Ivica Grlic sah am späten Mittwochabend seinen Zeitpunkt gekommen. Das Theater am Marientor war seine Bühne, der Sportdirektor des Fußball-Zweitligisten MSV Duisburg ging bei der Jahreshauptversammlung in die Offensive. Und sagte einen Satz, der so gar nicht zum Ivica Grlic der letzten Wochen passt. „Wir werden nicht eher Ruhe geben, bis wir wieder eine Hausnummer in der Bundesliga sind. Auch, wenn es Jahre dauert.“
Peng. Das saß.
Zuletzt hatte sich der 40-Jährige in Zurückhaltung geübt. Bei der Pressekonferenz vor dem Spiel gegen Fortuna Düsseldorf war Grlic zwar anwesend, wollte sich in diesem öffentlichen Rahmen aber nicht äußern. Der Sieg über Düsseldorf gab dem Mann zusätzlichen Rückenwind. Natürlich stand Grlic in der Kritik, als die Mannschaft tief im Keller stand und im Abstiegskampf aussichtslos abgeschlagen schien. Die Situation hat sich mittlerweile geändert. Schafft der MSV den Klassenerhalt, dann wäre bei der Endabrechnung eben mehr gut als schlecht gewesen. Oder wie Präsident Ingo Wald es im TaM formulierte: „Dann wird das Geschichtsbuch neu geschrieben.“
Eine Lanze für Lettieri Auch wenn sich – gemessen an der damals bitteren Bilanz – die öffentliche Kritik noch in Grenzen hielt: Die Zweifel an der Tauglichkeit der Mannschaft – formuliert sowohl von Medien als auch von Fans – gingen dem bosnischen Ex-Nationalspieler an die Nieren. Die aktuelle sportliche Situation scheint Grlic Recht zu geben: „Die Mannschaft, die ich unter den bekannten wirtschaftlichen Zwängen zusammengestellt habe, ist tauglich für den Klassenerhalt. Das stellt sie jetzt, wo sie endlich weitgehend komplett ist, unter Beweis.“ Dass es schwer werden würde, war Grlic von vornherein klar: „Ich bin ein ausgewiesener Realist. Mir war klar, dass die Saison ein Ritt auf der Rasierklinge werden würde.“
Als Mittelfeldspieler musste Grlic früher variabel sein: nach hinten absichern, nach vorne Impulse setzen. Abwehr und Angriff. So trat er auch im Theater am Marientor auf. Er brach eine Lanze für Ex-Trainer Gino Lettieri: „Er hat alle Erwartungen mehr als erfüllt“ – der Manager verglich Lettieri mit Kosta Runjaic: „Der Plan mit ihm ist ähnlich aufgegangen wie bei Runjaic.“
Es mag Zufall gewesen sein, dass der aktuelle Trainer Ilia Gruev in den Ausführungen nicht vorkam. Vielleicht aber dennoch zwischen den Zeilen. Grlic verteidigte die Verpflichtung des Stürmers Tomané, von dem Gruev beim Dienstantritt des Portugiesen explizit Tore erwartet hatte. Grlic: „Wir haben Tomané verpflichtet, weil er durch seine Laufbereitschaft Räume schafft. Er ist kein Gerd Müller. Es hat ihm mehr geschadet als genutzt, dass er ein Torjäger sein soll.“ Mittlerweile schießt Tomané nicht nur keine Tore, sondern er läuft nicht einmal. Der Mann sitzt seit drei Wochen auf der Tribüne und schaut seinen Kollegen, die ohne ihn erfolgreicher als mit ihm sind, bei der Arbeit zu.