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Taksim ist überall!
Türkischer Fan-Anwalt wirbt für Solidarität

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Dortmund: Türkischer Fan-Anwalt wirbt für Solidarität
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Taksim ist überall! - „Carsi“-Anwalt Inan Kaya war unlängst zu Besuch beim BVB und fordert internationale Solidarität mit türkischen Fußballfans.

Im Rahmen der Gezi-Proteste im Frühjahr 2013 hatte die Ultra-Gruppierung „Carsi“ von Besiktas Istanbul eine führende Rolle eingenommen. Seit ihrer Gründung Anfang der 1980er Jahre gilt sie in der Türkei als gesellschaftlich besonders engagiert. Der AKP-Regierung und Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan ist sie deshalb ein Dorn im Auge. Im Dezember endet der Prozess gegen 35 Mitglieder der Gruppe. Gefordert wird eine - teilweise lebenslange – Haftstrafe für die Fans.

Auf Initiative des Fanclubs BVB-International hatte der Rechtsanwalt der Gruppe, Inan Kaya dem Ruhrgebiet vor Wochenfrist einen Besuch abgestattet. Kaya wollte sich vor Ort überzeugen, wie die Polizei in Deutschland mit Fußballfans umgeht und besuchte zu diesem Zweck auch das Europa-League-Spiel des BVB gegen Qäbala.

Sein Mandant Cem Yakiskan konnte das nicht. Er darf die Türkei nicht verlassen. Ihm drohen dort 49 Jahre Gefängnis, weil er als einer der zentralen Köpfe von „Carsi“ eine terroristische Vereinigung und einen Putschversuch gegen die damalige Regierung Erdogan geplant haben soll. Unter dem Motto „Taksim ist überall!“ nahm Kaya im Rahmen des 11. Literatürk-Festivals im Signal-Iduna Park an einer Podiumsdiskussion zum Thema „Gesellschaftspolitisches Engagement von Fußballfans im internationalen Vergleich“ mit Vertretern der BVB-Fanabteilung und der Dortmunder Ultra-Gruppierung „The Unity“ teil.

RevierSport sprach mit ihm über den bizarren Prozess in einem Staat, in dem die Gewaltenteilung zu entgleiten droht und dem die linksgerichtete Fangruppierung „Carsi“ schon länger ein Dorn im Auge ist.

Herr Kaya, ist „Carsi“ eine Terrororganisation?

Nein, natürlich nicht. Wir sind Fußballfans. Wenn nicht immer noch 49 Jahre Haft gegen zwei meiner Mandanten im Raum stünden, müsste man eigentlich darüber lachen. 35 unserer Mitglieder sind aber wegen der Bildung einer Terrororganisation und einem angeblichen Putschversuch gegen die Regierung der Türkei angeklagt.

Was sagen Sie dazu?

Wenn zwei Anhänger jeweils ein Ministerium übernehmen und dann noch das Parlament entern, könnte es klappen. Da der türkische Regierungssitz in Ankara ist, müssten sie jedoch vorher mit dem Bus von Istanbul aus dorthin fahren. Das blöde ist nur, dass sie dann auf dem Weg ordentlich trinken würden. Die Revolution müsste dann so lange warten, bis sie wieder nüchtern sind. Aber dann könnte es gehen (lacht).

Carsi ist keine politische Bewegung

Inan Kaya

Sie sind nicht nur „Carsi“-Mitglied, sondern vertreten die angeklagten Mitglieder auch in dem Prozess. Sind Sie dem eigenen Staat zu unbequem geworden?

Zunächst einmal ist „Carsi“ keine politische Bewegung. Wir sind seit Anfang der 1980er Jahre eine sozialkritische und gesellschaftlich engagierte Fangruppierung von Besiktas Istanbul, die sich auch vor den Gezi-Protesten mit Transparenten und Schlachtrufen zum Beispiel gegen Kernenergie zu Wort gemeldet hat. Das „a“ in unserem Namen steht für Anarchie und freie Meinungsäußerung.

Bei den Gezi-Protesten hat „Carsi“ eine führende Rolle gespielt! Der Stadtteil Besiktas ist direkt nebenan. Wir sind zum Taksim-Platz gelaufen und haben gefeiert. Und wenn man dann einige Slogans ruft, ist das ein Teil der Ausdrucksfreiheit. Wir haben niemanden zur Gewalt eingeladen oder aufgerufen und auch keine Gewalt angewendet. „Carsi“ verwendet keine Gewalt, sondern nur seine Intelligenz. Und daran haben sie sich gestört. Das Problem war, dass durch den lächelnden Protest der „Carsi“ viele Menschen angesteckt wurden und sich uns angeschlossen haben. Durch „Carsi“ ist der gesellschaftliche Druck, der sich über Jahre aufgestaut hatte, zur Explosion gekommen. Freiheit lässt den Geist kreativ. Aber das wollen sie nicht. Was wird Ihnen genau vorgeworfen?

