Fan-Geschichte

Das Schalker Museum der Herzen

Öffnet sich die schwere Stahltür zum ehemaligen Umspannraum der Zeche Hugo, taucht man ein in eine Welt voller Erinnerungen. Selbst Fans, die den FC Schalke 04 nicht unbedingt in ihr Abendgebet einschließen, wären beeindruckt. Denn diese kleine Schatzkammer, die sich der ehemalige Betriebsratsvorsitzende an seinem alten Arbeitsplatz geschaffen hat, ist einmalig.

Alles fing im Jahr 2000 mit Andreas Möller an. Wie so häufig danach hatte Klaus Herzmanatus eine Grubenfahrt für die Schalker Profimannschaft organisiert. Auf 1500 Metern Tiefe kam er mit dem damaligen Schalker Spielmacher ins Gespräch. Wenig später besuchte er das Mannschaftstraining und übergab Möller Fotos, die er unter Tage aufgenommen hatte. Möller wollte wissen, was Herzmanatus für die Bilder bekommt. Die Antwort: „Gar nichts, aber über ein Trikot würde ich mich freuen.“

Es dauerte drei Monate, bis dann tatsächlich ein Päckchen ankam. Der Inhalt: eine Karte mit den besten Grüßen und ein königsblaues Trikot von Andreas Möller. Die Nummer sieben ist die Nummer eins von aktuell circa 800 Trikots, von denen gerade mal knapp die Hälfte eingerahmt sind und im kleinen Fußballmuseum ihren Stammplatz haben. Sie alle sind: original und von den Spielern getragen.

Nach Möller ging es schnell. Klaus Herzmanatus, der auf Schalke wegen seines Amts auf „Hugo“ sowieso kein Unbekannter war, sprach nach und nach immer mehr Spieler an und lud sie ins Bergwerk ein, um ihnen die Geschichte des Bergbaus und somit auch die Geschichte des Vereins näherzubringen. Als kleines Dankeschön gab es meistens ein Trikot. „Niemals nach dem Motto: Gib mal. Das finde ich ganz schlimm“, sagt er.

Die Trikots der Eurofighter

Das Sammeln von Fußballtrikots war mittlerweile mehr als nur ein Hobby geworden. Sah Klaus Herzmanatus auch nur die geringste Möglichkeit, ein Trikot für seine Sammlung zu ergattern, nutzte er sie. Nicht nur auf Schalke übrigens.

Über das ehemalige Düsseldorfer American Football-Team Rhein Fire bekam der Gelsenkirchener Kontakt zu Ingo Anderbrügge, beide verbindet seitdem eine Freundschaft. Der Schalker Eurofighter hat Klaus Herzmanatus circa 20 seiner Trikots zur Verfügung gestellt. Einer der größten Schätze der Sammlung sind die sechs Trikots der Gegner in der Uefa-Cup-Saison 1996/1997, die Anderbrügge nach den Spielen gegen sein Schalke-Dress getauscht hat: Roda Kerkrade, Trabzonspor, Brügge, Valencia, Teneriffa und Inter Mailand.

Frank Rost schickte das Pokal-Trikot

Frank Rost schickte nach seinem Wechsel von Schalke zum Hamburger SV sein Dress aus dem DFB-Pokalspiel 2009 gegen Werder Bremen. Ungewaschen. „Ich musste es dann auf der Terrasse auslüften. Wenigstens hatten wir keine Fliegen mehr“, sagt Klaus Herzmanatus und lacht. Auch zum ehemaligen Torwart hat er noch guten Kontakt.

Beim Besuch in Hamburg überreichte ihm „Fäustl“ eine große Kiste mit 30 seiner Trikots. Unter anderem mit dem Trikot, in dem Frank Rost 2002 gegen die USA sein erstes von vier Länderspielen für die deutsche Nationalmannschaft bestritten hat. „Frank hat gesagt, dass die Trikots doch viel besser bei mir aufgehoben sind, wo sie schön präsentiert werden, als wenn sie bei ihm nur in einer Kiste vergammeln.

Torwarttrikots sind seine besondere Leidenschaft. Die Nummer eins findet er einfach klasse. Warum das so ist, kann er gar nicht genau erklären. Es dürften aber mindestens 80 Trikots mit der Nummer eins sein, die die Wand über der Eingangstür des alten Umspannraums schmücken.

Eines hat sich Klaus Herzmanatus geschworen. Niemals würde er auch nur eines seiner Trikot abgeben, oder es verkaufen. „Das ist auch eine Vertrauenssache. Die Spieler wissen, dass ihre Erinnerungsstücke bei mir sehr aufgehoben sind“, sagt er. Apropos Erinnerung: Robert Enke schickte circa drei Wochen vor dem Freitod signierte Torwarthandschuhe nach Gelsenkirchen.

In den Vitrinen sind viele, viele Erinnerungsstücke ausgestellt: Der Wimpel der Meistermannschaft 1958, Zigarren von Rudi Assauer samt Aschenbecher, die Hose von Benedikt Höwedes aus dem WM-Finale 2014. Bälle, Fußballschuhe, Trinkflaschen - Schalker Vereinsgeschichte zum Sehen und Staunen.

Fragt man ihn nach seinem Lieblingstrikot, muss er lange überlegen. Eine Antwort hat er trotzdem nicht. „Jedes Trikot erzählt ja eine Geschichte, die für sich besonders ist“, sagt er. Die des Trikots von Gareth Bale von Real Madrid ist kurios, auch die des Trikots von Fernando Torres vom Stadtrivalen Atletico. Es müssen aber nicht immer die ganz großen Namen sein. Die neueste Errungenschaft ist die Torwartkluft, die Robert Wulnikowski, der ehemalige Industriemechaniker auf „Hugo“ im Mai beim Zweitliga-Aufstieg des FC Würzburg getragen hat.

Auf jeden Fall eine Menge Stoff für spannende Erzählungen.