Vogts: "Schottland muss Zukunft erobern"

Im Interview mit dem Sport-Informations-Dienst (sid) räumt Schottlands Nationaltrainer Berti Vogts seiner Mannschaft für das bevorstehenden EM-Qualifikationsspiel am Samstag gegen Deutschland zwar nur Außenseiterchancen ein, aber "wir müssen versuchen zu gewinnen", so Vogts.

Sport-Informations-Dienst (sid): "Berti Vogts, Schottland gegen Deutschland am kommenden Samstag. Welche Bedeutung hat das Spiel für Sie?"

Berti Vogts: "Ich kann nicht sagen, dass es keine besondere Bedeutung hätte. Wir müssen versuchen zu gewinnen, auch wenn Deutschland eindeutiger Favorit ist. Unser Ziel bleibt es, den zweiten Platz, also die Play-offs zu erreichen."

sid: "Welches Gefühl ist es für Sie, auf ihren Nach-Nachfolger zu treffen?"

Vogts: "Um es ein für allemal klipp und klar zu formulieren: Dieses Spiel ist kein Duell Vogts gegen Völler. Es ist ein EM-Qualifikationsspiel der Schotten gegen den Vize-Weltmeister Deutschland - nicht mehr, aber auch nicht weniger."

sid: "Sie haben seit ihrem Amtsantritt vor 15 Monaten rund drei Dutzend Spieler eingesetzt. Fehlt die Kontinuität?"

Vogts: "Deutschland testet auch laufend neue Spieler - und die sind Vize-Weltmeister, wir aber im Umbruch und Aufbau. Da halte ich es für normal, sehen zu wollen, wer wie mit dem Druck eines Länderspiels umgeht und fertig wird."

"Auch die Schotten können Fortschritte machen"

sid: "Celtic Glasgow stand im Endspiel des UEFA-Pokals, die schottische Mannschaft hat unter Ihnen nur drei Siege in 14 Spielen erreicht. Spricht das nicht gegen den Nationaltrainer?"

Vogts: "Wer sich wirklich für den internationalen Fußball interessiert, sollte wissen, dass Celtic und die Rangers oft nur einen oder zwei Spieler einsetzen, die für die schottische Nationalmannschaft spielberechtigt sind. Er sollte auch wissen, dass die Rangers und Celtic je 34 Punkte Vorsprung auf den Dritten hatten. Wer weiter Äpfel mit Birnen vergleichen will, dem kann ich auch nicht helfen. Man stelle sich den Aufschrei vor, wenn bei Meister Bayern München nur Ballack für die Nationalmannschaft spielberechtigt wäre!"

sid: "Wo liegen die Probleme des schottischen Fußballs?"

Vogts: "Er hat zu sehr in der Vergangenheit gelebt und muss sich jetzt die Zukunft erobern. Wenn junge Spieler nur einmal täglich trainieren, ist das zu wenig. Wenn Österreich den Schotten in punkto Schnelligkeit und Kampfkraft überlegen ist, ist das bedenklich. Vor 30 Jahren hätten die Schotten Japan noch fünf Tore vorgeben können und gewonnen. Heute ist das nicht mehr möglich. Die Welt des Fußballs hat sich geändert. Aber ich bin überzeugt, dass auch die Schotten solche Fortschritte machen können wie Südkorea und Japan es bei der WM vorgemacht haben. Die Talente sind da."

sid: "Was muss sich ändern?"

Vogts: "Die Verzahnung zwischen Schule, Universität und Verein muss enger werden. Jugendspieler müssen mehr Fußball spielen. Da hat Rainer Bonhof eine große Aufgabe. Als ich kam, gab es keine U 21, keine Trainertagungen. Alles das wird aufgebaut. Schade, dass Schottland und Irland die EM 2008 nicht erhalten haben. Das hätte dem Fußball einen großen Schub gebracht.."