Das war ein Spezialauftrag mit Gänsehaut-Feeling – erst recht für einen eingefleischten Rot-Weiss-Fan, wie Markus Sorek einer ist. Als Ruhrmuseum-Direktor Theo Grütter ihn letzte Woche auf Dienstreise nach Bremen schickt, lässt sich der 53-jährige Essener natürlich nicht zwei Mal bitten. Seine noble Mission: die Replik der DFB-Meisterschale – 1955 errungen von den Rot-Weiss-Idolen Rahn, Islacker, Gottschalk & Co. – bei der Silberwarenmanufaktur persönlich abholen und sicher nach Essen bringen.
„Ich bin Rot-Weiss-Fan durch und durch, was gibt es da Schöneres“, sagt Sorek und legt an diesem Montagmorgen, wenige Augenblicke vor der Ausstellungseröffnung, zum letzten Mal Hand an die „Schale“. Mit weißen Baumwollhandschuhen und weichem Tuch poliert er beinahe andächtig die ohnehin schon glänzende „Salatschüssel“ aus Sterling-Silber noch ein bisschen mehr auf. Auch seine Kollegen ergreift der „Rahnsinn“, sie knipsen mit ihren Smartphones. Repräsentativer Platz für die Schale
„Vor sechzig Jahren war es nicht üblich, eine Replik des Wanderpokals anzufertigen“, weiß Uwe Wick, Sporthistoriker und RWE-Vereinsarchivar. In Theo Grütter, selbst eingefleischter Fußball-Fan, findet Rot-Weiss einen verständnisvollen Mit-Investor. Verein und Museum teilen sich die 11 500 Euro, die diese Kostbarkeit kostet.
Im Titelgewinn von Rot-Weiss, dem ersten für eine Ruhrgebietsmannschaft nach dem Krieg, sieht Grütter weitaus mehr als einen bloßen Vereinserfolg. „Damit begann die Goldene Ära des Revier-Fußballs, denn die Deutschen Meisterschaften von Dortmund 1956/57 sowie Schalke 1958 folgten.“ Das Revier ist wieder wer.
Bis zum 23. August zählt die 55er-Schale zu den Höhepunkten der Design-Ausstellung („Dauernde, nicht endgültige Form“) in Halle 5 auf Zollverein: zusammen mit dem atemberaubenden 300 Mercedes-SL, dem bulligen Bosch-Kühlschrank und dem schicken Braun-Rasierer. Und danach? „Die Schale wird einen repräsentativen Platz im Stadion finden“, versichert Wick. Was die Replik so besonders macht: Es handelt sich um eine Nachbildung der 1949 von Elisabeth Treskow (siehe Text unten) geschaffenen „Salatschüssel“. Wie das Original hat sie einen Durchmesser von 50 Zentimetern, die Gravur „Rot-Weiss Essen“, ist die letzte.