Kommentar

Schalker Schleuderstuhl

25 Trainer in den letzten 25 Jahren, im Schnitt einer pro Jahr. Wenn „Jahrhunderttrainer“ Huub Stevens nicht sechseinhalb Jahre durchgehalten und so den Schnitt versaut hätte, wäre die Bilanz noch verheerender. Bei keinem anderen Verein – außer dem HSV – hat ein Fußballlehrer eine kürzere Halbwertszeit als auf Schalke.

Angesichts der vielen gefährlichen Sägen, die Jens Keller seit seinem ersten Arbeitstag an seinem Stuhl spürte, ist es fast ein Wunder, dass er nicht viel früher aus dem Schalker Schleudersessel geflogen ist. Ruhe in diesem Verein ist in etwa so wahrscheinlich wie die nächste Meisterschaft oder ein amüsantes Leben auf dem Mars. Ja, auch wir leben gut davon, dass Schalke verlässlich Schlagzeilen produziert und sind sicher nicht fies davor, auch mal den einen oder anderen Hype mit zu befeuern.

Immer wieder steht sich Schalke selbst im Weg

Insgesamt aber ist es auf Dauer schwer erträglich, wie dieser große Klub sich immer wieder selbst im Weg steht und mühsam etwas aufbauen muss, was vorher schon so halbwegs gerade gestanden hat. Ob der neue Trainer Roberto Di Matteo die Mannschaft jetzt aus der Krise führen kann, ist aus meiner Sicht wünschenswert, aber alles andere als selbstverständlich. Beinahe hätte ich geschrieben, zurück zum Erfolg führen kann, aber das ist unnötig, denn erstens ist Schalke kein Champions-League-Teilnehmer per Fußball-Gesetz und zweitens ist sein Vorgänger Jens Keller sicher nicht an fehlendem Erfolg gescheitert.

Was Manager Horst Heldt zur Begründung des Trainerwechsels vorträgt, nämlich dass es in den letzten zwei Jahren ein ständiges Auf und Ab gegeben habe und der Verein bei Keller nicht mehr das Gefühl hatte, dass der die ersehnte Stabilität bringen könne, greift zu kurz. Denn hier sind wir ja wieder beim Schalker Dauerchaos, schließlich war der Zustand vor der von unwürdigen Umständen begleiteten Ära Kellers gezeichnet von: fehlender Konstanz.

Ob Malochertyp Stevens, Fußball-Professor Rangnick oder Diktator Magath: Schalke hat schon so viele grundverschiedene Trainertypen verschlissen, dass es schon längst nicht mehr darum geht, wer überhaupt zu Schalke passt. Es reicht, wenn der Mann an der Seitenlinie eine gewisse Reputation hat, für einen bestimmten Zeitraum sportlichen Erfolg einfährt, ganz gut mit den Fans kann und zugleich von den Medien nicht als Volltrottel behandelt wird.

Okay, das ist schon ziemlich viel. Di Matteo bringt einige Eigenschaften mit, die ihm einen klaren Vorsprung gegenüber dem aus der Jugend beförderten Keller verschaffen. Hält er das, was sich der Verein mit seiner Verpflichtung verspricht, bis zu seinem Vertragsende, wären das fast drei Jahre. Für einen Trainer auf Schalke ist das eine halbe Ewigkeit.