Wattenscheid 09

Kaplan "soll und will Führungsspieler sein"

73 Kilometer beträgt die Fahrtstrecke zwischen der Lohrheide und seiner Kölner Wohnung, wo er mit seiner Frau lebt. „Das geht ganz gut, nach Uerdingen war es eine ähnliche Entfernung“, erklärt der ehemalige KFC-Kicker. Der Weg aus Istanbul, wo der 24-Jährige zuletzt beim Süper-Lig-Klub Besiktas unter Vertrag stand, war freilich etwas weiter und der Schritt zu einem Regionalligist ein großer und für die meisten Beobachter natürlich auch ein Schritt zurück.

"Ich soll und will ein Führungsspieler sein"

Kaplan sieht das aber nicht unbedingt so. „Wichtig ist erstmal, dass ich richtig fit werde und viel spiele“, gibt er zu Protokoll. Denn dass er einer jener Akteure ist, die in der neuformierten Wattenscheider Mannschaft vorweggehen sollen, ist ihm durchaus bewusst. „Ich soll und will ein Führungsspieler sein“, erklärt der Türke.

Bei seiner Vita, in der unter anderem 13 U21-Länderspiele stehen, haben vor allem die Fans gewisse Erwartungen. „Ein bisschen Druck habe ich schon“, weiß Kaplan. Schließlich will er ja auch persönlich sportlich vorankommen. Ist Wattenscheid also nur eine Durchgangsstation, ein Sprungbrett zurück in den deutschen Profifußball? „Naja, Wattenscheid 09 will ja auch hoch“, wiegelt der Mittelfeldmann ab, „vielleicht steigen wir ja auf. Im Fußball kann man nie wissen.“

Solche Hoffnungen mag der ein oder andere zwar belächeln. Aber Kaplan ist einer, der um forsche Worte nicht verlegen ist. Bester Beweis ist die kurze Frage nach dem Auftaktprogramm. „Da sind zehn Punkte drin“, sprudelt es aus dem Fußballer heraus, als der RevierSport-Redakteur ihn auf die ersten vier Saisonspiele ansprach – und eigentlich nur wissen wollte, ob er den Start mit Aachen, der VfL-Reserve, Oberhausen und Kray nicht auch ziemlich attraktiv finden würde. „Auf jeden Fall sehr interessant“, sagt Kaplan also – und hat auch schon einen Plan: „Das Derby gegen Bochum am zweiten Spieltag ist natürlich überragend. Wenn wir das gewinnen, dann haben wir auch die Fans hinter uns.“

Mit einem „Dreier“ gegen den ungeliebten Nachbarn wären wohl auch viele Zweifler überzeugt. Denn so ganz ohne Vorbehalte begegnet der Anhang dem Geschehen bei der SGW ja noch längst nicht. Die Frage nach den Finanzen drängt sich zum Beispiel auch auf. Wie kann ein Verein mit einem Etat von angeblich nur 150.000 Euro einen Kaplan finanzieren? „Ach, da gibt es immer Möglichkeiten. Sei es über den Präsidenten oder einen Sponsor“, sagt der ehemalige Fürther ausweichend.

„Wir sollten Respekt haben, aber keine Angst“

Außerdem sei sein Engagement so wie das aller anderen ja sehr erfolgsorientiert angelegt. Nicht dass der Klub bei den auszuschüttenden Punkteprämien am Ende (mal wieder) ein Liquiditätsproblem bekommt...

Kaplan hat jedenfalls nicht vor, Zähler liegen zu lassen, nur um die Vereinskasse zu schonen. „Es gibt keine Übermannschaft in der Regionalliga. Wir sollten Respekt haben, aber keine Angst. Wenn alles zusammenpasst, dann können wir gegen jeden Gegner gewinnen“, ist sich der langjährige Leverkusener sicher.

Die Atmosphäre innerhalb des Teams scheint tatsächlich nicht verkehrt zu sein. „Ich kann nur sagen, dass mir die Arbeit unter dem Trainer (Christoph Klöpper, Anm. d. Red.) richtig großen Spaß macht. Und die Jungs haben mich auch super aufgenommen. Stefan Grummel kannte ich schon aus Leverkusen, Güngör Kaya aus Uerdingen. Vielen anderen bin ich in der Vergangenheit anderswo schon über den Weg gelaufen.“

Und dass die 09er (noch) keinen besonders breiten Kader beisammen haben, sei in der Kennenlern-Phase eher ein Vor- als ein Nachteil. „Ich hoffe, dass wir keine Verletzten haben und eine gute Vorbereitung absolvieren.“ Dann nervt auch die Fahrerei gleich noch weniger.