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Nein, Freiburg-Trainer Streich hat nicht recht

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Kommentar: Nein, Freiburg-Trainer Streich hat nicht recht
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Trainer Christian Streich vom SC Freiburg hatte sich in der Debatte um Bayer Leverkusens Trainer Roger Schmidt eingeschaltet und dessen Ausraster verteidigt. Ein Kommentar.

Nehmen wir mal an, der Stürmer Nils Petersen wäre nach dem Pokal-Aus gegen Sandhausen zu seinem Trainer Christian Streich gegangen und hätte ihn angeschrien: „Was bist du denn für ein Spinner? Du glaubst wohl, du hättest den Fußball erfunden?“ Hätte Streich dann gesagt: „Nun, der Junge stand etwas unter Druck. Unter unglaublichem Druck. Ja, wo sind wir denn, dass Spieler das nicht mehr sagen können?“ Mal ehrlich: Wäre Streich so großzügig mit ihm umgegangen?

Wir vermuten: Petersen hätte eine Geldstrafe zahlen müssen. Oder auf die Tribüne gemusst. Jedenfalls: Folgenlos wäre der Vorfall nicht geblieben. Bei keinem Trainer. Die Solidarität, die Roger Schmidt von Sportchef Rudi Völler und seinen Trainerkollegen erfährt, ist deshalb etwas drollig. Unter Kollegen sollen Beleidigungen und Beschimpfungen in Ordnung sein. Man steht ja gemeinsam unter Druck. Ansonsten: rechts- und moralfreier Raum rund um die Trainerbänke?

So ganz erschließt sich die Argumentation nicht. Natürlich wird auf und an jedem Fußballplatz Fäkalvokublar ausgetauscht, das entweder überhört oder nicht geahndet wird. Aber nur weil der Schiedsrichter meistens nichts mitbekommt, heißt das noch lange nicht, dass Beleidigungen richtig sind. Wenn die meisten Autofahrer, die bei Rot über die Ampel fahren, nicht erwischt werden, darf ich noch lange nicht straffrei jede Ampel missachten.

Die Trainer beschweren sich über die Mikrofone am Spielfeldrand. Dazu Folgendes: Erstens stehen die nicht erst seit gestern da, und zweitens wissen die Trainer, sonst wären sie keine Profis, dass TV-Mikros aufgestellt sind. Bleiben wir bei der Verkehr-Metapher. Wenn ein Autofahrer mit Tempo 80 durch die verkehrsberuhigte Zone fährt, kann er sich kaum beschweren, dass ein Blitzgerät sein Fehlverhalten dokumentiert. Das Verhalten war der Fehler — nicht das Gerät.

Und dann Streichs Argument mit dem Druck. Ja, ein Trainer hat Druck. Wie er meint: unmenschlichen Druck. Dazu zum einen: Den Beruf des Bundesliga-Trainers hat er ganz alleine und vermutlich freiwillig gewählt. Damit eingeschlossen: die negativen Seiten wie Öffentlichkeit und Bewertung. Zum anderen: Für diese herausgehobene Stellung wird auch Herr Streich ordentlich bezahlt. Vermutlich besser als jeder Akkordarbeiter, der ebenfalls hohen Druck spürt.

Von einem pädagogischen Auftrag will Streich nichts wissen. Allein dieses Statement von einem Trainer des SC Freiburg zu hören, wo das Menschliche angeblich im Vordergrund steht, ist schon interessant. Noch interessanter ist, welches Verständnis Streich von Fußball hat: Hat Fußball nicht genau deswegen diese Bedeutung, weil unsere Kinder von Anfang an die Grundprinzipien einer Gesellschaft beim Fußball lernen sollen? Wo sollen die Vorbilder sein, wenn nicht bei den Profis?

Wären uns diese Grundprinzipien gleichgültig, wie Streich es uns weismachen will, dann hätte Christoph Daum seinerzeit ungestraft die Öffentlichkeit anlügen dürfen. Ist ja seine Sache. Wir waren aber strenger mit ihm. Zugegeben, das Wort „Spinner“ ist harmloser als Lügen. Gar keine Frage. Wo aber wollen wir die Grenze ziehen? Roger Schmidt stand unter Bewährung und war gewarnt. Er hat die Warnsignale missachtet. Nicht böswillig. Aber wissentlich.

Seine DFB-Strafe von zwei Spielen Sperre ist deshalb folgerichtig, angemessen und gerecht. Mit seinen Spielern wäre er, siehe oben, nicht anders umgegangen. Trainer Pep Guardiola reichte schon der Satz eines Beraters, um den Spieler Yaya Touré vor die Wahl zu stellen: „Entweder entschuldigt er sich - oder er spielt nicht mehr.“ Touré durfte den Sturm auf die Tabellenführung solange von der Tribüne aus bewundern. Jede Solidarität von Spielern hat ihm auch nicht geholfen.

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