Als der scheidende Aufsichtsrats-Vorsitzende Christian Hülsmann seine Abschiedsrede beendete, gab es stehende Ovationen von den 393 Mitgliedern. Zuvor hatte der ehemalige Stadtdirektor Klartext geredet und manches aus seiner sechsjährigen Amtszeit relativiert, auch die abgelaufene Seuchensaison erschien plötzlich in einem anderen Licht.
„Im Nachgang meinen manche, die Insolvenz wäre eine Klacks gewesen. Das war sie keineswegs, wir mussten ganz schön ackern. Das hätte am Ende auch tödlich und in der Kreisliga enden können“, erinnerte er noch einmal an den Scheideweg im Herbst 2010.
Auch mit dem sich hartnäckig haltenden Gerücht, die Stadt Essen würde noch heute RWE zu stark begünstigen, räumte er unmissverständlich auf: „Vor der Insolvenz hat die Stadt sicherlich eine Menge für den Verein getan, doch seit der Insolvenz beruht das Verhältnis auf Leistung und Gegenleistung. Die städtischen Töchter haben seit 2012 ihr Sponsoring um 50 Prozent zurückgefahren. Inzwischen hält die Stadt den Verein nicht über Wasser, ganz im Gegenteil: Der Umsatz der von uns beauftragten städtischen Dienstleister im Stadion Essen beträgt 1,8 bis 1,9 Millionen Euro, pro Saison.“
Verhältnis zur Stadt und der GVE wieder entspannt Mittlerweile habe sich das Verhältnis zur Stadt und der GVE wieder entspannt – seitdem der neue Oberbürgermeister Thomas Kufen im Rathaus ein Machtwort gesprochen habe. „Ganz im Gegensatz zu seinem Vorgänger, da hätte ich mir manch klärendes Wort gewünscht“, gab es noch einen Seitenhieb auf den Sozialdemokraten Reinhard Paß.
Aber auch zum sportlichen Debakel hatte der Aufsichtsrats-Chef eine klare Meinung: „Ich habe des öfteren von einer blutleeren Vorstellung der Mannschaft gelesen, zu Recht, wie ich finde. Das darf sich nicht wiederholen.“ Einmal die Worte an die Mannschaft gerichtet, las er ihr auch gleich die Leviten: „Sie hat einem jungen und engagierten Trainer den Einstieg in den Seniorenfußball vermasselt. Wir wünschen Jan Siewert viel Erfolg beim VfL Bochum!“
Für „seinen“ Verein sieht er die Zukunft in helleren Farben: „Ich gehe mit gebremstem Optimismus in die neue Saison. Wir sind besser aufgestellt als im letzten Jahr.“ Den Staffelstab reichte er mit dem für ihn trockenen Humor an André Helf weiter: „Ein Unternehmer als Nachfolger für einen Beamten – ich könnte mir Schlimmeres vorstellen.“
Er selbst wird das Geschehen von einem anderen Platz, aus einer anderen Perspektive verfolgen, dank seiner Ehrenkarte, die ihm der Verein zum Abschied überreichte. Nur das noch: „Auch als Viertligist ist es ein richtig geiler Verein.“ Da sprach am Ende der reine Fan.