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Moors und Möhlmann bestätigen Neururer-Vorwürfe
Neururer belastet Essen und Aachen

 Moors und Möhlmann bestätigen Neururer-Vorwürfe
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Die Fußball-Trainer Benno Möhlmann und Hans-Werner Moors haben die Doping-Vorwürfe ihres Kollegen Peter Neururer bestätigt. Der ehemalige Zweitliga-Profi Moors gab die Einnahme von Captagon in den 70er Jahren bei Preußen Münster zu. Sein damaliger Teamkollege Möhlmann untermauerte dessen Aussagen durch eigene Beobachtungen. `Ich habe mich in der Zeit als Spieler bei Preußen Münster zwei- oder dreimal überreden lassen und habe Captagon eingenommen´, sagte Moors, derzeit Coach des Oberligisten Preußen Münster, dem Sport-Informations-Dienst (sid), versicherte aber, nicht gewusst zu haben, um welches Mittel es sich handelt.

`Das wurde uns damals zum Teil von offizieller Stelle als Multivitamin-Pille angeboten. Auch von Trainer Rudi Faßnacht, das ist kein Geheimnis´, sagte Moors, der zwischen 1974 und 1980 für Münster und Arminia Bielefeld 154 Zweitliga-Spiele sowie für Bielefeld 34 Bundesliga-Partien bestritt: `Es hieß: Probiert das mal, ihr braucht Vitamine. Es wird aus der damaligen Zeit viele, viele Spieler geben, die es probiert haben, ohne dass man von systematischem Doping sprechen kann. Denn die Spieler haben schnell gemerkt, dass es ihnen nichts bringt.´

Hans-Werner Moors (Foto: firo).

Möhlmann bestätigte die Aussagen von Moors, bestritt aber die Einnahme des Aufputschmittels. `Ich persönlich habe keine Erfahrung mit diesen Dingen gemacht. Aber Captagon war in den 70er Jahren Kabinen-Thema. Das wurde aber hauptsächlich von Spielern genommen, die nicht so gut waren oder mal die Nacht vor einem Spiel durchgemacht hatten´, sagte der Trainer des Regionalligisten Eintracht Braunschweig dem sid. Möhlmann spielte von 1974 bis 1978 bei Münster in der zweiten Liga, ehe er zu Werder Bremen in die Bundesliga wechselte. Captagon-Doping sei später jedoch weder in seiner Zeit bei Werder (1978 bis 1987) noch beim Hamburger SV (1987 bis 1989) ein Thema gewesen: `Das war vorher.´

Benno Möhlmann (Foto: firo).

Neururer relativierte am Freitag seine Doping-Vorwürfe, sprach den Bundesligisten Schalke 04 frei, belastete dafür aber Rot-Weiß Essen und Alemannia Aachen. In seiner Zeit beim damaligen Zweitligisten Schalke (1989/90) habe er keine Einnahme unerlaubter Mittel beobachtet. `Da war die Sache längst vorbei´, sagte der 52-Jährige dem sid. Seine Aussage, bis zu 50 Prozent der Spieler hätten das Aufputschmittel Captagon genommen, habe sich auf die Jahre 1986 bis 1988 in Essen und Aachen bezogen.

`Ich weiß definitiv, dass es damals genommen wurde. Es war gang und gäbe. Das weiß jeder, der nicht die Augen zu hatte. Viele wussten auch, wer was genommen hat´, sagte Neururer, der in Essen von Juli 1986 bis September 1987 Co-Trainer von Horst Hrubesch war, dessen Chefposten er von September bis November 1987 übernahm. Von Januar 1988 bis April 1989 war er in Aachen Chefcoach.

Peter Neururer (Foto: firo).

