RWE-Kommentar

Das Unvermeidliche symbolträchtig inszeniert

Rot-Weiss Essen - das war den Verantwortlichen immer wichtig - handelt nicht aus Aktionismus heraus, sondern wohlbedacht. Daher wurde das Desaster von Rödinghausen als i-Tüpfelchen der letzten Monate in Ruhe analysiert. Und so kam man erst nach vier Tagen zu dem unvermeidbaren Ergebnis: Es geht nicht mehr mit Marc Fascher.

Der Protest war zu stark, die Leistungskurve der Mannschaft zu steil nach unten gerichtet. Kreativität auf dem Rasen: Fehlanzeige. Ideen hatten nur noch die Fans, die in diversen Gesängen ihrem Frust freien Lauf ließen.

Ob die Verkündung der Beurlaubung auf einem Fantreffen zu einer symbolträchtigen Zeit wie 19:07 Uhr geschehen muss, das bleibt dahingestellt. Denn es wurde kein Ronaldo vorgestellt, auch kein Großsponsor, der Hoffnung auf eine schnelle Rückkehr in den Profibereich macht. Es ging um das Eingestehen, hier ist etwas zu Ende, was überhaupt nicht so funktioniert hat, wie sich der Klub das vorgestellt hat. Es ging um eine Veränderung, die nicht zu verhindern war, die den Verein aber vermutlich eine Stange Geld kosten wird, wenn die Gerichte in den kommenden Wochen nicht in jedem Punkt bei den Essenern sind.

Den Fans war das egal, denn die hatten zu Wochenbeginn bereits die Befürchtung, dass RWE den sehr mutigen Weg geht und weiter zum Trainer hält. Daher feierten sie die Demission des Trainergespanns wie einen Derbysieg und hoffen nun mal wieder, dass alles besser wird. Bedeutet: Zunächst muss ein Interimscoach her, der weiß, wie die Hafenstraße tickt. Schließlich weiß die Mannschaft das nicht so wirklich, wie auch Michael Welling zugeben musste. Dann muss dieses "elendige" Kray-Spiel irgendwie gewonnen werden, schließlich hängen diese 90 oder 120 Minuten derzeit wie ein Damoklesschwert über der Hafenstraße. Zwei Pleiten bereits in der Saison gegen den kleinen Rivalen aus der Stadt, das TV plant eine Liveübertragung und bei einer Niederlage winkt Kray der DFB-Pokal - im schlimmsten Fall auch noch mit dem Toplos Bayern München in Runde eins. Das wäre zu viel für die derzeit geschundene rot-weisse Fanseele.

Zumindest haben die Verantwortlichen nun eines sicher erreicht: Der Fanschwund wird beim Pokalhighlight gestoppt, die Stimmung dürfte von heute auf morgen wieder da sein und die Mannschaft weiß sich bedingungslos unterstützt. Diese Gemengelage sollte reichen, um eine dritte Blamage gegen den Stadtrivalen zu verhindern, der sicher darauf gehofft hatte, dass RWE sich auch in den kommenden zwei Wochen selber im Weg steht. Mit dem Pflichtsieg gegen den FCK wäre Schritt eins getan, die Suche nach dem richtigen Trainer für die kommende Saison ist der nächste. Vermutlich liegen die ersten Bewerbungen schon auf dem Tisch von Welling...