Das ist das Ergebnis der Jahreshauptversammlung am Mittwochabend im Paul-Cohn-Haus. Acht Monate nach der Mitgliederversammlung an gleicher Stelle ging es dieses Mal nicht ganz so turbulent zu, die Stimmung war indes ähnlich. Am Ende konnte die Zerissenheit des Vereins trotz vieler gut gemeinter Appelle wohl nicht überwunden werden - im Gegenteil. Der neue Aufsichtsrat besteht aus den fünf Personen, die dem "offiziellen" Vorschlag entsprangen. Und die kritische Fraktion, die auch als Opposition bezeichnet werden kann, erlebte ein Déjà-vu.
Die wichtigsten Entscheidungen und Aspekte des Abends im Überblick:
Aufsichtsrat: Der bisherige Vorsitzende Thorsten Heckendorf und Sascha Teichmann sind ausgeschieden. Neu ins Kontrollgremium gewählt wurden Franco Vit (124 von 172 möglichen Stimmen) und Ewald Fischer (118). Zusammen mit Reinhard Mokanski, der aber nur 104 Stimmen erhielt, und den Vertretern von Galatasaray Istanbul, Ebru Köksal und Kemal Erimtan (beide 87 Stimmen in Abwesenheit), bilden sie nun das neue Kontrollgremium. Knapp scheiterte Christian Mose (82 Stimmen), klar Christian Ruthmann (26). Damit zog das Quintett in den Aufsichtsrat ein, das von allen bisherigen Amtsträgern klar favorisiert worden war. Im Prinzip gab es allerdings auch keine Alternative: Denn die Ankündigung des neuen Vorsitzenden Mokanski, dass alle fünf Aufsichtsratsmitglieder nur gemeinsam oder gar nicht zur Verfügung stehen, dürfte ihre Wirkung bei den Anwesenden nicht verfehlt haben. Angesichts der drohenden, vor allem wirtschaftlichen Konsequenzen, blieb die sogenannte Opposition, die nach dem kurzfristigen Rückzug von gleich vier Kandidaten aber auch keinen eigenen "Block" mehr hätte stellen können, erneut außen vor. Vorstand: Nach erfolgreicher Wahl setzte der Aufsichtsrat wie erwartet den bisherigen Vorstand ein: Er besteht weiterhin aus Gabi Vit, Frank Kolberg und Abdullah Emili. Christoph Jacob ist wie angekündigt aus dem Vorstand ausgeschieden.
Wirtschaftliche Situation: "Ernst, aber nicht hoffnungslos" - so lässt sich die Lage des krisengeschüttelten Klubs wohl am besten zusammenfassen. Der Gürtel wird im Vergleich zum vergangenen Geschäftsjahr nochmals enger geschnallt. Die Konsolidierung geht aber weiterhin nur langsam voran. Weiterhin ächzt der Verein unter erheblichen Kapitalproblemen und ist von Privatdarlehen abhängig. Die Erträge gehen auf Basis einer Hochrechnung im laufenden Geschäftsjahr auf 531.032 Euro zurück (Vorjahr 660.251). Eklatant ist der Rückgang bei "Handel und Catering", der über 40.000 Euro beträgt. Bei den Aufwendungen konnte der mit Abstand größte Posten "Personalaufwand" von rund 448.000 auf knapp 354.000 Euro heruntergefahren werden. Veranschlagt waren allerdings lediglich 280.000 Euro. Nach dem schlechten Saisonstart seien Vorstand und Aufsichtsrat jedoch übereingekommen, noch einmal Geld für neue Spieler (Mario Klinger und Lucas Oppermann) in die Hand zu nehmen, erläuterte Christoph Jacob. Unterm Strich steht somit ein Gewinn von 5.612 Euro. Zu wenig, um die Schulden signifikant zu tilgen - die gute Nachricht aber ist: die Zeiten, in denen die SGW jährlich ein strukturelles sechsstelliges (!) Minus einfuhr, sind vorbei. Somit sah Gottfried Bühlbecker, der bei 09 für die Aufbereitung der Bilanz verantwortlich zeichnet, den Verein auch auf dem richtigen Weg - erst recht im Vergleich zu der existenzbedrohenden Lage bei Jacobs Amtsantritt 2009. Trotzdem: Das Eigenkapital beträgt etwas mehr als 242.000 Euro, die Verbindlichkeiten 363.000 Euro - eine krasse Unterdeckung, die weiterhin Schwierigkeiten bereitet. Auch problematisch: Der Verein hat seine Gemeinnützigkeit immer noch nicht zurückerlangt. Das erschwert das Generieren von Spenden zusätzlich. Den Übergang vom Mäzentum unter Klaus Steilmann zu normalem, breiter aufgestelltem Sponsoring sieht Jacob trotzdem erfolgreich vollzogen.
