiegte Argentinien mit 1:0 und wurde Weltmeister. Der Kapitän hatte einfach mal die Verantwortung weitergereicht. Oder anders formuliert: Er hatte gekniffen. Dies aber wurde nur am Rande registriert: Weil ja trotzdem alles gutgegangen und Matthäus während der WM in Topform war.

28 Jahre später hat Per Mertesacker, Profi beim FC Arsenal in England, dem Magazin Spiegel ein bemerkenswertes Interview gegeben. Der Weltmeister von 2014 erzählt von dauerhaftem Leistungsdruck, den er oft als unerträglich empfand, er verrät, dass er vor jedem Spiel an Durchfall litt und Brechreiz verspürte – und dass er das Ende seiner Karriere im Sommer herbeisehnt, so wie er 2006 froh war, als die WM im eigenen Land „endlich vorbei“ war.

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Wenn Lothar Matthäus so aufrichtig wäre wie Per Mertesacker, dann hätte er zugeben müssen: Mensch, solche Situationen kenne ich, ich erinnere nur an 1990 in Rom. Aber als Experte im Sky-Studio sagte er, als er mit einzelnen Aussagen von Mertesacker konfrontiert wurde, lieber dies: „Im eigenen Land eine Weltmeisterschaft zu spielen, bei der du von so einer Euphorie getragen wirst, das darf ja gar keine Belastung sein.“

Mit dieser ersten Reaktion auf ein komplexes Thema, das es nicht verdient hatte, von einer TV-Experten-Runde zwischen den Bundesligaspielen mal eben nebenbei angeschnitten zu werden, bestätigt Matthäus einmal mehr ein zentrales Problem des Profifußballs. Das Harte-Kerle-Image soll unbedingt gewahrt bleiben. Gefühle zu zeigen oder gar Probleme zuzugeben wird als Schwäche gedeutet. Hochbezahlte Spieler haben gefälligst zu funktionieren, ihre Sorgen nicht zu interessieren.

Mertesacker wird ab Sommer die Nachwuchsabteilung des FC Arsenal leiten Es ist erschreckend, wie viele Menschen es sich in den sozialen Medien bei der Beurteilung von Mertesackers Geständnis leicht machen und populistisch behaupten, einer wie er dürfe nicht über Druck klagen. Weil er steinreich sei, solle er sich mal nicht so anstellen. Der Verweis auf den Reichtum ist abwegig. Weil der Mann überaus gut verdient, hat er kein Recht, Mensch zu sein? Ab welcher Gehaltsstufe hat man denn seelenlos zu sein?

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Die unfairen Urteile, die Per Mertesacker jetzt ertragen muss, erklären, warum Fußballer sich heutzutage gerne hinter Floskeln verstecken. Dafür, dass der 33-Jährige psychische Probleme zugibt, hat er nichts anderes als Respekt verdient.

Mertesacker verweist nämlich auch darauf, dass er sich seiner Privilegien bewusst sei und deshalb nicht weinerlich klingen wolle. Ab Sommer wird er die Nachwuchsabteilung des FC Arsenal leiten. Matthäus hält Mertesacker für ungeeignet, weil er „keine Professionalität vermitteln“ könne. Welch ein Blödsinn. Gerade weil er auch die Schattenseiten des Geschäfts kennt und nicht verschweigt, ist Per Mertesacker für diesen verantwortungsvollen Job genau der Richtige.

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