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SGW-Frauen: Stegemann als "Häuptling" - Platz zehn für die Glückseligkeit
Tanja Schulte: "Das bekommen, was für uns möglich war"

SGW-Frauen: Stegemann als "Häuptling" - Platz zehn für die Glückseligkeit
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Die Uhr tickt! Die finanzielle Krise hat die SG Wattenscheid 09 überwunden, die Insolvenz wurde abgewendet, somit auch die Flucht der Frauenabteilung unter eine neue "Flagge". Parallel waren die Verantwortlichen gezwungen, weiter die Strukturen des Kaders voran zu treiben.

Spielerinnen mussten mit warmen Worten überzeugt werden, dass man alles im Griff habe, dass man sich die sportliche Vorleistung Bundesligaaufstieg - die in der zweiten Bundesliga Nord mit einiger Überzeugung vollzogen wurde - nicht durch wirtschaftliche Kapriolen des Gesamtvereins vermiesen lassen wolle. Alles wurde bewerkstelligt, auch überzeugend. Heute, Donnerstag, steigt ein moderiertes Training ab 19 Uhr am Espenloh. RevierSport unterhielt sich mit Tanja Schulte, die zeitgleich auch noch ihre A-Lizenz genauso überzeugend baute, über die Lage.

Tanja Schulte, einmal ehrlich, hätten Sie auf das finanzielle va banque-Spiel in der Sommerpause nicht wirklich verzichten können?

Und wie. Das ganze Theater hat Nerven gekostet.

Weiter ehrlich, haben Sie immer gut geschlafen?

Zwischenzeitlich nicht. Positive und negative Tendenzen wechselten ständig. Angst um die 1. Bundesliga hatte ich aber nicht. Da war ich mir sicher, dass die Verantwortlichen so handeln, dass der Aufstieg nicht umsonst war. Ich hatte aber Bedenken, dass unsere Wunschkandidatinnen von diesem Theater, was durch Presse ging, abgeschreckt werden.

Haben Sie alle die Spielerinnen bekommen, die Sie für die Bundesliga haben wollten?

Ja, das haben wir. Kerstin Stegemann ist natürlich der Kracher für die Mannschaft, für uns und den Verein. Aber auch Lena Wermelt hätte sich durchaus für diverse andere Vereine mit sportlich anderen Zielen als den Klassenerhalt wählen können. Eine weitere Wunschkandidatin. Und einer Melissa Thiem, der dritten im Bunde, traue ich viel zu, wenn sie sich im Verbund mit dem Internat voll auf den Fußball konzentriert. Sarah Schröder und Laura Hoffmann

... beide Teil der U17 des DFB ...

werden uns vielleicht noch nicht sofort weiterbringen, aber sie werden bei uns viel lernen und schon bald auf sich aufmerksam machen. Wir haben das bekommen, was für uns möglich war.

Bundesliga: Ein Abenteuer für die SGW?

Wenn man sich die 2. Liga nun ansieht, dann auch fast schon ein Segen. In diesem Unterbau wären wir ja nun Unmengen an Kilometern gefahren. Da mussten wir weg. Aber es wird für uns alle ein Abenteuer. Das erste Jahr nimmt einem von den Erfahrungen keiner mehr. Alles ist neu. Plötzlich steht den Spielerinnen eine Birgit Prinz gegenüber. Plötzlich ist man beim Hallenmasters nicht nur begeisteter Zuschauer, sondern dabei.

Aber man ist plötzlich auch nicht mehr der Favorit, gewinnt nicht mehr eine Vielzahl der Spiele, sondern ist der große Underdog. Am Ende wird die SGW 10. - ein riesiger Erfolg, oder?

Unser Ziel ist selbstverständlich genau dieser Platz. Es soll nicht bei einer Spielzeit im Oberhaus bleiben. Dennoch backen wir kleine Brötchen und wollen uns schnell an das Niveau, das Tempo und an die Gangart gewöhnen. Alles spricht über Kerstin Stegemann, wieviele Spielerinnen haben Sie, die ansatzweise in Augenhöhe agieren können? Stege steht mit ihrer Klasse zunächst ganz oben. Das wissen alle im Team und sind stolz auf so eine Mannschaftskameradin. Mit Nadine Richter haben wir aber auch einen sehr guten Rückhalt im Tor. Mit Silke van den Berg, Jeannette Götte, Carmen Israel, Jennifer Düner, Deniz Özer, Jennifer Ninaus, Lena Wermelt und Melissa Thiem haben wir Spielerinnen, die schon in der Bundesliga gespielt haben. Caro Hamann und Daniela Löwenberg gehören dahin. Wir werden als Team stark genug sein. Und bei den Gesprächen mit Stege wurde das von beiden Seiten deutlich angesprochen. Wir haben Sie als Häuptling, aber sie muss den Druck nicht alleine tragen. Zählen Sie bitte Argumente dafür auf, warum Sie eine Erklärung wie "die SGW ist bundesligatauglich" blind unterschreiben!

In der 2. Liga haben in fast allen Begegnungen 70 Prozent gereicht. Das soll nicht abwertend klingen, aber es war immer viel Luft nach oben. In den meisten Matches war der Gegner nur auf Schadensbegrenzung aus und agierte extrem defensiv. Unsere Stärken kamen kaum zum tragen. Ein Aha-Erlebnis war beispielsweise ein Test gegen Neuenahr in Bestbesetzung. Da haben wir richtig gut ausgesehen, weil wir mitspielen konnten.