Kooperation mit Galatasaray Istanbul: Obwohl der Verein im letzten Jahr wie berichtet über 60.000 Euro vom türkischen Rekordmeister erhielt, mutet die Kooperation weiterhin lächerlich an. So waren am Mittwoch beide Aufsichtsratsmitglieder nicht anwesend. Emili gab den Wunsch der "Gala"-Vertreter nach Kontinuität in den Wattenscheider Gremien weiter - musste aber einräumen, dass in Istanbul selbst aktuell ein kommissarischer "Not-Vorstand" tätig ist, von dem bis Ende Mai nichts zu erwarten ist. Ein erhofftes Freundschaftsspiel ist aufgrund von DFB-Auflagen höchstens im U19-Bereich umsetzbar. Erneut wurde das realitätsfremde Ziel von Drittliga-Fußball an der Lohrheide als erklärte Perspektive ausgegeben. Der bisher noch nicht verabschiedete Kooperationsvertrag wurde in einer spontanen Abstimmung verifiziert. Die Krönung aber war, dass die Verantwortlichen erst auf Nachfrage auf ein Versprechen aus dem August 2014 zu sprechen kamen: Damals war versichert worden, dass Galatasaray der SG ein Kontigent von 100 VIP-Karten für das Derby gegen Fenerbahce zur Verfügung stellt. Diese sollten für jeweils 1.000 Euro verkauft werden und so 100.000 Euro in die Wattenscheider Vereinskasse spülen. Das Kontingent war von Galatasaray im Herbst dann tatsächlich angeboten worden, wurde von den SGW-Verantwortlichen aus fadenscheinigen Gründen jedoch nicht abgerufen ("Ungünstiger Termin, zu geringe Gewinnspanne"). Vier Jahre bleiben nun noch, um dem Thema endlich Leben einzuhauchen. Das zumindest soll angeblich der ausdrückliche Wille aller Beteiligten sein.
Sportliche Situation: Die prekäre Lage der Regionalliga-Mannschaft kam erstaunlich kurz. Genau genommen wurde während des Protokolls von Jugendleiter Georg Sokoll länger über die Situation jeder einzelnen U-Mannschaft gesprochen, als über die erste Mannschaft, die immerhin vollzählig anwesend war. Weder die Entlassung von Christoph Klöpper, noch die aktuelle Bilanz wurde im Ansatz erwähnt. Engin Tuncay berichtete zwar über die zweite (kämpft in der Bezirksliga um den Klassenerhalt) und dritte Mannschaft (spielt um den Aufstieg in die B-Kreisliga), Hartmut Fahnenstich oder Farat Toku jedoch blieben stumm. So blieb es bei Mokanskis erstaunlichem Appell zum Schluss des Abends: "Ihr seid jetzt gefordert! Wir wollen in der vierten Liga bleiben und dafür brauchen wir Siege. Bitte hört auf euren Trainer, denn wir alle brauchen Erfolg. Erfolg macht geil - und geil seid ihr doch alle."