Neururer bezieht sich damit auf die Zeit vor den ersten Dopingkontrollen im deutschen Fußball 1988. Captagon stand zwar seit den 70er Jahren auf der Dopingliste des damaligen Deutschen Sportbundes (DSB), die Einnahme war daher auch für Fußballer verboten, es gab aber keine Tests. Namen will Neururer nicht nennen: `Das war vor 20 Jahren, das ist längst verjährt. Die Spieler, die es genommen haben, werden sich schon selber melden, wenn sie genug Mut haben.´ Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) hatte Neururer gebeten, Namen und Fakten zu nennen. Auch RWE-Vorstandsmitglied Nico Schäfer forderte den Fußballlehrer auf, konkreter zu werden:

`Solange nicht Ross und Reiter genannt werden, besteht aus Vereinssicht kein Handlungsbedarf. Keine der handelnden Personen von damals ist noch im Verein tätig.´ Hrubesch wollte Neururers Aussagen nicht bestätigen. `Ich habe selber nie etwas beobachtet, ausschließen kann man aber nichts´, sagte der Europameister von 1980 dem sid: `So etwas macht keinen Sinn.´ Auch Jürgen Röber, damals RWE-Kapitän, will selbst kein Doping beobachtet haben: `Ich habe gehört, dass der ein oder andere Spieler mal eine Captagon eingenommen haben soll. Aber das bezog sich nicht auf Vereine, in denen ich tätig war, und in Bezug auf Essen kann ich das auch ausschließen. Da war absolut null, das hätte ich mitbekommen.´

Jürgen Röber (Foto: firo).

Auch der ehemalige Aachener Günter Delzepich bestritt, dass es bei der Alemannia flächendeckendes Doping gegeben habe: `Das war damals nie ein Thema bei uns. Wenn, dann hätte es schon wer heimlich machen müssen, und das hätte sich auch keiner erlauben können.´ Der frühere DFB-Chefmediziner Professor Wilfried Kindermann forderte indes Konsequenzen gegen Neururer und sieht Probleme für dessen Zukunft als Trainer. `Wenn er mitbekommen hat, dass Spieler Captagon nahmen, hat er sich schuldig gemacht. Er hätte dies melden müssen. Und es ist ein Hammer, wenn er sagt, Ende der 80er Jahre hätten 50 Prozent der Spieler dieses Mittel genommen. Das wird er nicht beweisen können´, sagte der langjährige Chefarzt der deutschen Olympiamannschaft dem sid.

Der Chef des Instituts für Sport- und Präventivmedizin an der Universität des Saarlandes hatte als Nachfolger von Heinz Liesen nach dem deutschen WM-Sieg 1990 die Betreuung des DFB-Teams übernommen. `Zu meiner Zeit wurde ich nie von Spielern nach Dopingmitteln gefragt, und ich hatte nie das Gefühl, dass da was an mir vorbeiläuft´, sagte der frühere Europameister mit der deutschen 4x400-m-Staffel.

Rudi Bommer (Foto: firo).

Zu diesem Thema kann auch Rudi Bommer, Trainer des MSV, etwas sagen. Er absolvierte in seiner Karriere 417 Bundesliga-Spiele von 1976 bis 1997. Also auch in der Zeit, die zum angegebenen Neururer-Zeitfenster (86/87) passt. "Ich habe 1984 die Europameisterschaft in Frankreich gespielt, kann mit ruhigem Gewissen sagen: Da hat niemand etwas eingeworfen. Ich glaube, dass ein Großteil der Bundesliga-Profis nichts genommen hat. Bei manchen hat man allerdings gesehen, dass sie einen eigenartigen Blick hatten." Bommer gibt zu bedenken: "Toni Schumacher hat es in seinem Buch Anpfiff ja nicht umsonst geschrieben." Der Torhüter wurde daraufhin aus dem National-Kader gestrichen.

Der 49-Jährige hat Ansätze, die durchaus einleuchten: "Ich kann für mich selbst sagen, dass ich nie etwas genommen habe. Wir haben mit Bayer Uerdingen das legendäre Spiel gegen Dresden nach Zwei-Tore-Rückstand noch 7:3 gewonnen. Ohne unerlaubte Mittel."

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