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Fair Play? Gerne, wenn es uns gut passt

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Kommentar: Die scheinheilige Fair-Play-Debatte
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"Fair Play ist mir ab sofort scheißegal", tobte Nürnbergs Raphael Schäfer am Samstag. Dabei ist es das im Fußball eigentlich schon längst - ein Kommentar.

Dem ehemaligen Bundeskanzler Konrad Adenauer wird der Ausspruch zugeschrieben, Franz Beckenbauer lebt ihn seit Jahrzehnten tagtäglich vor und die Nachahmer in der gesamten Gesellschaft sind unzählig: Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern?

Nur mit dieser Grundeinstellung - oder einer veritablen Gedächtnislücke - ist es zu erklären, dass sich am Wochenende auch Armin Veh in die Reihe derer stellte, die dem FC Bayern wegen der heftigen Rotation von Trainer Pep Guardiola kritisierten. "Für die Liga ist das nicht okay", befand der Trainer von Eintracht Frankfurt, der nicht direkt von Wettbewerbsverzerrung sprach, das Verhalten aber zumindest unfair anderen Mannschaften gegenüber fand, die zu einem früheren Zeitpunkt gegen die Bayern spielen mussten.

Ein Urteil, das man sicherlich teilen kann, überhaupt keine Frage. Doch das soll an dieser Stelle gar nicht verhandelt werden. Es geht vielmehr um eine scheinheilige Debatte über Fair Play, die häufig von Personen geführt wird, die vor allem dann an den ehrenwerten Gedanken appellieren, wenn er ihnen zum Vorteil gereicht.

Veh und Schäfer mit Erinnerungslücken

Dass nämlich ausgerechnet Veh Vorwürfe in Richtung München äußerte, darf getrost als Überraschung bezeichnet werden. Schließlich war er es doch, der Anfang des Jahres selbst zentrale Stützen seiner Mannschaft im Spiel gegen den Rekordmeister geschont hatte, weil er die folgenden Partien gegen direkte Konkurrenten im Abstiegskampf wichtiger fand.

Ein anderes Beispiel für einen Moralapostel, dessen Heiligenschein nicht immer leuchtet, war am Samstag Nürnbergs Torhüter Raphael Schäfer. Der zeterte nach dem umstrittenen Strafstoß, den Schiedsrichter Tobias Stieler nach einem Zweikampf zwischen Mike Frantz und Max Kruse für die Gäste aus Mönchengladbach gepfiffen hatte, vor jedem Mikrofon. Es sei eines deutschen Nationalspielers nicht würdig, in einer solchen Szene zu fallen, (ver-)urteilte Schäfer, der Kruse im Kabinengang sogar verbal anging. Ein Jahr zuvor, als Mike Frantz im Spiel gegen die Gladbacher eine noch wesentlich plumpere Schwalbe hingelegt hatte, fand Schäfer derartiges Verhalten allerdings noch tendenziell clever.

Der Fall Hunt verdeutlicht das Problem

Fair Play, da sind sich alle einig, sollte selbstverständlich sein, doch die Realität ist - bis auf wenige Ausnahmen - eine andere: Wenn es um Titel und Abstiege, um Millionen und Verlustängste geht, werden die moralischen Verpflichtungen etwas lockerer gesehen - und das ist wahrscheinlich sogar menschlich.

Dass Aaron Hunt tagelang dafür gefeiert wird, wenn er nach einer Schwalbe zum Schiedsrichter geht und dessen Elfmeterpfiff korrigiert, ist einerseits eine schöne Geschichte, zeigt andererseits aber auch, wie es um die Fairness im Profifußball bestellt ist. Wäre dieses Verhalten nämlich wie geplant die Regel, käme niemand auf die Idee, den Bremer für eine Auszeichnung vorzuschlagen. Mal ganz davon abgesehen, dass sich Fair Play in der 75. Minute bei einer 2:0-Führung wesentlich leichter zeigt als etwa bei einem 0:0 in der 88. Minute.

Es steht außer Frage, dass es sehr oft sehr fair in den Stadien zugeht. Aber am liebsten immer dann, wenn es einem gerade gut passt.

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