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Erst retten, dann reden
Goosens Appell an die VfL-Fans

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Erst retten, dann reden: Goosens Appell an die VfL-Fans
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Frank Goosen hätte sich seine Aufgabe als stellvertretender Aufsichtsratschef des VfL Bochum leichter vorgestellt. Der Kabarettist hat einen Wunsch.

Vor dem wichtigen Heimspiel gegen Erzgebirge Aue appellierte er an die Fans, ins Stadion zu kommen. Geredet werden soll nach Saisonende.

Frank Goosen hat immer viel um die Ohren. Nach neun Tagen Spanien-Urlaub, die er zum Lesen und damit zur Vorbereitung seiner Veranstaltung im Bochumer Schauspielhaus genutzt hat, ist der stellvertretende Aufsichtsratschef des VfL wieder in Bochum und macht sich Gedanken um die Zukunft seines Vereins. In den vergangenen Jahren, als er noch nicht bei seinem Klub verantwortlich war, schrieb der Kabarettist offene Briefe an die Anhänger des VfL. Nun sprach er vor dem wichtigen Spiel gegen Erzgebirge Aue (Freitag, 18 Uhr, live in unserem Ticker) mit WAZ.de über Ängste, Lösungen und Versprechen.

Gefunden auf …

Herr Goosen, sind Sie ein ängstlicher Mensch? Nein.

Haben Sie Angst vor dem Spiel am Freitag? Ich bleibe immer positiv, so lange bis mir das Gegenteil bewiesen worden ist. Und es wird nicht bewiesen. Es wird nicht eintreten. Deshalb habe ich keine Angst. Immer wenn ich mit Angst etwas angegangen bin, klappte es nicht. Das passiert mir in meinem Alter nicht mehr.

Grenzenloser Optimismus wurde beim VfL aber mehr als einmal bitter bestraft.

Dieses Schicksal teile ich aber mit 80 oder 90 Prozent aller Fußball-Fans. Wenn man nicht gerade Fan des FC Bayern München ist, kommen für jeden Fan auch mal schlechte Zeiten und Zeiten, in denen man enttäuscht wird. Das ist kein Alleinstellungsmerkmal des VfL Bochum. Es gibt ganz andere Fans, die noch mehr durchmachen müssen. Da kann man mal die Fans von Hessen Kassel oder Darmstadt 98 fragen. Es gehört zum Fan-Dasein dazu, enttäuscht zu werden. Wenn immer nur die Glückserwartungen erfüllt würden, müsste man nicht mehr ins Stadion gehen.

Können Sie die Fans verstehen, die Angst haben? Ich kann jeden verstehen, der sich Sorgen macht. Es mag sich anhören wie eine Binsenweisheit oder wie Gelaber – aber es ist so: Wir kommen da nur gemeinsam raus. Wenn du dir Sorgen um den Verein machst, dann komm‘ ins Stadion und brüll‘ die Mannschaft zum Sieg. Das schließt aber mit ein, dass man sich nachher hinsetzen sollte, um darüber zu diskutieren, was alles schief gelaufen ist. Jeder hat das Recht, sauer zu sein und seinen Unmut zu äußern. Keiner bestreitet, dass einiges falsch gelaufen ist – das kann man ganz leicht an der Tabelle ablesen. Aber in der jetzigen Situation ist es nicht zielführend, auf den Fehlern rumzureiten. Das sollte man machen, wenn die Saison vorbei ist.

Glauben Sie, dass die allermeisten Fans den Verein am Freitag gegen Aue unterstützen? In der vergangenen Saison vor dem Heimspiel gegen Duisburg hatten wir eine ähnliche Situation. Da wurde vorher in Fankreisen lange diskutiert, ob man die ersten 15 Minuten der Partie boykottieren, nicht zum Spiel kommt oder nicht unterstützen soll. Letztlich wurde ein offener Brief an die Mannschaft geschrieben, im Stadion angefeuert und zusammen haben wir den MSV mit 2:1 geschlagen. Das war auch ein Sieg der Kurve und aller Fans im Stadion. Wir kommen jetzt nur zusammen dadurch und nach dem Klassenerhalt werden wir offen darüber diskutieren, was besser werden muss.

Sie haben in den vergangenen Jahren regelmäßig in unregelmäßigen Abständen „offene Briefe“ bei uns veröffentlicht. Im ersten Brief schrieben Sie: „Der Verein macht keinen Spaß mehr.“ Wie viel Spaß macht er aktuell?

Ich würde lügen, wenn ich sagen würde: Im Moment macht es Spaß. Aber wer nur zum Spaß zum Fußball geht, der ist da sowieso falsch – bei jedem Verein. Dieser Satz entstand kurz nach dem Hannover-Spiel und dem Abstieg in die Zweite Liga. Aber um wieder in eine Phrase abzurutschen: Es ist und bleibt eine emotionale Erfahrung. Man sucht es sich ja nicht aus und kann sich „ent-fanen“. Weder als Anhänger, noch als Aufsichtsrat. Du kannst dich von einer Frau oder einem Mann trennen, aber nicht von einem Verein. Der VfL durchlebt gerade die richtig schlechten Zeiten, von denen die Rede ist, wenn man vor dem Altar steht.

Fehlen dem VfL „emotionale Identifikationsfiguren“? Wenn es auf dem Platz nicht läuft, nützt auch keine Identifikationsfigur. Ich weiß, dass die Fans danach lechzen. Auch von mir wird da einiges erwartet. Ich befinde mich in dem Widerspruch zwischen dieser Erwartung und der „Fraktionsdisziplin“ als Aufsichtsrat.

Wie gehen Sie damit um? Wer mich rund um das Stadion, rund um die Spiele offen anspricht, bekommt immer eine offene Antwort. So offen, wie irgend möglich. Ich verrate keine Interna, aber ziehe mich auch nicht hinter eine Verschwiegenheitsklausel zurück. Ich will natürlich auch etwas zurückgeben und nehme mir die Zeit für die Fans. Aber dann bleibt es in einem kleinen Kreis. Vertrauliche Gespräche sind möglich. Insgesamt habe ich aber daran zu knacken, weil der Widerspruch schwer aufzulösen ist.

Kommen wir noch mal auf die Identifikationsfiguren: Können Sie verstehen, dass noch immer viele VfL-Fans nach Peter Neururer schreien?

Ich verstehe die Sehnsucht nach dem Gefühl von damals. Die habe ich auch. Ich glaube aber nicht, dass dieses Gefühl mit den Rezepten der Vergangenheit zurückgeholt werden kann.

Wäre es denn ein Ansatz, ehemalige Spieler wie van Duijnhoven oder beispielsweise Sören Colding zurückzuholen?

Ich möchte jetzt ungern über konkrete Namen sprechen. Wir haben ja einige ehemalige Spieler bei uns im Verein eingebunden. Wichtig ist doch auf’m Platz und da müssen wir wieder besser werden. Dann wachsen auch wieder die Identifikationsfiguren aus dem aktuellen Kader nach.

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