Auf einer Pyramide, die er den Talenten aufgezeichnet hatte, stand ganz oben der Satz: „Das Größtmögliche erreichen.“ Diese Pyramide könnte Tedesco ab dem 1. Juli, wenn bei den Königsblauen mit dem obligatorischen Medizincheck der Startschuss für die neue Saison fällt, gleich in die Kabine hängen.
Nach einer enttäuschenden Spielzeit, die jenseits von Gut und Böse auf Platz zehn endete, ist der Trainer-Neuling mit seinen Schalkern sofort gefordert und soll die Champions-League-Plätze in Angriff nehmen. Um den Traditionsklub aus der Tristesse herauszuführen und ihm wieder internationalen Glanz zu verpassen, muss Domenico Tedesco vier Baustellen gleichzeitig abarbeiten.
Schalke-Profis bleiben hinter den Erwartungen
Baustelle 1: Viele Profis blieben in der vergangenen Serie hinter den Erwartungen zurück. Der hochveranlagte Mittelfeldspieler Max Meyer, der zwischendurch immer mal Streicheleinheiten benötigt, fühlte sich unter Ex-Trainer Markus Weinzierl zu wenig wertgeschätzt.
Gleiches gilt für Yevhen Konoplyanka, der in zehn von 34 Bundesligapartien überhaupt nicht im Aufgebot stand. In seiner ersten Kaderbewertung soll Tedesco in den höchsten Tönen von Konoplyanka geschwärmt haben. Sechser Benjamin Stambouli zeigte in seinem ersten Jahr auf Schalke mehr Schatten als Licht, flog beim Saisonfinale in Ingolstadt mit Rot vom Platz. Hier muss der neue Trainer abschätzen, ob Stambouli das Team stabilisieren kann. Stürmer Franco Di Santo zählt zu den Großverdienern bei den Königsblauen, hatte zuletzt viele Verletzungssorgen.
Möglicherweise passt Di Santo genau in Tedescos Stellenbeschreibung für einen Angreifer. Für einen Bankdrücker ist Di Santo zu teuer.
Auswärts ist Schalke desaströ̱s
Baustelle 2: Die Auswärtsschwäche hat Schalke in der letzten Serie vieles kaputt gemacht. Bei den Absteigern Darmstadt (1:2) und Ingolstadt (1:1) gab es nur einen von sechs möglichen Zählern. Schalke schaffte auswärts nur drei Siege in 17 Spielen und kassierte neun Pleiten.
Tedesco muss rasantes Umschaltspiel etablieren
Baustelle 3: Langsames Umschaltspiel. Bei den Königsblauen dauert der Balltransport von der eigenen Hälfte bis zum gegnerischen Strafraum zu lange. Überraschungseffekte sind selten, das Offensivspiel wirkt oft zu behäbig. Tedesco will mit seinen Mannschaften schnellstmöglich Torgefahr ausstrahlen und wird genau hier ansetzen. Bei gegnerischem Ballbesitz lässt der Trainer früh attackieren, bei eigenem Ballgewinn soll rasant umgeschaltet werden. Die Leidenschaft fehlt
Baustelle 4: Fehlendes Feuer. Bis auf wenige Ausnahmen, wie etwa dem 4:0 zu Hause gegen Borussia Mönchengladbach, dem 1:1 bei Bayern München oder dem 4:1 über den VfL Wolfsburg, spielte Schalke mit zu wenig Explosivität.
Selbst bei Rückständen wurde häufig der umständliche Weg mit vielen Stationen in der eigenen Defensive gewählt, anstatt den Gegner unter Dauerdruck zu setzen und Torgelegenheiten zu erzwingen. Hier ist Tedesco gefordert, die nötige Leidenschaft im Kader zu entfesseln.