Er lächelt. Franck Ribéry scheint sich nicht ob der Peinlichkeit seiner vorangegangenen Aktion bewusst zu sein. Ein Scherz, ein Streich, ganz normal für den quirligen Franzosen. Kann doch mal passieren, war doch gar nicht so gemeint.
Doch dass Franck Ribéry es tatsächlich für eine gute Idee, oder lustig, oder gar in Ordnung hält, Schiedsrichterin Bibiana Steinhaus während des Pokalspiels seines großen FC Bayern beim Chemnitzer FC vor einem Freistoß heimlich die Schnürsenkel zu öffnen, zeigt: Ribéry mangelt es an Respekt für Frauen im deutschen Fußball. Und ist damit ein Sinnbild der deutschen Fußball-Gesellschaft.
Als „Spaßvogel“ und „Witzbold“ wird Ribéry für seine Schelmerei nun dargestellt. In den Medien, von Mannschaftskameraden. Zum Prusten war das, zum Schenkelklopfen. Nun ist Ribéry aber keine 14, sondern 34 Jahre alt. Deswegen würde „Sexist“ hier doch eigentlich viel besser als Titel passen. Denn um sich dieses Prädikat zu verdienen, muss man Bibiana Steinhaus nicht persönlich beleidigen, wie es damals Fortuna Düsseldorfs Kerem Demirbay tat („Ich finde, Frauen haben im Männerfußball nichts zu suchen“) oder sie gar väterlich tadelnd in den Arm nehmen wie vor drei Jahren Pep Guardiola. Dafür reicht es auch, sie schlichtweg mit weniger Respekt zu behandeln als ihre männlichen Kollegen. Hier stellt sich zwangsläufig die Frage: Hätte Ribery sich Dasselbe beispielsweise bei Dr. Felix Brynch getraut? Die Antwort lautet mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit: nein.
Steinhaus vermeidet eine erneute Sexismus-Debatte
Bibiana Steinhaus wird ab der kommenden Saison in der Fußball-Bundesliga pfeifen. Damit ist sie de facto vielen ihrer Mitstreiter vom vermeintlich wahren Geschlecht des Fußballs um einiges voraus – und zwar nicht, weil sie eine Frau, sondern weil sie einfach besser ist. Das sollte mittlerweile auch bei Franck Ribéry angekommen sein, das sollte er wissen, so sollte er sich von Anfang an verhalten. Und nicht erst die Grenzen austesten, wie weit er denn gehen kann, was denn noch in Ordnung ist.
Der Franzose hätte Rot sehen müssen, das ist indiskutabel. Es hätte ihm auch sicher gut getan, direkt zu verstehen, dass er sich falsch verhalten hat.
Dass Steinhaus stattdessen schmunzelte und dem Mittelfeldspieler einen Schulterklopfer verpasste, zeigt zum einen, dass sie sich scheinbar an solche Scherze gewöhnt hat, zum anderen aber auch, dass sie mit diesen souverän umgehen kann. Steinhaus weiß vor ihrem Bundesliga-Debüt einen Skandal und damit einhergehend eine große Sexismus-Debatte im deutschen Fußball zu vermeiden. So liegt der Fokus bei ihrem Debüt auf der Hauptsache: ihrer Leistung als Unparteiische.