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RWE: Michael Welling
"Wir spielen nicht wilde Sau"

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RWE: Michael Welling im Interview
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Nach dem sportlichen Jahresabschluss zogen wir mit Rot-Weiss Essen 1. Vorsitzenden Dr. Michael Welling Jahresbililanz und wagten einen Ausblick auf 2013.

Was hat Sie positiv und negativ überrascht?

Wir haben über Gebühr positiv überrascht. Davon bin ich überzeugt und wir freuen uns über den Saisonverlauf. Wenn man sich auch die Punkte anschaut, die wir abgegeben haben, dann war das immer sehr knapp. Es gab kein Spiel, wo wir wirklich einen auf die Fresse gekriegt haben. Das war letztes Jahr noch anders. Die Mannschaft hat sich weiterentwickelt, ist in der Breite einfach klar besser geworden. Wenn wir in Velbert schauen, wie wir gestartet sind: Ich glaube, alle Jungs, die dort auf der Bank waren, hätten im letzten Jahr tatsächlich noch in der Startelf gestanden. Das freut mich und von daher sind wir eine positive Überraschung. Die Krayer haben extrem gut angefangen, haben aber leider hinten raus ihrer Anfangseuphorie Tribut zollen müssen. Siegen ist sicherlich eine positive Überraschung. Dass Lotte, Viktoria Köln und Fortuna vorne dabei sind, war zu erwarten. Viktoria hätte ich deutlicher erwartet. Wenn ich mir das heute anschaue, würde ich sagen: Lotte oder Fortuna werden Erster. Bei Viktoria müssen wir erst noch abwarten, wie viel Geld die wieder in die Hand nehmen.

Stichwort Geld: Viele Fans träumen bei dieser Ausgangsposition von der 3. Liga. Wovon träumen Sie?

Meine Frau sagt, dass ich mir keine Träume merke. Ich wache morgens auf und weiß, dass ich geträumt habe, aber ich kann es dann nie sagen, wovon ich geträumt habe. Wir träumen eigentlich gar nicht. Wir arbeiten weiterhin hart, hört sich vielleicht langweilig an, ist doof, immer wieder die gleiche Leier zu erzählen. Wir wollen jedes Spiel gewinnen und wenn uns das gelingt, dann steigen wir auch auf. Dass das nicht realistisch ist, ist eine andere Sache. Lotte, Viktoria und Fortuna sollen da oben mal machen, die U23 aus der verbotenen Stadt pikst da noch ein bisschen mit und wir werden einfach so lange da oben dabei sein, wie es geht und wenn dann irgendjemand nicht will mit dem Aufstieg - wir würden uns sicher nicht wehren.

Notfalls auch mit einem neuen Spieler?

Was heißt notfalls? Wir haben keine Notsituation. Wir schauen uns immer um, wir halten die Augen auf, wir gucken, was passiert, es gibt da immer Möglichkeiten, was zu machen, wir haben grundlegend finanziell die Möglichkeit, was zu machen, aber nur weil wir Geld haben, werden wir das nicht rauswerfen, sondern wir werden einfach schauen: was bewegt sich da, wie bewegt sich das Ganze und wenn da jemand ist, von dem wir überzeugt sind über die Saison hinaus, dann machen wir‘s. Aber da jetzt wilde Sau zu spielen, um irgendwie zu sagen: möglicherweise schaffen wir dann den Aufstieg, das ist doch dummes Zeug. Das verspricht oder garantiert ihnen ja auch keiner. Selbst wenn Sascha Mölders sagt, er will wieder bei Rot-Weiss Essen spielen, heißt das nicht gleichzeitig, dass wir dann sofort den Aufstieg schaffen würden. Also machen wir es wie immer: Wir schauen uns um und wenn wir etwas tun, dann weil wir von dem Spieler komplett überzeugt sind, dann wird er uns weiterbringen und zwar nicht nur kurzfristig, sondern mittel- und langfristig.

Aber Sascha Mölders war kein Wink mit dem Zaunpfahl, oder?

Nein. Wenn er keine Lust mehr hat, in Augsburg zu spielen, können wir uns immer unterhalten. Das Gleiche würde ich auch bei Mesut Özil sagen, also der kommt ja auch aus Essen. Das einzige, was ich sagen würde, dass wir nicht schaffen, ist Messi. Der kommt mit der Körperlichkeit bei uns glaube ich nicht klar, wir hätten ein bisschen Kapazitätsprobleme, also das macht keinen Sinn. Özil und Mölders würden wir beide nehmen. Dagegen würden wir uns nicht wehren. Aber auch für die gilt, was der Trainer sagt: die müssen sich im Training erstmal über Leistung anbieten.