Wir hatten lange keinen Einblick in die Akten. Der Vorwurf lautete schließlich zunächst, dass wir unter Androhung von Gewalt einen Diebstahl eines Wasserwerfers begangen hätten. Das war noch nachvollziehbar, weil wir aus Spaß im Internet eine Anzeige aufgegeben hatten, dass wir einen solchen zu verkaufen hätten. Aber als dann der Vorwurf des Putschversuches und der Bildung einer terroristischen Organisation kam, haben wir uns doch sehr gewundert. Dann wurden 22 unserer Mitglieder verhaftet. Der Polizeibeamte sagte bei der Verhaftung zu mir, dass er seit 20 Tagen auf diesen Tag warten würde, dass unsere Fans bei ihm auf dem Präsidium sitzen. Ich habe ihm im Scherz noch entgegnet, dass er mir doch hätte Bescheid sagen sollen, dann wären wir eher gekommen. Wie lange saßen die Fans in Untersuchungshaft?

Zwei von ihnen saßen 60 Tage fest. Die anderen wurden vorgeladen. Möglicherweise werden die 13 von den angeklagten 35 Fans, die nicht in U-Haft waren, dann nach dem Putsch die Übergangsregierung stellen. Anders kann ich mir nicht vorstellen, warum sie nicht auch verhaftet wurden (lacht). Inzwischen sind aber alle auf freiem Fuß.

Und der Wasserwerfer?

Die Polizei hat uns gefragt, warum wir das gemacht hätten, es sei doch gar kein TOMA (türkisch für Wasserwerfer) entwendet worden. Die Anklage der Staatsanwaltschaft lautete trotzdem so. Ich habe selbst an den Märschen teilgenommen. Daran war überhaupt nichts illegal. Häufig hat die Polizei uns sogar gezeigt, welchen Weg wir nehmen sollen. Daran haben wir uns gehalten. Ein anderes Mitglied soll zu acht Jahren Haft verurteilt werden, weil er zu Hause Nebelkerzen mit Nitroglyzerin aufbewahrt hat, das man auch für Sprengsätze verwenden kann. Das bekommt man aber für drei Lire (ein Euro) in jedem Laden in der Türkei. Uns haben sich tausende anderer Menschen angeschlossen, das ist ihr Problem.

Ich weiß nicht, wie sich die neue Regierung verhalten wird

Was führt die AKP im Schilde?

Am 29. Dezember soll das Urteil gesprochen werden. Befürchten Sie, dass sich durch das jüngste Wahlergebnis die Aussichten Ihrer Mandanten verschlechtert haben?

Es ist schwierig, zu spekulieren. Mit dem Ergebnis und fast 50 Prozent für die AKP hat niemand gerechnet, ich glaube sie selbst auch nicht. Ich kann leider keine Vermutungen anstellen, weder positiv noch negativ, denn ich weiß nicht, wie sich die neue Regierung verhalten wird. Ich glaube aber, dass es nicht lange dauern wird, bis wir es merken werden.

Mit welchen Urteilen rechnen Sie?

Die Staatsanwaltschaft hat den Vorwurf des Putschversuches inzwischen fallengelassen und die Anklage relativiert, aber das Gericht noch nicht. Deswegen kann es theoretisch immer noch sein, dass unsere Mitglieder deswegen verurteilt werden. Dafür wurden die Gezi-Proteste als illegal eingestuft. Unseren Fans, die daran teilgenommen haben, droht deshalb allein wegen der Teilnahme weiterhin eine Höchststrafe von bis zu drei Jahren Gefängnis.

Erwarten Sie ein faires Urteil?

Ich bewerte diese Aussichten eher schlecht, weil es meiner Meinung nach keine vom Staat unabhängige Justiz in der Türkei mehr gibt. Das Urteil wird auf jeden Fall zu einer Bewährungsprobe des türkischen Justizwesens. Die türkischen Gerichte müssen jetzt beweisen, dass sie doch unabhängig und frei sind. Das was ich aber bis jetzt mitbekommen habe, deutet nicht darauf hin.

Ist das auch der Grund, warum Sie in Dortmund waren?

Ja, um die internationale Öffentlichkeit zu informieren und die Öffentlichkeit in der Türkei zu sensibilisieren, dass hier zu Lasten von Fußballfans ein massiver Fehler im Justizwesen der Türkei passiert. Und um zu verhindern, dass diese Ungerechtigkeiten in der Türkei fortgesetzt werden. Dafür brauchen wir die internationale Solidarität – nicht nur der Fußballfans. Deshalb bin ich sehr dankbar, dass der BVB-Fanclub International mir die Möglichkeit gegeben hat, darüber in Deutschland zu reden. Welche Rückmeldungen haben sie von den BVB-Fans bekommen?

Ich glaube, sie waren erschrocken, wie es bei uns zugeht. Auch sie haben mit Kollektivstrafen und Repressalien zu kämpfen. Aber im Vergleich zur Türkei auf einem ganz anderen Niveau. Interview: Stefan Bunse

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