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Interview Monika Staab
"Eine große Barriere ist die Religion"

Frauen: Staab trainiert das Nationalteam Katars
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Monika Staab gilt als Pionierin des Frauenfußballs. Mit elf Jahren musste sie mangels Alternativen von Mädchenmannschaften im Frauenteam der SG Rosenhöhe Offenbach mitspielen.

Das hört sich nach keinem einfachen Job an, den Sie da machen. Können Sie denn nicht zwischen Eltern und Kindern vermitteln? Das ist sehr schwer. Zum einen sprechen viele hier kein Englisch. Zum anderen lassen die Eltern den Kontakt nur ganz selten zu und es ist sehr schwer an sie heranzukommen. Der Vater einer der besten Spielerinnen – er ist sogar Sportkommentator - erlaubt nicht, dass seine Tochter in der Nationalmannschaft spielt. Die Liga ist in Ordnung, da dürfen Männer nicht zuschauen, aber die Nationalmannschaft ist tabu. Ich hoffe, dass ich ihn mal irgendwann sprechen kann um ihm zu sagen, wie schade es ist, dass er seiner Tochter, die so viel Spaß hat am Fußball, nicht die Möglichkeit gibt, das Bestmögliche aus ihrem Talent zu machen.   Dann haben Sie also als Nationaltrainerin nicht immer die besten Spielerinnen zur Verfügung? Ganz genau, und das ist sehr schade, weil man ja weiß, man könnte besser sein. Es gibt eine andere Spielerin, der erlauben die Eltern zwar, dass sie mit der Nationalmannschaft in Katar spielen kann, aber nicht reisen darf. Jetzt gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder ich nehme die Eltern mit oder sie kann nicht spielen. Das ist dann traurig, aber so wird es leider sein. Das muss man bis zu einem gewissen Punkt akzeptieren. Wenn ich das nicht tue, dann kann ich den Job hier auch nicht in der Form ausüben.

Auch den Mädchen in Kirigstan hat Monika Staab schon das Fußballspielen gezeigt. 2010 war sie in Zentralasien.

  Wie sehen Sie ihre Aufgaben als Nationaltrainerin in Katar aus? Die sind ja nicht allein auf das sportliche beschränkt, oder? Hier in der Region zu arbeiten, und damit meine ich nicht allein Katar, sondern auch Syrien, Palästina, oder Jordanien, ist für mich auch eine Botschaft, den Frauen mehr Selbstwertgefühl zu vermitteln. Ich möchte ihnen den Halt und die Kraft geben, sich in der Männerdomäne, die wir letztendlich in Deutschland auch hatten, durchzusetzen. Mit Fußball kann man da einen ersten Baustein legen, indem ich ihnen zeige, dass sie nach Rückschlägen weiter machen und nicht aufgeben. Und irgendwann wird sich dieses Selbstbewusstsein dann hoffentlich auch auf die Gesellschaft und die Politik übertragen.   Was für ein Verhältnis haben Sie zu den Mädchen und Frauen, die Sie trainieren? Es dauert eine Weile, bis man das Vertrauen gewinnt. Hier in den arabischen Ländern wird dem Westen nicht vertraut, warum auch immer, aber das interessiert mich auch nicht. Bisher habe ich es bei meiner Arbeit als Fußball-Entwicklungshelferin immer so erlebt, dass ich an die Mädels recht gut rankomme, indem ich versuche, ihnen das Gefühl zu vermitteln, dass im Training die Welt in Ordnung ist, dass sie sich wohlfühlen sollen, sich austoben können. Von mir kriegen die Mädchen sehr viel Lob, was sie von zu Hause nicht kennen. Da herrscht eine unglaublich strenge Erziehung. Wenn sie dann verstanden haben, dann kann ich sie unglaublich begeistern, in meinen Bann ziehen und sie respektieren mich.  

2008 zog es Monika Staab nach Indonesien, wo sie in Jakarta ein Fußballcamp leitete.

2015 wird bei der WM auf 24 Teams aufgestockt. Sind Sie mit Ihrer Mannschaft dabei? Diese Frage kommt häufig und ich muss dann immer schmunzeln. Wenn es überhaupt ein realistisches Ziel gibt, dann ist das in zehn Jahren eine gute U17 aufzubauen und vielleicht in Katar mal die U17-WM durchzuführen. Ich versuche hier gerade überhaupt erst einmal Mädchenfußball zu etablieren. Bisher spielen alle zusammen, egal wie alt. Je früher wir auch die Mädchen zum Fußball spielen kriegen, umso einfacher wird es vielleicht auch werden, die Vorurteile abzubauen und die Eltern davon zu überzeugen, dass ihr Kind den Sport ausüben darf.   Was steht in Ihrem ersten Jahr als Nationaltrainerin an? Eine ganze Menge. Ich möchte zum Beispiel eine U14-Liga etablieren. Dann wollen wir einen internationalen Cup organisieren, wobei wir sehen müssen, ob das klappt. Ab Mitte Mai kann man hier nicht mehr draußen spielen. Dann ist es 40, 50, 55 Grad und viel zu heiß für körperliche Anstrengung. Im Juni, Juli, August spielt hier kein Mensch Fußball, da bleiben nicht mehr so viele Monate. Sicher werden wir auch Trainingscamps machen und hoffentlich auch das ein oder andere Länderspiel außerhalb Katars. Die westarabischen Meisterschaften stehen an, auf die wir uns vorbereiten wollen. Dafür planen wir eine Reise auf die Malediven. Die sind mein Favorit als Testspielgegner, denn die sind nicht ganz so stark und lassen einen auch mal gewinnen. Und im August wollen wir ein Trainingslager machen, wahrscheinlich in Deutschland. Das wäre natürlich ein absolutes Highlight.   Was wünschen Sie sich für Ihre Arbeit? Ich wünsche mir, dass die Frauen, die Fußball spielen wollen, auch die Möglichkeit bekommen, ganz frei zu sagen: „Wir spielen.“ Dass in der Gesellschaft die Vorurteile abgebaut werden, so wie es uns in Deutschland vor vielen Jahren gelungen ist. Wenn ich da einen kleinen Prozentsatz mehr erreichen kann, dann ist das für mich ein Riesenerfolg. Wir haben noch ein ganz schönes Stück Arbeit, nicht nur in Katar zu bewältigen, sondern weltweit und da müssen wir gemeinsam noch ganz viel anpacken, um dann für die Frauen das zu erreichen, was sie erreichen möchten.

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