In Velbert haben die Ultras aus Protest gegen das DFL-Sicherheitskonzept geschwiegen. Wie kam das bei Ihnen an?

Natürlich bekommt man das mit. Dafür gehen wir ins Stadion: Singen, Tanzen, Schreien und die Mannschaft anfeuern, das macht natürlich Spaß. Es war aber so zu erwarten. Jetzt kann man natürlich sehr intensiv über das Sicherheitskonzept diskutieren, das uns erstmal nicht betrifft. Aber es ist naiv zu glauben, dass es uns nicht betrifft, denn auch in der dritten und vierten Liga wird das in irgendeiner Form Konsequenzen haben. Jetzt ist es sicherlich so, dass in dem, was verabschiedet wurde, nicht so viel dabei ist, wo man sagt: hilfe, hilfe, das ist aber jetzt richtig schlimm. Es sind zwei Punkte, die man sehr kritisch sehen und sehr kritisch diskutieren kann, aber sie haben das trotzdem durchgewunken. Der Protest - und das kann ich mehr als verstehen - richtet sich meines Erachtens primär gegen den Prozess des Ganzen, gegen die Nichtinvolvierung der Fans, die in den letzen Wochen und Monaten gezeigt haben, dass sie durchaus mit einer Stimme sprechen und dass sie sich organisieren können. Von daher halte ich das von den Entscheidern der DFL, des DFB, die sich auf Druck der Innenminister, also vorwiegend der Politik, für diese Sache ausgesprochen haben, für nicht gut. Ich glaube, das Ganze kann man besser lösen, indem man einen Dialog führt, indem man alle Beteiligten, alle, die das betrifft, an einen Tisch bekommt und dann offen miteinander umgeht. Dann wird man immer noch bestimmte Dinge entscheiden müssen, die nicht allen gefallen. Das ist dann die Natur eines Kompromisses, aber man muss erstmal miteinander reden. So wie wir das hier in Essen auf jeden Fall tun, wie das in den letzten Monaten, den letzten Jahren immer passiert ist. Das wäre sicherlich auch ein Modell für Erst- und Zweitligisten. Deswegen kann ich verstehen, dass die Fans jetzt sagen: Ihr entscheidet da etwas, aber nehmt nicht diejenigen mit, die eigentlich den Fußball ausmachen: Die Fans, denn ohne Fans gibt es keinen Fußball. Gleichwohl muss man auch sagen, das ist auch bei der ganzen Diskussion meines Erachtens immer zu kurz gekommen: Es steht doch außer Frage, dass Gewalt scheiße ist, dass Diskriminierung scheiße ist und dass Rassismus scheiße ist. Also da gibt es meines Erachtens keine zwei Meinungen, das wird dann aber immer als Front aufgemalt und das ist dummes Zeug. Wir haben uns in unserer Satzung gegen Gewalt und Diskriminierung ausgesprochen. Dagegen werden wir auch immer sehr rigoros vorgehen. Aber wir werden alles, was das Thema Fans betrifft, gemeinsam mit unseren Anhängern diskutieren.

Haben Sie also die Hoffnung, dass bis zur Rückrunde wieder Gespräche geführt werden oder befürchten Sie möglicherweise sogar einen dauerhaften stillen Protest der Fans?

Ich weiß nicht, ob man da von befürchten reden kann. Es ist schade. Als Fußballfan, der ich ja bin, sage ich: es macht keine Spaß, wenn da weniger Stimmung ist. Für uns, für unsere junge Truppe ist so ein Stimmungsboykott deutlich schwerwiegender, als für Mannschaften, die vor 200 Leuten spielen. Daher trifft es uns härter. Gleichwohl muss man auch da wiederum sagen: Wenn ich für etwas eintrete, muss ich überlegen: welche Formen des Protests habe ich. Das ist natürlich eine durchaus legitime Form des Protests und das ist sicher die richtigere Form des Protests, als wenn man da anfängt, mit irgendwelchen Pyros durch die Gegend zu hantieren und zu sagen: jetzt könnt ihr mich alle mal. Ich hoffe dennoch, dass wir den Dialog weiterführen und andere Wege finden, dass die Fans vielleicht auch noch kreativere Wege finden, um den entsprechenden Stellen zu zeigen: Mit uns muss man, soll man reden, denn Fußball ist immer noch wichtig und das ist das einzige, was zählt.

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