Das Argument ist also, das wir spielerisch stark genug sind. Stegemann, auf dem Feld die Lokomotive, abseits des Platzes auch Gold für die SGW wert, korrekt?

Für uns als Trainer zählt das zunächst nicht. Wir wollen sie nicht vermarkten, sondern sie soll die Mannschaft auf dem Platz in Verbindung mit den anderen Leistungsträgerinnen führen. Wenn durch sie mehr Zuschauer kommen oder der ein oder andere Sponsor nun einsteigt, ist das super. Dennoch haben wir sie geholt, um sportlich noch konkurrenzfähiger zu sein.

Eine Stegemann kam nicht zu den SGW-Ladies, um sich in der Liga abfrühstücken zu lassen, oder?

Richtig. Mich hat gewundert, wie akribisch sie sich im Vorfeld mit unserer Mannschaft beschäftigt hat. Sie hatte die Namen, sogar die Positionen im Kopf und die Einschätzung der Leistungsstärke der einzelnen Spielerinnen stimmte auch. Sie ist nicht nach Wattenscheid gekommen, um im nächsten Jahr wieder zu wechseln. Und schon gar nicht, um noch mal abzusteigen. Um Titel ging es ihr nicht, da hat sie schon einige Medaillen in der Vitrine. Für sie wäre Platz zehn genauso ein Erfolg. An den sie aber glaubt und davon überzeugt ist.

Zurück zu Ihrer Nachtruhe: Was glauben Sie, schlafen Sie von Samstag, 18. August, auf Sonntag, 19. August, richtig entspannt?

Es wird ein Mix aus Vorfreude, Unwissen vor dem was kommt und Aufgeregtheit. Nach den sechs Wochen Arbeit werden wir aber so gut vorbereitet sein, dass wir keine Angst haben brauchen. Wir sind zu Hause lange ungeschlagen geblieben. Wenn Wolfsburg meint, hier im Vorbeimarsch die Punkte mitzunehmen, dann täuschen sie sich.

Von wievielen Leute wurden Sie nach dem Aufstieg schon angesprochen, mit denen Sie noch nie sprachen und mit denen Sie noch nie rechneten?

Eine berechtigte Frage, die ich zahlentechnisch nicht beantworten kann. Von vielen! Insgesamt ist man froh, dass man mit dem Erreichten für Aufsehen sorgen konnte. Aber die Leute, die von Anfang an dem Unterfangen mitgearbeitet, uns begleitet und unterstützt haben, die sind mir im Gedächtnis geblieben.

Was darf beim ersten Match gegen Wolfsburg nicht passieren?

Dass wir vor Aufregung und Nervosität sofort in Rückstand geraten. Wenn wir nach den ersten Aktionen merken, dass wir mithalten können, dann sind wir immer für etwas gut. Wolfsburg hat stark aufgerüstet, wird im oberen Bereich der Tabelle erwartet. Da müssen sie bei einem "Aufsteiger" direkt war reißen. Die Anfangsphase überstehen, selbst ins Spiel finden und dann schauen, was passiert! Das ist unser Vorhaben.

Können Sie was mit dem Satz anfangen: "Wir haben keinen Druck, von uns erwartet niemand etwas"?

Nein, kann ich nicht. Von uns wird was erwartet und wir erwarten von uns selbst auch eine Menge. Druck werden wir die ganze Saison haben. Wir wollen nicht absteigen. Mit Druck muss man aber umzugehen wissen. Man kann Druck in gewissen Spielen auch positiv einsetzen.

Meister werden Sie nicht, wer wird es? Ich beschäftige mich eher mit den Kandidaten, die neben uns um den Klassenerhalt kämpfen. Frankfurt ist sicher die Nummer eins in der Rangliste. Duisburg würde ich es wünschen. Potsdam hat auch nach dem Umbruch Chancen. Ansonsten kommt keiner so richtig in Frage. Die SG Wattenscheid steigt nicht ab. Was sind die wichtigsten Argumente, mit denen Sie diese These begründen?

In diesem Jahr gibt es kein Brauweiler. Die sechs Punkte, die alle Mannschaften gegen sie geholt haben, werden anders vergeben. Zwar werden Saarbrücken und wir als Aufsteiger heiß gehandelt, dennoch wird die Liga bis auf die Meisterschaftskandidaten erheblich ausgeglichener sein. Saarbrücken und uns einbezogen.

Ihr Club ist in der Elite-Klasse, was ist der nächste Entwicklungschritt, der passieren muss?

Der erste Plan "in drei Jahren in der 1. Liga" hat funktioniert. Jetzt lautet der Plan, sich zunächst zu halten, dann zu etablieren und aus dieser zweijährigen Entwicklung ein vernünftiges Ziel für das dritte Jahr herauszugeben. Das Wichtigste sind aber die ersten zwölf Monate. Abschlussthese: Die Nationalmannschaft kommt aus China wieder als Weltmeister zurück, außerdem findet die nächste WM 2011 in Deutschland statt - freuen Sie sich auf diesen Boom?

Es wird sehr schwer, den Titel zu verteidigen, obwohl wir natürlich mitfiebern und es uns wünschen würden. Eine WM im eigenen Land wäre das Sahnehäubchen. Auf diesen Boom wird sich jeder freuen, der im Frauenfußball aktiv ist. Verdient hätten es sich alle.

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